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Der erste europäische Film wird über NFTs finanziert

Teresa Vena
01. August 2023

Filmstill aus «Calladita» von Miguel Faus © Miguel Faus

Miguel Faus ist ein spanischer Regisseur, der in London lebt und arbeitet. Sein Spielfilmdebüt «Calladita», der sich gerade in der Postproduktion befindet, ist das erste Filmprojekt, das in Europa vollständig über NFT-Technologie finanziert wurde. Er sprach mit uns über die Hintergründe und Herausforderungen.          

Warum haben Sie sich überhaupt für diese Finanzierungsstrategie entschieden?

Ich habe versucht, den Film auf herkömmliche Weise zu finanzieren (öffentliche Mittel, öffentliche Fernsehsender,... ), aber das hat nicht funktioniert. Ich fand das Verfahren sehr undurchsichtig und entmutigend. Durch Zufall erfuhr ich von NFTs und begann zu sammeln und Kontakte zu anderen Sammlern zu knüpfen. Irgendwann wurde mir klar, dass ich den Film vielleicht mit NFTs finanzieren könnte.


Vor dem Spielfilm «Calladita» haben Sie einen Kurzfilm mit demselben Titel gedreht. Wie haben Sie ihn finanziert? Worin bestand der Unterschied zur NFT-Finanzierung?


Der Film wurde über ein traditionelles Crowdfunding finanziert, bei dem wir etwa 20'000 Euro einnahmen. Der Hauptunterschied besteht darin, dass in diesem Fall vor allem die so genannten «3 Fs» (Freunde, Familie und Narren) beteiligt waren, während bei unserer NFT-Finanzierung, bei der wir fast 800'000 Euro einnahmen, 99 Prozent von Personen kamen, die ich noch nie getroffen hatte. Es waren nämlich NFT-Sammler, die das Projekt auf Twitter entdeckt hatten, denen der Kurzfilm gefiel und die helfen wollten, den Spielfilm zu finanzieren, vor allem wegen des innovativen und historischen Aspekts, dass es sich um einen der ersten Filme handeln würde, die auf diese Weise finanziert wurden. Insgesamt waren es etwa 550 NFT-Sammler.


Möchten Sie mit dieser Praxis fortfahren? 

Ja


Was sind die Vor- oder auch Nachteile dabei? 


Im Vergleich zum traditionellen Crowdfunding bestehen meiner Meinung nach nur Vorteile: Die oben erwähnte Tatsache, dass die Mäzene nicht hauptsächlich aus Freunden und Familie bestehen, sondern ganz im Gegenteil ist wesentlich. Das bedeutet, dass die Finanzierung zugänglicher und demokratischer ist und weniger von der Herkunft des Filmemachers abhängt. Auch für die Mäzene selbst ist es vorteilhafter, da sie statt eines blossen Dankes oder eines T-Shirts ein NFT erhalten, das ein Vermögenswert ist, der sofort gehandelt werden kann und dessen Wert in Zukunft steigen könnte.

Die
traditionellen Finanzierungsmethoden für Filme dieser Art, wie sie in Spanien zur Verfügung stehen (vor allem öffentliche Mittel und öffentliches Fernsehen), halte ich zwar für wichtig, aber das Verfahren zur Auswahl der Filme ist sehr ineffizient und undurchsichtig. Der Hauptvorteil unserer Methode ist die Dezentralisierung der Entscheidungsgewalt darüber, welche Filme gemacht werden und welche nicht: Die meisten Filme wie «Calladita» existieren, weil 10-20 Personen in ein paar Auswahlgremien darüber entschieden haben, und dieselben 10-20 Personen haben entschieden, dass «Calladita» es nicht verdient hat, zu existieren. Die Realität sieht jedoch nun so aus, dass der Film jetzt nicht mehr auf der Grundlage der Zustimmung von 10-20 Personen existiert, sondern auf der Grundlage der Zustimmung (und finanziellen Unterstützung) von über 550 Personen, und diese Dezentralisierung bedeutet, dass es ein besserer Indikator dafür ist, wie viele Personen an das Projekt glauben, den Film sehen wollen usw...

 

Lesen Sie weiter zum Thema unseren Artikel über das alternative Filmstudio «electric.film» des Schweizer Regisseurs Simon Jaquemet.


Was für Leute sind die Investoren/Unterstützer des Films? 


95 Prozent von ihnen waren bereits vorher NFT-Sammler. Einige von ihnen waren Filmemacher oder Filmliebhaber, die an die Kraft der Dezentralisierung des Kinos über Web3 glauben, was wir «Film3» nennen. Viele von ihnen sind anonym, wie es in der Blockchain-Technologie üblich ist, aber ich habe mit vielen von ihnen über Twitter gesprochen. Es ist eine sehr vielfältige Gemeinschaft aus der ganzen Welt.


Wie wichtig war die technische Seite des Prozesses? Was waren die Herausforderungen?


Es war eine ziemliche Herausforderung, da es im Moment keine Internetseite wie NFT-Kickstarter gibt, auf der man alles, was wir für «Calladita» gemacht haben, ohne Programmierkenntnisse machen kann. Aber zum Glück habe ich ein großartiges Team von Entwicklern gefunden und wir haben es geschafft.

 

 

 

 

 

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