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Artikel

Kino und Lobbying

Pascaline Sordet
31. März 2017

Zum vierten Mal organisiert Visions du Réel ein Treffen zwischen Filmschaffenden und Westschweizer Politikerinnen und Politikern.

Ein einziger Abend, um zu überzeugen? Nicht ganz. Die Soirée de l’audiovisuel indépendant romand – so der offizielle Name des politischen Diners in Nyon – ist der sichtbarste Anlass einer Lobbyarbeit, die das ganze Jahr über dauert. «Es geht nicht nur um diesen einen Abend, der grösste Teil der Arbeit findet im Hintergrund statt. Doch dieses jährliche Treffen erlaubt uns, in Kontakt zu bleiben und nicht überrumpelt zu sein, wenn wir vor politischen Fragen stehen», erklärt Yasmine Abdel Aziz, Koordinatorin der Abendveranstaltung und Vorstandsmitglied von AROPA. Die fünf Buchstaben stehen für die Westschweizer Vereinigung für die audiovisuelle Produktion, wie das Forum Romand neu heisst.

«Als altgediente Lobbying-Spezialistin freut es mich, dass der Anlass jedes Jahr wieder ein Erfolg ist. Dieses Jahr meldeten sich schon mehrere Interessierte, bevor die Einladungen überhaupt verschickt wurden», berichtet die frühere Lobbyistin bei UNAIDS, die später zur Produktion wechselte und Nouvelle Tribu gründete. Das Ziel ist, möglichst viele Vertreter aller politischen Richtungen zusammenzubringen. 1000 Einladungskarten wurden verschickt, rund dreissig Politiker haben ihre Teilnahme bereits bestätigt. Um die hundert Personen werden beim gemeinsamen Abendessen dabeisein, die Kosten betragen etwa 20'000 Franken und werden grösstenteils von AROPA, Cinéforom, Visions du Réel, SSA, Suissimage, Swissperform und Cinésuisse übernommen.
 

Langjährige Überzeugungsarbeit

Als Cinéforom 2011 gegründet wurde, gab es eine breite Mobilisierung, um die Westschweizer Kantone zu überzeugen, ihre Fördergelder zusammenzulegen. Im Kontext der gespannten Wirtschaftslage und eines gefährdeten Service public ist es wichtig, das Projekt weiterzuführen und es langfristig zu verankern. Dies hat sich AROPA zur Aufgabe gemacht.

Die jüngste Charme-Offensive in Zusammenarbeit mit Cinéforom betraf die Erneuerung der Vereinbarungen zwischen dem Kanton Genf und der Stiftung. Eine Delegation von Produzenten und Filmemacherinnen traf sich mit allen politischen Gruppen des Grossen Rates: «Die Politikerinnen und Politiker sind äusserst empfänglich, doch sie befassen sich mit sehr technischen Dossiers und können nicht alle Besonderheiten unseres Berufs kennen. Deshalb empfangen sie uns in der Regel sehr herzlich und sind froh, mehr über die Hintergründe einer bevorstehenden Abstimmung zu erfahren», sagt Romed Wyder, der scheidende Präsident von AROPA. Im Unterschied zu anderen, eher links orientierten Kulturbereichen hat der Film eine verbindende Seite, was den Politikern jeglicher Couleur gefällt. Doch wenn eine Parteiagenda die Kürzung der Kultursubventionen vorsieht, bleibt auch der Film nicht davon verschont.
 

Strukturierende Wirkung

Das frühere Forum Romand befindet sich in einem grundlegenden Veränderungsprozess. Es vertritt die Produzenten, und zwar jene aus der Westschweiz, wie der Name deutlich macht: «Wir Produzentinnen und Produzenten meinen, dass die Politiker am ehesten uns wahrnehmen, doch ohne den Rest der Branche würden wir nicht existieren», sagt Yasmine Abdel Aziz.

Der neu gewählte Vorstand wird in den kommenden Wochen eine Präsidentin oder einen Präsidenten bestimmen, bevor er sich dann an die nächsten grossen Baustellen wagt, die die gesamte Branche betreffen: ein Gedankenaustausch darüber, wie man Internetanbieter wie Swisscom und Salt am besten in die Filmfinanzierung einbeziehen könnte, Fragen wie die Möglichkeit von Steuergutschriften, von Mikrozahlungen oder die Besteuerung von Werbung.

Ungeachtet aller Streitfragen zwischen den verschiedenen Audio­visionsbereichen wirkt die jährliche Abendveranstaltung in Nyon strukturierend auf die Branche: «Obwohl die Produzenten die Initiative ergreifen, so möchten die Politiker dennoch vor allem Filmschaffende und Schauspieler treffen», sagt die Organisatorin. Claude Barras wird zweifellos sehr gefragt sein.

 

▶  Originaltext: Französisch

   

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