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Jordanien baut seine Filmproduktion aus

Teresa Vena
24. Mai 2024

Filmstill aus «The Alleys» von Bassel Ghandour © The Imaginarium

In den letzten zwanzig Jahren hat sich das arabische Land als Drehort für grosse ausländische Produktionen etabliert und entwickelt immer mehr eigene Projekte, die wachsende Reichweite erlangen.

In Cannes organisierte das Arab Cinema Center (ACC), das sich um die Promotion von Filmen aus der arabischen Region kümmert (eine Parallelorganisation zu Swiss Films also), eine Reihe von Gesprächen. Darunter fiel auch ein Treffen, das über die Entwicklungen in Jordanien informierte. Zu den letzten grossen Hollywood-Produktionen, die im Land gedreht wurden, zählen «Star Wars» sowie die beiden «Dune»-Teile. In diesen Filmen ist vor allem die Landschaft Jordaniens zur Geltung gekommen. «Wir haben für unsere Grösse vielseitige Schauplätze zu bieten», sagte Mohannad Al Bakry, Vermarktungsdirektor bei der Royal Film Commission Jordan, «im Norden grenzen wir an Syrien, im Süden an Saudi-Arabien. Innerhalb von fünf Stunden hat man das Land durchquert».

Aussenschauplätze sind aber nicht das einzige, was Jordanien zu bieten hat. Es verfügt auch über ein grosses Studio, die Olivewood Film Studios, das im September 2023 in der Nähe von Amman eröffnet wurde und zwei Drehbühnen und eine Gesamtfläche von 1'500 Quadratmetern verfügt. Der Komplex beinhaltet auch Werkstätte sowie ein freies Aussengelände mit einer Fläche von 68'000 Quadratmetern. In den letzten zehn Jahren habe die Unterstützung des Staates für die Filmwirtschaft massiv zugenommen, erklärt Al Bakry weiter, und so gäbe es eine Reihe von Förderinitiativen, wozu auch ein grosszügiges finanzielles Anreizmodell und die Förderung von Weiterbildungsprogrammen lokaler Fachleute gehöre.

«Das Ziel ist es, heimische Talente in die internationalen Produktionen zu integrieren», sagte die Produzentin Rula Nasser, «auf diese Weise erweitern sie ihre Fähigkeiten». Noch fehle es vor Ort an offiziellen Ausbildungsstätten, weshalb die praktische Arbeit an den Projekten entscheidend sei. Der Aufbau einer Filmschule sei allerdings in Planung. Zahlenmässig sei die Produktion von ausländischen Projekten bisher noch weit überwiegend. «Jordanische Filme entstehen aber auch immer mehr und sie erreichen, zum Beispiel über Festivals, ein wachsendes internationales Publikum», ergänzte Nasser, «Jordanien alleine kann aber keine eigene Filmindustrie aufrechterhalten». Dafür gebe es zu wenig Fernsehsender oder Kinos.

«Es geht darum, das Publikum in der Region zu erweitern», sagte die ägyptische Produzentin Shahinaz El Akhad. Sie koproduziert regelmässig mit Jordanien. Zuletzt arbeitete sich am Thriller «The Alleys» von Bassel Ghandour, der auf Netflix zu sehen ist und berechtigte Aufmerksamkeit erzielte. «Die Region hat viele Gemeinsamkeiten. Unsere Geschichten verbinden Tradition mit Moderne», meinte El Akhad. Wie Nasser findet auch sie, dass die Länder der Region zusammenspannen müssen, und dies von der Ausbildung, Herstellung bis zum Vertrieb. Das Potenzial sei riesig. «Es gibt immer neue Kinosäle, die eröffnet werden», ergänzt Nasser, «das Bedürfnis nach Filmen, die auch die eigenen Realitäten widerspiegeln und darüber hinaus unterhalten, ist gross».

«The Alleys» genauso wie die Serie «AlRawabi School for Girls», die seit 2021 ebenfalls über Neflix verfügbar ist, zeigten welche Art von Inhalte man besonders unterstützen wolle. Einer Art von Film, die oft in Koproduktion mit dem Westen entsteht, sich oft gut auf Festivals macht und meist einer bestimmten ästhetischen Form sowie einen bestimmten gesellschaftspolitischen Diskurs bedient, möchte man kommerziellere Werke entgegensetzen. «Wir haben die Chance, mit eigenen Filmen neue Perspektiven auf die Region aufzuzeigen. Wir können dazu beitragen, dass die Darstellung ihrer Bewohner auch abseits eines Diskurses von Gewalt und Elend stattfindet», meinte Bassel Ghandour.

 

 

Aktuelle Filme, die in Jordanien gedreht wurden/werden

Neben den beiden «Dune»-Teilen kamen auch europäische Produktionen nach Jordanien. Darunter der dänische Spielfilm von Mareike Engelhardt «Way Home», in dem Nikolaj Lie Kaas mitspielt, «Mond» von der österreich-irakischen Regisseurin Kurdwin Ayub und die Tragikomödie «Les Barbares» der Französin Julie Delpy. 

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