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Endlich Geld von den VoD-Plattformen

Willi Egloff, Rechtsanwalt
02. April 2020

©freestocks / unsplash

Seit 1. April gilt das neue Urheberrechtsgesetz. Es bringt Neuerungen auch im Bereich der Audiovision. Praktische Auswirkungen im Rechtsalltag wird aber vor allem der neue Fotoschutz haben.

Zum Schluss verlief die lange Zeit umstrittene Revision des URG doch noch ganz harmonisch: Der Nationalrat schloss sich auf der ganzen Linie den Positionen des Ständerates an und das von der Piraten­partei lauthals angekündigte Referendum blieb schon in den Start­blöcken stecken. Nun ist das Gesetz auf den 1. April 2020 in Kraft ge­treten.

 

Beteiligungsansprüche bei Video-on-demand

Juristisches Neuland betritt das revidierte Gesetz mit der Einführung von Beteiligungsansprüchen für Autorinnen und Autoren, deren audiovisuelle Werke auf einer Plattform zugänglich gemacht werden, und für Schauspielerinnen und Schauspieler, die in diesen Werken mitwirken. Sie alle sollen an den Erträgen beteiligt werden, die aus solchen Video-on-Demand-Nutzungen resultieren.

Bezahlen muss diese Vergütung, wer eine entsprechende Plattform betreibt. Dabei sind sämtliche in der Schweiz abrufbaren Filmplattformen vergütungspflichtig, also zum Beispiel auch Netflix, Apple-TV und viele andere mehr. Die Vergütung ist nicht eine Gegenleistung für die Einräumung eines Rechts, sondern von den jeweiligen Rechten am Werk unabhängig. Der Anspruch ist unabtretbar und unverzichtbar und kann nur über die Verwertungsgesellschaften der Audiovision (SSA, Suissimage und Swissperform) geltend gemacht werden.

Die Vergütungspflicht besteht nur hinsichtlich der Filme, an welchen die Plattform das Verbreitungsrecht nach Inkrafttreten der neuen Bestimmung erworben hat (Art. 81 Abs. 3 URG). Ausserdem setzt die Geltendmachung der Vergütung voraus, dass die Eidg. Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten vorgängig einen Tarif genehmigt, der zwischen den Verwertungsgesellschaften und den Nutzerorganisationen erst noch auszuhandeln ist. Die neuen Vergütungsregelungen werden daher erst nach einer Übergangzeit wirksam werden können.

Hinzu kommt, dass für die Berechnung der Vergütungshöhe nur Filme berücksichtigt werden können, welche in der Schweiz produziert wurden oder in einem andern Land, welches für das Zugänglichmachen audiovisueller Werke einen solchen kollektiv wahrzunehmenden Vergütungsanspruch kennt (Art. 13a Abs. 4 und Art. 35a ­Abs. 4 URG). Das trifft vor allem auf französischsprachige Länder sowie auf Italien und Spanien zu. Vergütungen erhalten also nur Personen, die an Filmen aus diesen Ländern mitgewirkt haben.

 

Der neue Fotoschutz

Für die Audiovision ebenfalls relevant ist eine andere Neuerung: Neu wird der Urheberrechtsschutz auf sämtliche Fotografien ausgedehnt, also auch auf solche, welche keinen individuellen Charakter haben (Art. 2 Abs. 3bis URG). Damit wird eines der zentralen Abgrenzungskriterien für den Urheberrechtsschutz, der individuelle Charakter einer geistigen Schöpfung, für den Bereich der Fotografie für irrelevant erklärt. Ähnliches sah das Gesetz schon bisher auch für die Werkgattung der Computerprogramme vor.

Ohne Zweifel wird mit dieser Neuerung der Urheberrechtsschutz massiv ausgeweitet. Ob sich diese Ausweitung auch auf die urheberrechtliche Praxis auswirkt, bleibt allerdings abzuwarten. Angesichts der Selbstverständlichkeit, mit welcher auf sozialen Medien Fotografien ins Netz gestellt und geteilt werden, liegt es keineswegs auf der Hand, dass in Zukunft alle diese privaten Fotografen und Fotografinnen Rechte an ihren Werken geltend machen werden.

Gemäss Art. 80 Abs. 1 URG gilt die neue Bestimmung auch für Fotos, die vor ihrem Inkrafttreten erstellt wurden. Damit werden nachträglich alle existierenden Fotos, die nicht älter als 50 Jahre sind, dem Urheberrechtsschutz unter­stellt. Ihre Verwendung ist also nur noch im Rahmen des URG gestattet. Eine kleine Einschränkung enthält Art. 80 Abs. 2 URG, welcher erlaubt, eine vor dem 1. April 2020 begonnene Werkverwendung noch zu vollenden, wenn diese vorher zulässig war.

Von Bedeutung wird dies vor allem für die Verwendung von Fotos auf Webseiten sein. Wer dort fremde Fotos ohne Erlaubnis aufgeschaltet hat, tut gut daran, diese spätestens beim nächsten gestalterischen Update zu entfernen. Es besteht sonst die durchaus realistische Gefahr, dass ein Abmahnschreiben einer deutschen – und in Zukunft vielleicht auch einer schweizerischen – Anwaltskanzlei eintrifft.

 

Überschaubare Auswirkungen

Insgesamt ist die Revision des URG für die Audiovision erfreulich ausgefallen. Zwar wird auch jetzt keine Manna vom Himmel fliessen, aber der neue Beteiligungsanspruch wird zumindest einen Ersatz für die Vermietentschädigungen bieten, die als Folge des Verschwindens von Videotheken weggefallen sind. Hauptsache aber ist, dass alle Angriffe auf bestehende Vergütungsregelungen wie zum Beispiel die Leerträgerver­gütung abgewehrt werden konnten.

▶  Originaltext: Deutsch

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