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Zürich stärkt die Autoren und den Nachwuchs


13. November 2017

Die Zürcher Filmstiftung bekommt Anfang 2018 ein neues Förderreglement. Die wichtigsten Änderungen im Überblick.

Von Kathrin Halter


Es ist die erste Totalrevision seit der Gründung der Filmstiftung vor dreizehn Jahren. Das neue Förderreglement, gültig ab Januar 2018, wurde lange erwartet. Beschlossen wurde es Ende September, vorausgegangen ist ein so genanntes Konsultationsverfahren zum ersten Entwurf, an dem viele Verbände teilgenommen haben und das im Sommer ausgewertet wurde.

Die wichtigsten Neuerungen betreffen die Stoffentwicklung, die deutlich gestärkt wird; die Erhöhung der Maximalbeiträge in der Herstellungsförderung; das Marketing, das zu einem neuen Förderbereich aufgewertet wird sowie Succès Zürich, wo umgebaut wurde. Und natürlich «Fast Track», das neue, unkomplizierte Förderinstrument zur Nachwuchsförderung und für technisch innovative oder künstlerisch ambitionierte Low-Budget-Produktionen.Voraussetzung dafür ist die Filmkredit­erhöhung, die der Filmstiftung seit 2017 ein neues Förderbudget ermöglicht (siehe Kasten Seite 11). Das Förderreglement ist seit kurzem auf der Website der Filmstiftung aufgeschaltet und wird am 15. November an einer Brancheninformation vorgestellt. Hier die wichtigsten Änderungen:

Drehbuch- und Projektentwicklung:

Das Problem ist bekannt: In der Schweiz werden, auch im Vergleich zur Herstellung, viel zu wenig Treatments und Drehbücher gefördert; Micha Lewinsky zum Beispiel kritisierte das im Februar 2017 in einem vielbeachteten Gastkommentar in CB. Die Filmstiftung gibt nun Gegensteuer. Mit der Förderung von Exposés, Treatments, Drehbüchern bis hin zu Storyboards soll die gesamte Stoffentwicklung gestärkt werden. Während bei der Filmstiftung bisher nur ein Antrag möglich war für die gesamte Projektentwicklung, sind also neu Eingaben für drei verschiedene Entwicklungsstufen möglich.Man kann im Spielfilm zum Beispiel zuerst ein Exposé, später ein Treatment oder Projektkonzept und schliesslich noch eine Drehbuchfassung eingeben. Beschrieben sind diese Stufen in einer Tabelle, die zugleich verschiedene Ziele auflistet, die in einer Eingabe berücksichtigt und formuliert werden sollen.

Gleichzeitig erhöhen sich die Beiträge. So gibt es für Ideen- und Konzeptentwicklung (Stufe 1) einen Maximalbeitrag von 10ʼ000 Franken, für Recherche, Treatment- und Drehbuchentwicklung (Stufe 2) max. 70’000 und für Drehbuch- und Herstellungsentwicklung (Stufe 3) maximal 90ʼ000 Franken; die Anträge können kombiniert werden, der Höchstbeitrag über die gesamte Entwicklung liegt bei 100ʼ000 Franken. Das entspricht etwa einer Verdoppelung der bisherigen Entwicklungsbeiträge.

Format-Offenheit:

Bisher gab es Beiträge für die Projektentwicklung von Spiel- und Animationsfilm, von Dokumentarfilmen sowie in einem Pilot für transmediale Projekte. Neu gibt es fast keine Beschränkung mehr bezüglich der Formate; man spricht von «Formatoffenheit». Neben Transmedia (bisher) gibt es neu auch Beiträge für 360 Grad, Virtual Reality, Neue Medien sowie für Serien – sogenannt «andere Formate» mit einer Gesamterzähldauer von mindestens 60 Minuten. Ausgeschlossen, auch in der Herstellungsförderung, bleiben Games.

Filme und Serien fürs Fernsehen:

Von der Förderung ausgeschlossen sind Auftrags- und Werbeproduktionen jeglicher Art, so heisst es in den Grundsätzen des neuen Reglements. Das gilt sowohl für die Stoffentwicklung wie für die Herstellung. Bisher war im Bereich der Fernsehproduktionen bei der Filmstiftung nur eine sehr beschränkte Förderung möglich. Hier gibt es im Rahmen des «Pacte de l’audiovisuel» eine Öffnung. In-House-Produktionen und Auftragsproduktionen wie «Tatort» werden weiterhin nicht gefördert; hingegen ist neu eine Unterstützung bei Entwicklung und Herstellung von Serien möglich – sowohl im fiktionalen als auch im dokumentarischen Bereich. Dazu heisst es: «Beteiligt sich am Projekt ein Medienunternehmen mit einem Finanzierungsanteil von mind. 20 Prozent, so kann nur für Vorhaben mit einer Gesamterzähldauer von mind. 60 Minuten oder für einen Animations­film ein Antrag gestellt werden.»

Herstellungsförderung:

Der neue Höchstbeitrag an ein Projekt liegt neu bei 1 Million Franken (inklusive Entwicklungsbeiträge), bisher waren es 750ʼ000 Franken. Der Betrag kann in Ausnahmefällen noch um max. 20 Prozent überschritten werden. Aber auch mittlere Projekte sollen besser unterstützt werden, bei bisher durchschnittlich 350ʼ000 neu mit 400ʼ000 bis 410ʼ000 Franken. Bisher konnte man etwa 15 bis 16 Prozent eines Herstellungsbudgets über Zürich finanzieren, nun sollten es etwa 20 Prozent sein.

Marketing und Promotion:

Neu sind auch die Beiträge für Marketing und Promotion bis max. 80ʼ000 Franken pro Antrag. Beim BAK gibt es diese übrigens nicht. Dafür wurde die automatische Auswertungsförderung abgeschafft. Erforderlich dazu ist ein Marketingkonzept, das die Produktions- und eine Auswertungsfirma (Verleih, Vertrieb, World Sales) frühzeitig und gemeinsam vorlegen. Eine Marketingplanung ist bereits in der ­dritten Stufe Projektentwicklung erwünscht. Generell sollen Produzenten in ihren Anträgen zu Entwicklungsbeiträgen Ziele formulieren; dazu zählt auch die Benennung eines Zielpublikums, ob das nun ein hochspezialisiertes Arthauskino, Familienkomödien oder Dokumentarfilme bevorzugt. Bei der Nominierung zu einem internationalen Filmpreis erhält das Projekt automatisch (und ergänzend zur Unterstützung von Swiss Films) einen weiteren Beitrag.

«Fast Track»:

Bekanntlich hat das Swiss Fiction Movement jahrelang für eine unbürokratisch schnelle Förderung für Nachwuchs- und Low-Budget-Filme gekämpft. «Fast Track» ist die Antwort der Filmstiftung darauf. Kritisiert von SFM wurden insbesondere bürokratische Hürden bei Projekteingaben von Low-Budget-Filmen, für die bereits ein detailliertes Budget und ein Finanzierungsplan vorgelegt werden muss. «Fast Track» funktioniert da vergleichsweise schnell und unkompliziert.

Juriert wird der Wettbewerb von einer kleinen Jury (siehe das Interview Seite 10). Diese kann pro Call maximal drei Projekte empfehlen. Nach einer Empfehlung dieser Jury hat das Kreativteam neun Monate Zeit, die Finanzierung der ersten 20 Prozent des Budgets (von maximal 400ʼ000 Franken) zu sichern. Den Rest, also 80 Prozent der Finanzierung, übernimmt danach die Filmstiftung und man kann loslegen. «Fast Track» richtet sich nicht ausschliesslich an Produzenten, sondern auch an Kreativteams.

Succès Zürich:

Wichtig ist hier vor allem eine Änderung: Succès-Mittel, auch erfolgsabhängige Referenzmittel genannt, gehen nur noch an Produktionsfirmen, nicht mehr an Autoren und Regisseure. Diese erhalten stattdessen neu einen Kontinuitätsbonus in Form einer Gutschrift. Das bedeutet für Autorinnen und Autoren eine Verbesserung: Für sie hängt eine Erfolgshonorierung nicht mehr wie bisher von der Anzahl Kinoeintritte ab, sondern davon, ob ein Projekt, zu dem sie oder er die Drehvorlage verfasst hat, eine Herstellungsförderung erhält. Für die Regie gibt es ebenfalls einen Kontinuitätsbonus, allerdings erst ab einer bestimmten Anzahl Kinoeintritte. Der Bonus beträgt pro Projekt 15ʼ000 (Fiktion) respektive 8ʼ000 Franken (Non-Fiktion).

Die Gender-Frage:

Der Begriff taucht im Reglement nirgends auf, man formuliert allgemeiner. Und zwar in einer Absichtserklärung, der «Präambel» des allgemeinen Teils. Mit den Förderangeboten und dem Beurteilungsverfahren wird ein «offener Zugang zu allen Fördermöglichkeiten» angestrebt, «um in den geförderten Projekten ein Abbild der gesellschaftlichen Diversität (Geschlechterzugehörigkeit, Bevölkerungsgruppen, Vielfalt der Themen etc.) zu erreichen». Von einer Frauenquote, wie teils gefordert oder befürchtet, kann bei der Filmstiftung also keine Rede sein.

▶ Originaltext: Deutsch

Bild: «Blue My Mind» von Lisa Brühlmann

Filmkrediterhöhung bei der Zürcher Filmstiftung

Seit 2017 erhält die Zürcher Filmstiftung mehr Mittel, 3 Millionen Franken sind es vom Kanton Zürich sowie 1,5 Millionen von der Stadt. So konnte das Förderbudget 2017 von bisher 10 Millionen auf 12,4 Mio erhöht werden; mit 2,1 Mio wird ein weiterer Abbau des Stiftungskapitals vermieden respektive die Finanzierungsstruktur der Stiftung saniert. Das kantonale Geld stammt neu - und vorerst bis 2021 - aus dem Lotteriefonds. Was danach geschieht, ist politisch offen.

Die kantonale Volksinitiative für ein «Film- und Medienförderungsgesetz», die im März 2016 mit knapp 9’000 Unterschriften eingereicht wurde, fordert die gesetzliche Verankerung der Förderung von Film-, Game- und interaktiver Medienkunst im Kanton Zürich. Damit soll auch eine Förderung von Games und «neuer Kunstformate des Digitalen Zeitalters» möglich werden. Der Gesetzesentwurf wird zur Zeit in der Kommission für Bildung und Kultur beraten. Wann das Geschäft in den Kantonsrat kommt, ist noch offen. Auch ein Termin für die Volksabstimmung steht noch nicht fest.

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