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Comedien.ch in neuem Gewand

Pascaline Sordet
10. Februar 2017

Die Casting-Plattform der Westschweiz hat die Website erneuert, ihr Netzwerk erweitert und ein neues Arbeitsinstrument für Filmschaffende lanciert.

Von Pascaline Sordet

«Sehen Sie die neue Version der Website? Sie wird zur Zeit gerade aufgeschaltet, doch es kann bis zu 24 Stunden dauern, bis alles online ist.» François Roch, Leiter und Gründer der Plattform comedien.ch, klingt am Telefon zugleich müde und erregt. Nach einem Jahr harter Arbeit ist die neue Version der Website mit dem einzigen Online-Verzeichnis von Westschweizer Schauspielern endlich fertig.

Die vor 17 Jahren ins Leben gerufene Plattform war technisch nicht mehr auf dem neusten Stand, und ihr Design mutete etwas altmodisch an. Die neue, weisse Version bietet präzisere und ausführlichere Informationen über die Schauspieler, eine vereinfachte Navigation sowie eine bessere Vernetzung der Partner, insbesondere der Theater – notwendige Verbesserungen an einem Instrument, dessen Bedeutung man zuweilen vergisst, da es so selbstverständlich erscheint. Dabei mussten zuvor, also vor dem digitalen Zeitalter, «die Filmschaffenden zum Genfer Fernsehen gehen, um unsere Ordner einzusehen. Sie kamen aus dem Wallis, aus dem Jura, von überall her», sagt François Roch. «Das war sehr unpraktisch. Als das Internet kam, arbeitete ich bei RTS im Bereich Spielfilm und schlug vor, eine Casting-Website zu entwickeln.» Seit 2007 ist comedien.ch ein vom Schweizer Fernsehen unabhängiger Verein.
 

Ein neues Tool

Gleichzeitig mit den Verbesserungen für die Schauspieler wurde auch das «künstlerische Netzwerk», bestehend aus Theatern, Festivals, Schulen und anderen Partnern, weiterentwickelt. Ein Beispiel: «Neu haben wir auch Fotografen in unsere Datenbank aufgenommen, in der Hoffnung, dass die Schauspieler ihre Dienste in Anspruch nehmen und in der Folge bessere Fotos verwenden.» Mit diesem Facelifting wollen François Roch und sein Team aus comedien.ch ein richtig professionelles Casting-Tool machen.

Den grössten Fortschritt für professionelle Nutzer dürfte jedoch ein neues Tool namens «Cast-In» darstellen (zum Zeitpunkt der CB-Drucklegung noch offline), das Produzenten, Filmemacher und Theaterregisseure bei der effizienten Durchführung eines Castings unterstützt. Das Tool ermöglicht die Kategorisierung der Schauspieler nach Rollen sowie das Einrichten einer privaten Datenbank mit Casting-Videos der Schauspieler. Zudem bietet sich hier allen Teammitgliedern die Möglichkeit, sich über das Casting auszutauschen, ohne die Website zu verlassen. Auch ausländische oder nicht auf comedien.ch erfasste Schauspieler können in ein Casting einbezogen werden, ohne in der öffentlichen Datenbank erscheinen zu müssen.
 

Ungesicherte Finanzierung

Die Beiträge der Schauspieler wurden geringfügig erhöht, um die Neugestaltung der Website zu finanzieren, und auch die SSA leistete einen grossen Beitrag; die Nutzer der Website hingegen bezahlen weder Beiträge noch Abonnementsgebühren. Der Zugriff auf alle Westschweizer Schauspieler in wenigen Klicks und anhand diverser Suchkriterien ist finanziell gesehen also noch ungesichert. «Wir können von den Arbeitgebern keine Gebühren verlangen, denn für sie ist die Website Teil der normalen Werbeaktivitäten der Schauspieler», räumt der Leiter ein. Zudem ist er der Ansicht, dass gerade bei Regisseuren, die nicht regelmässig drehen, der administrative Aufwand grösser wäre als der damit erzielte Gewinn. Nur die grössten Produktionsfirmen und die Theater bezahlen Beiträge. Das finanzielle Gleichgewicht ist dementsprechend instabil: «Paradoxerweise kämpfen wir jedes Jahr aufs Neue ums Überleben, obwohl unsere Website unentbehrlich und in der Westschweiz absolut einmalig ist.»

Zum Ungleichgewicht zwischen Theater und Film bemerkt François Roch: «Wir würden uns sehr freuen, wenn die Filmbranche sich ebenso stark einbringen würde wie die Theater». Nicht unbedingt durchs Bekanntmachen von Castings, sondern vielmehr mit der Ankündigung von Vorpremieren, Beteiligungen an Festivals und anderen Veranstaltungen, wo Schauspieler und Filmschaffende sich begegnen und über die gemeinsame Arbeit austauschen können.

 

Barbara Tobola, Schauspielerin:

«Ich habe mich gleich nach Abschluss meines Studiums im Jahr 2002 bei comedien.ch angemeldet. Für mich war das selbst­verständlich, denn es ist das einzige Verzeichnis mit Westschweizer Schauspielern. Sollte es eines Tages nicht mehr existieren, würden wir alle zu Einzelkämpfern, es gäbe keine gemeinsame Ausgangslage mehr. Das wäre schade, denn die Website erhöht nicht nur unsere Sichtbarkeit, sondern präsentiert auch eine Fülle von Talenten. Sie zeigt die ganze Vielfalt unserer Branche auf».

Muriel Imbach, Casting Director:

«Ich benutzte ab und zu die Suchkriterien. Einmal führte ich ein Casting für einen Film in slawischer Sprache durch, auch kenne ich die Kompetenzen der Schauspieler nicht immer. Manchmal klicke ich mich auch einfach durch die Website, um neue, mir unbekannte Gesichter zu entdecken. Heutzutage gibt es viel mehr Nachwuchsschauspieler, insbesondere Absolventen von Schulen wie la Manufacture, les Teintureries oder Serge Martin».

▶  Originaltext: Französisch

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