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Die grosse Erleichterung

Kathrin Halter
15. Mai 2022

In Bern wird gefeiert! Bild: Amina Gonem

Die Freude und Erleichterung in der Branche sind riesig: Das Filmgesetz wurde überraschend klar angenommen, mit 58,4 Prozent Ja-Stimmen. Erste Analysen deuten auf zwei Gräben hin: einmal zwischen der Romandie und der Deutschschweiz, einmal zwischen den Altergruppen.  

Die Befürworter haben gestern in Bern ausgelassen gefeiert, die Erleichterung und Freude sind in der ganzen Branche gross. Das äussert sich natürlich auch in den Sozialen Medien. Dort wird für die Unterstützung und der «Bevölkerung für die Wertschätzung des CH-Film- und Serienschaffens» gedankt oder dafür, dass sich die Mehrheit nicht von Fake News blenden liess. Und «an die Hunderten von ehrenamtlichen Aktivistinnen, die dieses Resultat ermöglicht haben».

«Es ist eine Investition in einen Film, den Netflix sonst in Amerika machen würde. Es geht um die Kultur, es geht um Swissness. Es geht um Werbung für den Schweizer Tourismus», so der Berner SP-Nationalrat Matthias Aebischer gestern auf SRF. Dass es überhaupt zum Referendum gekommen sei, habe ihn erstaunt: «Es gab eine satte Mehrheit im Ständerat und Nationalrat.»

Die SP wiederum sieht im Volksentscheid «ein Zeichen gegen die Selbstbedienungsmentalität der grossen Konzerne». Zudem sei es ein «starkes Signal für die kulturelle und sprachliche Vielfalt unseres Landes». 

Matthias Müller vom Nein-Komitee bezeichnet das Ergebnis als Achtungserfolg; es sei den Gegnern gelungen, dass das Thema diskutiert wurde – und wiederholte einige der in den letzten Wochen oft wiederholten Befürchtungen, etwa zur mutmasslichen Erhöhung der Abo-Gebühren bei Netflix und Co.

 

Die beiden Gräben

Eine erste Analyse der Ergebnisse im Tagesanzeiger sieht einen «Rösti- und einen ebenso tiefen Generationengraben», der sich durch die Schweiz ziehe. Die welschen Kantone stimmten dem Filmgesetz klar zu,  am deutlichsten die Waadt mit 76,1 Prozent Ja. In der Deutschschweiz war die Zustimmung bescheidener; in sieben Zentral- und Ostschweizer Kantonen gab es sogar eine Nein-Mehrheit.

Die Genfer FDP-Nationalrätin Simone de Montmollin, eine Befürworterin der Vorlage, erklärt diese Diskrepanz so: «In der Romandie ist die Sensibilität für solche Fragen grösser.» Die Romands wüssten aus eigener Erfahrung, dass die Interessen einer sprachlichen und kulturellen Minderheit schon innerhalb der Schweiz schwierig zu verteidigen seien. Das gelte erst recht für den internationalen Markt, sagt de Montmollin.

Und wie sieht es beim Alter aus? Von den über 65-Jährigen stimmten 68 Prozent Ja, von den unter 34-Jährigen 51 Prozent. Diese Zahlen ermittelte eine Online-Nachbefragung, die Tamedia und «20 Minuten» bei über 9000 Personen durchgeführt haben.

Wird nun die die Mehrheit bei kommenden kulturpolitischen Abstimmungen ins Nein kippen, wenn die ältere Generation langsam ausstirbt? Matthias Aebischer erwidert darauf, das Verständnis und das Interesse für kulturelle Leistungen steige mit dem Alter. Er selber habe es als 17-Jähriger auch überflüssig gefunden, dass der Staat die Oper fördere. «Ich glaube, dass die Generation Netflix eine ähnliche Entwicklung durchmachen wird.»

Sorge bereiten müsse dieser Trend vor allem der SRG, schreibt der Tagesanzeiger weiter und erinnert an die nächste kulturpolitische Auseinandersetzung, die Initiative «200 Franken sind genug», welche die SRG-Gebühren massiv kürzen will. Die grosse Herausforderung bestehe nun darin, auch die Generation Netflix-Youtube-Tiktok davon zu überzeugen, dass es die SRG im 21. Jahrhundert noch braucht.

Nicht vergessen darf man dabei die verhältnismässig niedrige Stimmbeteiligung: sie lag bei 40 Prozent.

 

 

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