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Das Gewöhnliche vom Alltäglichen unterscheiden

Alexandre Ducommun
15. Mai 2024

Jela Hasler. © Nadia Neuhaus

Jela Hasler hat sich in der Schweizer Filmlandschaft und auch über die Landesgrenzen hinaus bereits einen Namen gemacht. Porträt einer mehrfach ausgezeichneten Filmemacherin mit exemplarischem Lebenslauf und Blick für das Grosse im Kleinen.

Jela Hasler muss sich nicht mehr etablieren. Die Zürcher Regisseurin und begeisterte Geschichtenerzählerin, die 2022 mit «Über Wasser» und 2024 mit «La gravidité» den Schweizer Filmpreis für den besten Kurzfilm gewann, studierte nach einer Erstausbildung in Fotografie an der Hochschule Luzern (HSLU) Dokumentarfilm.

Nach dem Studienabschluss konzentrierte sich Hasler sogleich auf die Realisierung ihres ersten Filmes ausserhalb des schulischen Rahmens: «The Meadow» wurde ein Jahr später, im Herbst 2014, gedreht. Der Film war ein grosser Erfolg und wurde am Locarno Film Festival als Auftakt zu einer langen internationalen Tournee gezeigt. Anstatt dem Grössenwahn zu verfallen, konzentrierte sich  Hasler auf ihre künftigen Projekte, um einen Arbeitsrhythmus beizubehalten, der ihr entspricht. Anlässlich eines viermonatigen Aufenthalts in Paris entstand «Le sens de la marche», der die sozialen Gräben untersucht, die der Ausnahmezustand im wieder einkehrenden Alltag der Hauptstadt hinterliess.

Einige Jahre später kam Hasler die Idee zu ihrem ersten Spielfilm «Über Wasser». Schon zu Beginn der Arbeit am Drehbuch stand fest, dass die Hauptrolle von Sofia Elena Borsani, deren Stimme bereits in Haslers Diplom-Dokumentarfilm zu hören war, gespielt werden sollte. «Natürlich ist es eine fiktive Figur», so die Regisseurin, «doch als ich sie mir vorstellte, hatte ich Sofias Energie im Kopf.» Ein sehr realer Bezug, den die Filmemacherin nutzte, um ihren ersten Spielfilm zu erschaffen.

 

Geschärfter Blick

Für die Dokumentarfilmerin war dies eine neue Erfahrung, bei der ihr die bisherige filmische Tätigkeit jedoch zugutekam. So konnte sie auf ihr bewährtes Team zählen, wie Kameramann Andi Widmer, der sie auch bei den meisten früheren Projekten begleitet hatte. «Der Blick, den ich im Dokumentarfilm auf die Welt richte, bleibt auch in der Fiktion der gleiche.» Genau dieser genreübergreifende Blick zieht sich wie ein roter Faden durch Haslers Werk und schafft trotz unterschiedlicher Themen eine Kohärenz, die sie auch in der Fiktion fortführt. Die Aufmerksamkeit, die sie dabei banal erscheinenden Situationen schenkt, ist alles andere als belanglos und erlaubt es der Regisseurin, Geschichten zu erzählen, die gemäss ihren eigenen Worten «etwas über unsere Gesellschaft und über unser Leben inmitten dieser Gesellschaft aussagen.» 

In Haslers Arbeit spielen die Schauplätze in denen sich ihre Figuren  bewegen, eine entscheidende Rolle. Ländlich oder städtisch, natürlich oder gestellt: Im Hintergrund wird eine allgemeine Geschichte erzählt, welche die persönlichere Geschichte der Protagonisten und Protagonistinnen umrahmt. Haslers neueste zwei Werke, die Kurzspielfilme «Über Wasser» und «La gravidité», zeichnen beide das Porträt von Frauen, die inmitten alltäglicher Mikroaggressionen auf der Suche nach einem Raum für sich selbst sind. Die Schauspielerinnen Sofia Elena Borsani und Jenna Hasse hatten dabei die Freiheit, die Rollen im Lauf der Proben und Improvisationen selbst auszugestalten. Um sich von den starren Bildern des Drehbuchs zu befreien, lässt Hasler die Szenen lieber auf organische Weise entstehen, indem sie sich auf Ideen und Gefühle konzentriert und auch die persönlichen Erfahrungen der Schauspielenden in die Rollen einfliessen lässt. Sofia Elena Borsani erzählt: «Mit Jela Hasler zu arbeiten ist ein grosses Glück! Ich liebe es mit welcher Feinheit sie unseren Alltag seziert und es schafft, das Politische daran für das Kino sichtbar zu machen. Wir entwickelten über Proben die Feinheiten des Dialogs und wussten so, alle genau was wir erzählen wollen. Jelas Arbeitsweise führt für mich zu einer grossen Ermächtigung als Schauspielerin, das ist das Schönste für mich!»

Hasler wurde für das Programm «Next Step» ausgewählt, das von der  Cannes-Kritikerwoche  ausgerichtet wird und Filmschaffenden beim Schreiben des Drehbuchs für ihren ersten Langfilm begleitet. Das Programm bot Hasler erst die Teilnahme an einem einwöchigen Seminar im Dezember. Daraus ergab sich dann  im April eine Arbeitsresidenz von drei Wochen, die Hasler gemeinsam mit ihrer Ko-Drehbuchautorin Rebecca Martin wahrnahm. Über ihr Langfilmprojekt, das sich noch in der Entwicklungsphase befindet, ist bisher nur bekannt, dass es ein Spielfilm wird.

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