MENU Schliessen

Markterfahrung

Dan Wechsler
15. Mai 2024

Dan Wechsler, Produzent bei Bord Cadres Films © zvg

Ich besuche seit bald 20 Jahren Koproduktionsmärkte, am Festival von Cannes, an der Berlinale oder in San Sebastian. 2004 nahm ich zum ersten Mal am «Coproduction Market» in Cannes teil und meldete mich für das «Producers Network» an. Dieses Programm, das an mehreren Tagen während des Festivals stattfindet, stellt Kontakte zwischen jungen und erfahrenen Produzenten und Produzentinnen her, mittels Podiumsdiskussionen in kleinen Gruppen, die jeweils vormittags stattfinden.

Als ich diesem Programm beitrat, begannen wir gerade, Fragen rund um den neu aufkommenden digitalen Vertrieb zu erörtern. Die technologischen Errungenschaften, die auf den Markt kamen, machten den Weg frei für neue Vertriebsformen und Marketingstrategien. Die Streaming- Plattformen breiteten sich zunehmend in der Medienlandschaft aus und stellten die traditionellen Verwertungsfenster infrage.

Der Filmmarkt von Cannes findet im Palais des Festivals statt. Zahlreiche internationale Verkaufsgesellschaften präsentieren dort an Ständen ihre Filmkataloge, in der Hoffnung auf Käufer aller Art: Filmvertriebe und -verleihe, Streaming-Plattformen und viele mehr. Es ist ein Markt wie jeder andere, wo das Angebot seine Nachfrage sucht, doch seine Vielfalt und teilweise auch Undurchsichtigkeit macht ihn sehr komplex, sodass es für Neulinge oft schwer zu verstehen ist, wer was verkauft und für wen. Der Filmmarkt ist voll von Produkten aus der ganzen Welt, die sich häufig sehr stark voneinander unterscheiden.

Die Verkäufer, deren Filme am Festival von Cannes gezeigt werden, nutzen die Gunst der Stunde, um ihre Werke bei den Vertriebsgesellschaften unterzubringen, die aus allen Ecken der Welt angereist sind, um künftige Perlen zu ergattern und diese dann in ihrer Heimat exklusiv zu vermarkten. Es steht viel auf dem Spiel, und auch über die Gewinner des Festivals wird heiss spekuliert. Der Markt ist ein sehr lebendiger Ort, ein Treffen jagt das andere, und die ersten Tage sind entscheidend, um gute Geschäfte zu machen. 

Im Lauf der Jahre und der Erfahrungen, die ich in diesem Milieu gesammelt habe, wurde mir klar, dass der Markt auch ausserhalb des «Coproduction Market» stattfindet, auf den Terrassen der Restaurants, in den Hotels, an den Abendanlässen und Cocktailpartys, die von den Institutionen oder Verkäufern, sie sich hervortun wollen, organisiert werden.

In diesem informellen Rahmen werden Kontakte geknüpft, Projekte angestossen und Geschäfte abgeschlossen. Um Berufskollegen und -kolleginnen, Kundschaft, Partner oder Geldgeber zu treffen, muss man nicht physisch im Palais anwesend sein. Die ganze Stadt Cannes ist im Festivalfieber, und man kann jederzeit ein neues Projekt lancieren oder einen Deal zum Abschluss bringen. Die Filmschaffenden wissen genau, dass sie in ein paar Tagen am Festival zuweilen Aufträge für die nächsten Monate oder sogar Jahre generieren können.

Zum Markt gehört schliesslich auch das Festival, mit seinem Programm und den «Market Screenings», wo man Filme schauen und sich überraschen lassen, neue Filmschaffende und junge Talente entdecken und sich mitunter sogar mit ihnen treffen und über neue Ideen und künftige Zusammenarbeiten austauschen kann. 

Zwei Plebiszite zum Film

Thomas Tribolet
21 Juli 2022

Fake News sind ansteckend

Florian Keller
31 Mai 2022

Den Horizont erweitern

David Rihs, Produzent und Teilhaber von Point Prod
28 März 2022

Interessieren Sie sich für den Schweizer Film?

Abonnieren Sie!

Tarife