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Rette dein Kino!

Teresa Vena
22. März 2024

Das Kino in Berlin-Kreuzberg wurde vor der Schliessung gerettet. © Kino Moviemento Berlin

In Berlin steigen die Immobilienpreise. Das setzt der Kinolandschaft in der Stadt immer mehr zu. 

Die Kinodichte in der deutschen Hauptstadt ist bemerkenswert. Aktuell sollen ungefähr 90 Kinos in Betrieb sein, was 260 Leinwänden entspricht. (Gesamtschweizerisch sind es zum Stand von Ende 2022 laut ProCinema 265 Kinos und 621 Leinwände). Jedes Quartier hat sein Multiplex-Zentrum, aber genauso gibt es eine Vielzahl an Programmkinos. Es gibt grosse kommerziell orientierte Ketten, die einflussreichste im gehobenen Segment ist die Yorck-Gruppe, die 14 sorgfältig renovierte Kinos führt. Unter den Programmkinos ist alles vorhanden: Vom schmalen Saal mit dreissig Sitzen, der keine Heizung hat und in dem man sich im Winter eine Erkältung holt, über das gemütliche, aber verrauchte Wohnzimmer bis zum spektakulären grossen Saal aus den 1950er Jahren. Die meisten dieser Säle werden unabhängig geführt. 

Wie es auch in der Schweiz üblich ist, werden die meisten Kinos gepachtet. Nur in Einzelfällen sind die Betreiber auch die Besitzer der jeweiligen Immobilien. In seltenen Fällen besteht nicht einmal ein offizieller Mietvertrag, dann wird das Kino als Zwischennutzung auf unbestimmte Zeit betrachtet. Noch bis in die 2010er Jahre war Wohn- und Gewerberaum in Berlin im internationalen Vergleich zu guten Preisen verfügbar. Die Zuwanderung ist aber seitdem exponentiell gestiegen, die alteingesessene Bevölkerung drängen die erhöhten Mietpreise an den Stadtrand, einst zahlreiche, identitätsstiftende Baulücken werden nach und nach geschlossen. Die Immobilienspekulation erfährt gerade einen Höhepunkt. Dass dies für Kulturbetriebe gefährlich werden kann, ist nichts Neues. 

Strukturförderung ist für Kinos an sich, bis auf ganz wenige Ausnahmen, nicht vorgesehen. Als inoffizielle finanzielle Unterstützung können aber die Kinoprogrammpreise gelten, die jährlich von Bund und Land vergeben werden. In der Regel wird jedes Programmkino mit einem Beitrag berücksichtigt. 

 

Immobilienspekulation 

Im Januar informierte die Geschäftsführung des Kino Moviemento in Berlin-Kreuzberg, dass sie erfolgreich eine drohende Schliessung abwenden konnte. Das Haus mit  Baujahr 1907, in dem das Kino untergebracht ist, wurde seit 2018 viermal verkauft. Die Kaufpreise stiegen mit jeder Transaktion. Allein für die Flächen des Kinos im ersten Obergeschoss sollen 2 Millionen Euro aufgerufen worden sein. 2019 ging das Haus an die Deutsche Wohnen, mittlerweile mit Vonovia zur grössten Immobilienbesitzerin Europas fusioniert. Kritik an ihrer spekulativen und harschen Mietenpolitik wird immer wieder laut. Mit diesem riesigen Unternehmen versuchten die Mieter des Kinos über längere Zeit erfolglos Kontakt aufzunehmen. 

Auf seine schwierige Lage aufmerksam machen konnte das Moviemento erst dank einer breitangelegten Medienkampagne. Der öffentliche Druck auf die wechselnden Besitzer stieg. Schliesslich einigte man sich auf einen Kaufpreis, der, so muss man annehmen, da sich beide Parteien das Recht vorbehalten, über die genaue Summe zu schweigen, weit unter dem aktuellen Marktwert liegt. 

«Banken geben keine Kredite an Kinos», sagt Wulf Sörgel, einer der beiden Betreiber des Kinos. Finanzielle Hilfe erhielt das Moviemento daher von privater Seite. Dem Spendenaufruf sind über 2.300 Menschen gefolgt, die etwa 130.000 Euro einbrachten. Die meisten Unterstützer stammten aus Berlin selbst. «Schwerer als das Geld, das zusammengekommen ist, wiegt die Solidaritätsbekundung, die an der breiten Beteiligung abgelesen werden kann», so Sörgel, offensichtlich berührt. 

 

Solidaritätsbekundung

Die Berliner und Berlinerinnen kämpfen für die Erhaltung ihrer kulturellen Freiräume. Von einer solidarischen Aktion profitierte auch das Kino Zukunft, das nach dem Verkauf des Grundstücks, auf dem es stand, umziehen musste. Eine Spendenaktion brachte die knapp 70.000 Euro ein, die es für den rudimentären Neubau auf einem Ersatzgrund auf Zeit benötigte. Die Eva-Lichtspiele im Westen der Stadt hatten in der Corona-Pandemie Mietschulden angesammelt, die sie ebenfalls durch Spenden von ihrem Stammpublikum in Höhe von rund 15.000 Euro begleichen konnten. 

Noch ist die Lage für die Berliner Kinoszene nicht akut, doch die Beispiele des  Kinos Colosseum, das teilweise in Eigentumswohnungen umgebaut werden soll, und des Ciné Star am Potsdamer Platz, das bereits ausgehöhlt wurde und seiner neuen Form als Luxusrestauranttempel entgegensieht, stimmen skeptisch.  

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