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«Wie mit Elmer umgesprungen wird, ist ein Skandal»


31. August 2015

Werner Schweizer nous parle du grand anachronisme dans l’affaire Elmer, de la manière dont le lanceur d’alerte est perçu à l’étranger, et d’« Offshore – Elmer et la fin du secret bancaire », un film personnel.

Werner Schweizer über den grossen Anachronismus im Fall Elmer, wie der Schweizer Whistleblower im Ausland wahrgenommen wird. Und weshalb «Offshore – Elmer und das Ende des Bankgeheimnisses » ein persönlicher Film wird. 

Das Gespräch führte  Kathrin Halter
 

Woher genau rührt Ihr Interesse an Rudolf Elmer? 

Rudolf Elmers Geschichte habe ich immer mitverfolgt, gerade auf dem Hintergrund der Bankenskandale der letzten Jahre. Mich interessiert, wie Elmer, selbst ein Teil des Systems, zum Systemkritiker wurde. Ich will aber auch meine persönliche Optik und die Kritik der Linken am Schweizer Bankensystem mit einbringen: Es soll klar werden, dass es hierzulande auch immer Leute gab, die sich für die Banken auch geschämt haben. 

Elmer und ich sind ja etwa gleich alt – und haben doch in komplett verschiedenen Welten gelebt. Deshalb wird dies auch ein persönlicher Film werden. 

Welche Antagonisten im Film auftreten, war von Anfang an eine zentrale Frage. 

Vor der Kamera wollte zum Schluss weder die Bank Julius Bär noch die Zürcher Staatsanwaltschaft Stellung nehmen. Diese Verweigerung nach guten Vorgesprächen hat mich geärgert – Elmer hat sogar ein Papier unterschrieben, dass er nicht klagen würde aufgrund dessen, was die Staatsanwaltschaft im Film aussagt. Gegenpositionen zu Elmer stammen jetzt vor allem aus Elmer-kritischen Medienberichten, die in Exkursen in den Film eingebaut und thematisiert werden.

Das Fehlen von direkten Antagonisten sehe ich inzwischen auch als eine Stärke: Nun muss ich weniger Rücksicht auf «Pro»- und «Kontra» nehmen, ich kann persönlicher und politisch schärfer werden. Trotz Elmers Widersprüchen: Wie mit ihm und seiner Familie umgesprungen wird, ist ein Skandal der Justiz und der Medien. Das empört mich immer mehr. Der grosse Anachronismus ist ja, dass die Schweiz das Bankgeheimnis längst relativiert hat. Aber am kleinen Elmer soll nun offenbar noch ein Exempel statuiert werden. 

Soll der Fokus mehr auf Elmer oder auf der Geschichte des Bankgeheimnisses liegen?

Wir müssen aufpassen, dass wir nicht denselben Fehler wie viele Schweizer Medien machen, die Rudolf Elmer immer psychologisiert, ihn als rachesüchtigen, «psychisch labilen Datendieb» bezeichnet und sich nie um die Fakten seiner Daten gekümmert haben. Interessanterweise wird Elmer im Ausland ganz anders wahrgenommen. Im europäischen Umfeld ist Elmer als Experte für das Offshore-Geschäft und Steuerhinterziehung gefragt. Dort setzt man sich mit seinem Insiderwissen auseinander, nicht aber in der Schweiz: Hier ist er – zumindest für die Banken und ihrer politischen Entourage – ein Nestbeschmutzer wie Jean Ziegler. Doch die Zeiten ändern sich: Die Kritiker des Schweizer Bankgeheimnisses erhalten zunehmend Recht, die Selbstgerechtigkeit des Schweizer Bankenplatzes ist durch die hartnäckige Intervention der USA zerschlagen worden. Diesen Hintergrund zu vermitteln, und damit auch die Kritiker des Schweizer Bankenbanditismus rehabilitieren, ist auch ein Anliegen dieses Filmes – neben der privaten, dramatischen Geschichte des «David» Rudolf Elmer gegen den Goliath «Zürcher Finanzplatz».

«Offshore – Elmer und das Ende des Bankgeheimnisses»

Rudolf Elmer, bekanntester Whistleblower der Schweiz, ist als Arbeiterkind in Zürich aufgewachsen, bis zum Bankdirektor der Niederlassung von Bank Julius Bär auf den Cayman-Islands aufgestiegen, 2002 entlassen und nach einem aufsehenerregenden Auftritt an der Seite von Julian Asange wegen Bankgeheimnisverletzung, Drohung und Nötigung in zwei Prozessen angeklagt worden. Bis diese entschieden sind, kann es noch viele Jahre dauern. 

 

Zum Film: Werner (Swiss) Schweizer verschränkt in seinem Dokumentarfilm das Porträt Elmers mit einer historischen Aufarbeitung vom Bankgeheimnis und dessen Zerfall. «Offshore – Elmer und das Ende des Bankgeheimnisses» soll Anfang nächstes Jahr ins Kino gelangen. (kah)

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