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Artikel

Rückblick auf eine langjährige Redaktionsarbeit


31. August 2015

Françoise Deriaz, rédactrice en chef de « Cinébulletin » entre 1994 et 1996, et de 1998 à 2010 a mené la rédaction comme personne. Elle se souvient des controverses qui ont touché la branche, ainsi que du moment ou « CB » a failli disparaître.

Françoise Deriaz, Chefredaktorin von 1994 bis 1996 sowie von 1998 bis 2010, hat Cinébulletin wie sonst kaum jemand geprägt. Hier erinnert sie sich an Kontroversen in der Filmpolitik. Und daran, wie Cinébulletin einmal fast eingegangen wäre.  

Von Françoise Deriaz

Zum 30-jährigen Jubiläum von Cinébulletin gestaltete der Animationsfilmer Jonas Raeber die Titelseite, auf der ein monumentaler Leuchtturm sein Licht auf die audiovisuelle Landschaft wirft. Etwas bescheidener, doch immerhin: Die (alt)ehrwürdige Zeitschrift hat die Funktion eines Wachtturms am mehr oder weniger hellen Horizont des Filmschaffens und der Filmproduktion. Lange habe ich dort Ausschau gehalten.

Als Michael Sennhauser, der damalige CB-Redaktor, mir 1994 die Westschweizer Redaktion der Zeitschrift überträgt, ist die Branche in Aufruhr. Seit zwei Jahren ist der Schweizer Film von Europa isoliert. Mit einer winzigen Mehrheit von rund 23ʼ000 Stimmen hat das Stimmvolk 1992 den Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum abgelehnt. Dies, obwohl sich die Filmkreise von der Annäherung an die Europäische Union viel erhofft hatten. Jene Hoffnungen werden auf einen Schlag zerstört – ein Vorgang, der sich 2014 in anderer Form wiederholen wird.

Um den Anschluss ans Media-Programm nicht zu verpassen, werden auch damals Ersatzmassnahmen eingeführt, doch die Benachteiligung ist eben nicht nur finanzieller Art: Das Image der Schweiz leidet ernsthaft unter der Isolation des Landes, und die Türen potenzieller Koproduzenten bleiben für Schweizer Spielfilmprojekte geschlossen. Yvonne Lenzlinger, Leiterin der Sektion Film des Bundesamts für Kultur (BAK) von 1993 bis 1994, lässt sich von diesem Schiffbruch nicht übermässig beeindrucken. Versperrter Weg nach Europa für den Spielfilm? Sollen die Filmschaffenden sich doch auf den Dokumentarfilm konzentrieren, der in der Regel keine ausländische Finanzierung benötigt, lässt sie verlauten.
 

Nach dem FDS die ARC

Vor diesem Hintergrund gründen mehrere Filmschaffende die Association romande du cinéma (ARC), auch einige Deutschschweizer sind mit dabei. Ihre Ziele: «Stimulierung der Film- und Audiovisionsproduktion, aktives Engagement in den Regionen Europas; […] verstärkte Bemühungen zur Schaffung eines Unterstützungsfonds für Produktion und Vertrieb in Partnerschaft mit der öffentlichen Hand, der Télévision suisse romande und den Urheberrechtsgesellschaften».

Der spätere Verband Filmregie und Drehbuch Schweiz (ARF/FDS), 1962 auf Initiative des Filmemachers Alain Tanner gegründet, hatte seinerzeit die Diskussionen um das erste Filmgesetz angekurbelt, das 1963 in Kraft trat. Es sah zunächst eine Unterstützung für den Dokumentarfilm sowie Prämien für den Spielfilm vor. Die Spielfilmförderung kam erst 1970 dazu. 20 Jahre später betritt also die ARC die Bühne mit der klaren Absicht, eine neue Etappe der Filmfinanzierung anzupeilen.
 

Das System Succès cinéma 

Der Produzent Robert Boner, der seine Laufbahn unter anderem mit «Les petites fugues» (1979) von Yves Yersin, in Frankreich mit «Le petit prince a dit» (1992) und «Adultère, mode d'emploi» (1995) von Christine Pascal begann, inspiriert  die Politik des ARC. An seiner Seite finden sich die meisten Produzenten und Regisseure aus der Romandie, einige auch aus der Deutschschweiz. Darunter Gérard Ruey, Frédéric Gonseth oder Ruth Waldburger – um nur einige zu nennen. Laut Statistik finden die meisten Filme aus der Schweiz nur selten und mit Mühe den Zugang zum kommerziellen Vertrieb, denn die Leinwände sind mit einer Schwemme von Produkten aus den USA blockiert. Ausserdem konzentriert sich die schweizerische Filmförderung zu stark auf jene Filme, deren Karriere an den Solothurner Filmtagen beginnt und endet. Deshalb entwickelt die ARC ein System, das die Verleiher und Kinobetreiber dazu anspornt, Schweizer Filme zu zeigen. Gleichzeitig belohnt das System die Schweizer Produktionen in Abhängigkeit ihres Kinoerfolgs. 1997, nach einigem Hin und Her, tritt die erfolgsabhängige automatische Filmförderung Succès Cinéma für eine fünfjährige Versuchsperiode in Kraft. Nach deren Ablauf führt das BAK sie in Ergänzung zur selektiven Förderung weiter. 2012 wird Succès Festival die Palette der automatischen Filmförderung erweitern.

Die Kontroversen, ob die erfolgsabhängige Förderung überhaupt und die Verteilung der Gelder begründet und richtig sind, erhitzten damals die Gemüter der Branche. Und auch heute noch gibt es kritische Stimmen. War es nötig, den Verleihern und Kinobetreibern Gutschriften zu geben, damit sie Schweizer Filme ins Programm aufnehmen? Die offensichtliche Zunahme von Schweizer Produktionen auf den Kinoleinwänden und die Verpflichtung der Verleiher, die erhaltenen Gelder wieder in solche zu investieren, haben die Debatten zwar beruhigt, doch ist noch nicht alles in Butter. Wäre es sinnvoll gewesen, die Gutschriften, die rückinvestiert werden müssen, nur den Produzenten zuzusprechen, wie es die ARC wollte? Die Autoren wehrten sich vehement dagegen – und hatten Erfolg. In der Praxis zeigt sich, dass die von den Autoren generierten Gelder ein System belasten, das ursprünglich dazu gedacht war, die Arbeit der Produzenten zu stärken.
 

Stürmische Zeiten für Cinébulletin 

1996 verlasse ich die Westschweizer Redaktion des Cinébulletin, da ich von Bundesrätin Ruth Dreifuss in die Expertenkommission «automatische Filmförderung» berufen werde. Die Kommission soll das von der ARC ausgearbeitete Projekt an den rechtlichen Rahmen des Bundes anpassen. Auch Michael Sennhauser tritt 1996 als Chefredaktor zurück. Pierre Lachat ist sein Nachfolger. 1998 schlägt mir Kathrin Müller, die Direktorin des für CB verantwortlichen Schweizerischen Filmzentrums (später Swiss Films), vor, erneut die Chefredaktion zu übernehmen. Im folgenden Jahr ist auch Michael Sennhauser wieder mit dabei. Die Leitung von CB wird der Stiftung Ciné-Communication übertragen, die die zweisprachige Kinozeitschrift FILM herausgibt. 2001 geht sie bereits wieder ein. Zwei Jahre lang leiten zwei Chefredaktoren, Michael Sennhauser und ich, das CB. Parallel dazu übernehmen wir redaktionelle Aufgaben bei FILM. Ehrlich gesagt: Die Kinozeitschrift mobilisiert den Grossteil unserer Kräfte, während CB weniger Aufmerksamkeit zuteil wird.

Der Konkurs der Stiftung Ciné-Communication wird CB fast zum Verhängnis. Ohne die Bemühungen von Micha Schiwow, des neuen Direktors von Swiss Films, und Marc Wehrlins, ab 1995 Nachfolger von Yvonne Lenzlinger an der Spitze der Sektion Film, wäre die Publikation wohl eingegangen. Der neu gebildete Trägerverein Ciné-Bulletin hilft ihr wieder in den Sattel. Swiss Films übernimmt die Administration; um die Herausgabe kümmert sich der junge, von Vincent Adatte präsidierte Verband Mediafilm, der 2001 gegründet worden war, um Films in der Romandie wieder zu lancieren. Mit Mathieu Loewers wertvoller Hilfe – er ist meine rechte Hand – bringe ich die beiden Pensen als Chefredaktorin von CB und von Films unter einen Hut. Auch auf Vincent Adattes zuverlässige Unterstützung kann ich zählen. 2003 wird die Publikation von Films mangels Inserenten eingestellt. In der Folge verbessert sich CB inhaltlich, und die Auflage erhöht sich. 2008 kommt die Zeitschrift erstmals in Farbe heraus. Loewer verlässt CB im selben Jahr, ich trete 2011 zurück.
 

Aufschwung der Regionalförderungen

Natürlich säumten zahlreiche Ereignisse meinen langen Weg im Kielwasser und am Steuer von CB. 1996 wird auf Anregung der ARC der Pacte de l'audiovisuel unterzeichnet. Er ersetzt das frühere Rahmenabkommen, das die Beziehungen zwischen der unabhängigen Branche und der SRG seit 1987 regelte. Noch einmal tritt Robert Boner als Sprachrohr der Branche auf und gestaltet sowohl die Umsetzung des Pacte wie auch die Übertragung der automatischen Filmförderung auf den Fernsehbereich – als Succès Passage antenne bekannt. Ausserdem ist er eine der treibenden Kräfte der Fondation romande pour le cinéma (Cinéforom). Diese schafft den Kraftakt, die wichtigsten öffentlichen und privaten Westschweizer Mittel für den Film in einem Topf zu vereinen.

In der Deutschschweiz hatte die Zürcher Filmstiftung zuvor den Startschuss für die Regionalförderung gegeben – eine unerlässliche Ergänzung zu den Bundesgeldern. Bern, Basel und weitere Kantone folgen Zürich auf dem Fuss. Doch nur Cinéforom gelingt es, die Produktion einer ganzen Sprachregion zu stärken.
 

Der Preis der Unabhängigkeit

Im Laufe der Jahre gewinnt CB eine gewisse Unabhängigkeit, die allerdings unter der Ära von Nicolas Bideau, Chef der Sektion Film von 2005 bis 2010 einen hohen Preis hat. Er will die Zeitschrift nach seiner Vorstellung prägen. Zwar wird die Publikation vom BAK unterstützt, jedoch auch weitgehend von Filmkreisen finanziert. Er will aus einem Branchen-Informationsblatt eine Revue mit Filmkritiken machen, wirft ihr aber gleichzeitig (zu Unrecht) vor, darin dauernd kritisiert zu werden! Ich hatte das Glück, Nicolas Bideau zu überleben. CB ebenfalls. Mögen dem neuen Team und allen folgenden noch viele Jahre beschert sein!

 

 

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