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Vieles neu beim Zürcher Filmpreis

Kathrin Halter
17. Februar 2020

Julia Krättli, Geschäftsführerin der Zürcher Filmstiftung, an der Filmsoirée 2019. © zvg

Der Zürcher Filmpreis wird neu konzipiert – und gleicht in manchem der «Cadrage,» wie sie bis 2018 die Stadt Zürich ausgerichtet hat. Es gibt aber auch wichtige Änderungen.

Die Kritik am letztjährigen Zürcher Filmpreis war gross, der Frust (und Spott) über die letztjährige Verleihung ebenso. Was wurde nicht alles moniert und hinterfragt: Die Kombination einer Fachjury, die in den Kategorien Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilm eine Vorauswahl trifft, mit einer Publikumsjury, die unter den Nominierten die Gewinner wählt.Die Tatsache, dass ausgerechnet Publikumslieblinge wie «Zwingli» und «#Female Pleasure» von der Fachjury übergangen wurden. Der Sinn und Nutzen einer Publikumsjury (Mischa Schiwow, AL-Gemeinderat und früherer Swiss Films-Direktor, reichte dazu sogar eine schriftliche Anfrage im Gemeinderat ein). Die Preisverleihung am ZFF schliesslich, die verloren wirkte im Festival-Trubel.

 

Neun statt drei Preisträger

Mangelnde Selbstkritik kann man dem Stiftungsrat der Zürcher Filmstiftung allerdings nicht vorwerfen: Anfang Dezember, schon zwei Monate nach der Preisverleihung, beschliesst dieser eine neue Vergabepraxis ab 2020, die die wesentlichen Kritikpunkte berücksichtigt. Auch aus Sicht des Stiftungsrats sind die nominierten Filme im Gesamtprogramm des ZFF untergegangen. Die Zuschauerzahl in der Publikumsjury – total 535 Zuschauer – wird als zu klein taxiert, die Medienresonanz als «minimal», so die selbstkritische Bilanz.

Und was wird nun anders? Die Publikumsjury wird abgeschafft, neu gibt es nur noch (und wie in den Jahren zuvor) eine Fachjury. Diese wechselt neu jährlich und setzt sich wie bisher aus drei Dreier-Gremien – je für den Kurzfilm, den Dokumentarfilm und den Spielfilm – zusammen. Nominationsgelder fallen damit weg, das verfügbare Preisgeld beträgt wie bisher 100ʼ000 Franken. Die Preissummen für die Hauptkategorien werden leicht reduziert, für den besten langen Dokumentarfilm und den besten langen Spielfilm auf je 20ʼ000 Franken (bisher je 25ʼ000), der beste Kurzfilm erhält wie zuvor 10ʼ000 Franken. Dafür zeichnet die Jury in jeder Kategorie neu zusätzlich zwei besondere Leistungen mit je 10ʼ000 Franken respektive je 5ʼ000 beim Kurzfilm aus, das können Auszeichnungen für Regie, Schauspiel, Kamera, Montage oder weitere künstlerische Bereiche sein.

 

Die Verleihung

Auch bei der Verleihung ändert sich einiges: Der Zürcher Filmpreis wird unabhängig vom ZFF (wie früher die «Cadrage») wieder im November vergeben. Die Filmstiftung erhofft sich davon, dass die Auszeichnung «zum Gradmesser für den Schweizer Filmpreis werden (kann), denn die angemeldeten Filme wären in grossen Teilen deckungsgleich». 

Einladungen werden zwar weiterhin verschickt, eine Gästeliste gibt es aber keine mehr. Diese Konzeption der Feier enthält zwar gewisse Widersprüche: So soll die Veranstaltung einerseits «öffentlich» werden und zugleich, so Filmstiftung-Geschäfts­leiterin Julia Krättli, primär als Branchentreff funktionieren und überhaupt bescheidener daherkommen als bisher: mehr als Bratwurst-und-Bier-Party denn als Cüpli-und-Abendkleid-Feier. Damit orientiert man sich am ­Berner Filmpreis, der ebenfalls ohne Gästeliste auskommt und damit offenbar gute Erfahrungen gemacht hat. Etwas fraglich ist die Entscheidung, die Preisträger wie in Bern schon im Voraus bekanntzugeben: Mit dem Ausbleiben von Spannung (wer gewinnt?) dürfte sich das Publikum vor allem auf Freunde und Arbeitskollegen der Ausgezeichneten beschränken.

 

Qualitätssiegel

Und wie reagiert man auf die mangelnde Berichterstattung in den Medien? Die Vergabe des Filmpreises wird gewissermassen von der Aufgabe getrennt, die Sichtbarkeit des Filmschaffens zu erhöhen. Um der breiten Bevölkerung das Filmschaffen näherzubringen, brauche es weitere Massnahmen, so Julia Krättli. Nicht einmal der Schweizer Filmpreis schaffe es, grosses öffentliches Interesse zu wecken; der Bayrische Filmpreis zum Beispiel verfüge über ein Millionenbudget, das sei nicht annähernd vergleichbar. Dafür will man den Preis «langfristig» zu einem Qualitäts­siegel machen. So pragmatisch bescheiden, wie das neue Konzept daherkommt, ist zumindest keine Ernüchterung programmiert. Zudem gibt es, gutschweizerisch, mehr Prämierte und weniger Aussortierte. Die eigentliche Publikumsjury findet sowieso anderswo statt: in den Kinosälen.

▶  Originaltext: Deutsch

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