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So long, lieber Rolf

Liliane Hollinger, John Canciani
13. Oktober 2023

Rolf Heusser, der Mitbegründer des Kinos Cameo und Mitinitiator der internationalen Kurzfilmtage Winterthur, ist Mitte September gestorben. Liliane Hollinger und John Canciani widmen ihm im Namen des Kino Cameo und der Internationalen Kurzfilmtage Winterthur einen Nachruf.

Wenn sich jemand frühpensionieren lässt, um sich einen weiteren Lebenstraum zu verwirklichen, nämlich ein Kino zu bauen – und das im Jahr 2015! – dann ist klar, von wem die Rede ist: Da muss Rolf Heusser (*1950–2023) dahinterstecken. Wie viele Vereine hat er gegründet und präsidiert, wie viele Kulturhäuser geprägt, wie viele Projekte angestossen, wie viele Filmfestivals, Vernissagen und Ausstellungen besucht. Wenn man jemanden auf allen Kulturveranstaltungen von Winterthur über Nyon bis Locarno antraf, wenn jemand voller Tatendrang steckte, wenn jemand einen grossen Einfluss aufs Umfeld ausüben konnte, dann Rolf.

Anfangs 1990er-Jahre verwirklichte Rolf sein erstes grosses Kulturprojekt. Eigenwillig und mit viel Geschick verwandelte er die Alte Kaserne in das Kulturzentrum, das bis heute in den Grundzügen gleich funktioniert. Mit seinen Filmfoyer-Freunden und -Freundinnen fragte er sich bei einem Bier: «Wie schafft man es eigentlich, eine Akkreditierung für Filmfestivals zu erhalten?» Die Antwort: «Man organisiert einfach selber ein Festival!» Aus dieser Idee entstanden die Internationalen Kurzfilmtage Winterthur, die sich international zu einem der renommiertesten Kurzfilmfestivals entwickelt haben.

Keine Herausforderung zu gross, um nicht angepackt zu werden. Eine Idee war ein Funke, war ein Startschuss – und dann war Rolf die treibende Kraft. «Mer muess es halt eifach mache». Ob es ein eigenes Projekt war oder ob er als Türöffner für andere fungierte, spielte keine Rolle. Ob als Vernetzer, Berater, Umsetzer: Rolf half, wo er konnte. Auch junge Menschen und Newcomern und Newcomerinnen im Kulturbereich hat er stets mit Rat und Tat unterstützt – der Nachwuchs war dem ehemaligen Jugenddelegierten der Stadt Winterthur immer ein Anliegen! Als er 2015 von den Schweizer Jugendfilmtagen in einer Krisensituation für den Vorstand angefragt wurde, zögerte er keine Sekunde – und das, obschon er eigentlich kürzertreten wollte.

Rolf kannte die wichtigsten Köpfe in der Politik und vermochte es, Personen mit Einfluss zu begeistern. So schaffte er zum Beispiel das schier Unmögliche: die Finanzierung des Programmkinos Cameo in Winterthur! Trotz einer Projektgruppe von «Kino-Aficionados», wie er sie so schön zu nennen pflegte, die tatkräftig mitwirkten: Ohne Rolf wäre die Umsetzungsphase nicht möglich gewesen. Wenn Rolf sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann kam es zustande.

Bei den Kurzfilmtagen war er noch weit nach seiner aktiven Zeit weiterhin als Helfer tätig. Er leitete Eindrücke sowie Bemerkungen der Besucher und Besucherinnen weiter und war stets mit konstruktiven Vorschlägen zur Stelle. Er setzte sich immer ein, Brücken zu bauen und Weiterentwicklungen oder Korrekturen mit viel Wohlwollen voranzutreiben. Er unterstütze und teilte sein Wissen, sah immer die positiven Aspekte seines Gegenübers.

Auch mit hundert Projekten am Hals hatte Rolf immer einen Schalk im Gesicht, war gut gelaunt und mochte über Filme reden. Im Kino Cameo kuratierte er mitunter die romantischsten Filmreihen. Dass der grosse Filmliebhaber nie mehr neben dem Eingang in den Cameo-Saal stehen wird und bei fast jeder Filmvorstellung mit Regiegespräch im Publikum sitzen wird, ist kaum vorstellbar. Rolf wird in schöner Erinnerung bleiben als grosser Visionär, der nie müde wurde, Neues anzupacken, mit seinem grossen Knowhow Kulturschaffende zu beraten und der viele Spuren hinterlässt. Und ganz nach Billy Wilder, bei dem im Büro ein Schild hing «How would Lubitsch do it?», werden wir, wenn wir zweifeln, einen Augenblick innehalten und uns selbst fragen: «How would Rolf do it?». Es wird viele solcher Momente geben und bei jedem Schritt vorwärts wird Rolfs Spirit in uns weiterleben.

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