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Weniger Geld, mehr Schweizer Serien

Laure Gabus
27. April 2018

Das Podium in Nyon

Die SRG plant bis 2022 Einsparungen von 80 bis 100 Millionen Franken. Welche Folgen hat dies für Schweizer Filmbranche? Einsichten vom Cinébulletin-Podium mit Vertretern der SRG und von Produzenten am 20. April anlässlich von Visions du Réel.


Das Nein zu No Billag hat die Rundfunkgebühren gerettet. Seither arbeitet die SRG einen umfangreichen Sparplan aus. Bis zum Jahr 2022 muss sie 80 bis 100 Millionen Franken einsparen, wie Pascal Crittin, Mitglied der Geschäftsleitung der SRG und Direktor von RTS, vorrechnete. Diese Einsparungen stehen in Zusammenhang mit der Senkung der Gebühren und mit Einbussen bei den Werbeeinnahmen. «Bis zum Herbst werden wir Massnahmen ausarbeiten, um auch mit gesenkten Kosten die Inhalte und das Programmangebot aufrecht erhalten zu können», erläuterte Crittin.

Was bedeuten diese Einsparungen für die unabhängige audiovisuelle Branche? Pascal Crittin gab sich zuversichtlich. Die Kampagne gegen No Billag habe zwei Dinge gelehrt: «Der Service Public fördert durch immaterielle Werte wie das Kino den nationalen Zusammenhalt. In Zukunft wird die Legitimität des Service Public auf einer öffentlich-privaten Partnerschaft basieren.» Er erklärte, die SRG habe «die Absicht und nicht die Pflicht», rund zwanzig Millionen in schweizerische Spielfilm- und Fernsehproduktionen und in die Entwicklung einer digitalen Plattform zu investieren. Zehn bis fünfzehn Millionen dieses Betrags sollen in die Produktion von Schweizer Fernsehserien fliessen, «um eine Dynamik zu schaffen, wie es sie in anderen Ländern bereits gibt.»

Eine digitale Plattform für die ganze Schweiz

Die digitale Plattform soll dazu dienen, die Originalproduktionen der Sender der SRG aufzuwerten. «Im Sinne des Service Public wollen wir das Angebot personalisieren sowie die Inhalte und Formate unter Berücksichtigung der verschiedenen Medien anpassen», so Pascal Crittin.

Stéphane Goël, Regisseur und Produzent von Dokumentarfilmen, fragte sich, ob die Einführung dieser Plattform mit der Abschaffung der zweiten Kanäle einhergehen wird. In der italienischen Schweiz sehe ein Pilotprojekt vor, den Inhalt des zweiten Kanals bis 2021 ins Internet zu verlagern, erläuterte Diana Segantini, Leiterin der Kulturabteilung bei RSI. Die Dokumentarfilme werden bereits jetzt in den ersten Kanal verschoben. Pascal Crittin antwortet in Bezug auf die Westschweiz: «Der zweite Kanal wurde vor fünfzehn Jahren vor allem dazu geschaffen, Wiederholungen zu zeigen. Heutzutage erfüllen die Websites diese Funktion. Deshalb denken wir derzeit auch über die Bestimmung von RTS2 nach.» «Die grosse Herausforderung wird darin bestehen, in der Primetime Sendezeiten für nationale Produktionen zu finden, um diese in den Vordergrund zu stellen, wie zum Beispiel bei der Serie Quartier des Banques», sagte Philippa de Roten, Leiterin des Bereichs Kultur und Gesellschaft bei RTS.

Ein Pacte de l’audiovisuel 2.0?

Über den Pacte de l’audiovisuel investiert die SRG jährlich 27,5 Millionen Franken in die Produktion von externen Inhalten. Vierzehn Millionen gehen an TV-Produktionen, neun Millionen an Langfilmprojekte und eine Million an Animationsfilme. Zudem unterstützt die SRG Multimediaprojekte. Der aktuelle Pacte deckt den Zeitraum von 2016 bis 2019 ab. «Wir arbeiten stets mit externen Partnern zusammen. Unsere Beziehung ist dynamisch und hat sich über die letzten Monate verstärkt. Dieses Modell soll auch in Zukunft gelten», sagte Urs Fritze, Bereichsleiter Fiktion bei SRF. Diana Segantini stimmte zu: «Wir müssen nicht intern über das gesamte Knowhow verfügen, sondern können es uns von aussen holen und so das Konzept des Pacte stärken.»

Jean-Marc Fröhle, Produzent bei Point Prod, freute sich über eine mögliche Stärkung des Pacte und gab Anregungen zur Organisation dessen, was er das «Schweizer Studio» nannte: «Wenn der Wille, einen Pacte 2.0 zu schaffen, vorhanden ist, sollte dieser sich um weitere Disziplinen bereichern. Man könnte zum Beispiel Magazine, tagesaktuelle Sendungen oder neue Medien integrieren. Dies würde neue Anstösse zum Nutzen aller Beteiligten geben und wäre auch in wirtschaftlicher Hinsicht nicht abwegig, denn externe Inhalte kosten weniger als intern produzierte.» 

Andere Gesprächsteilnehmer brachten Bedenken an, zum Beispiel könne Ancredie zunehmende Auslagerung zu erhöhtem Preisdruck auf dem Markt führen. Gérard Ruey, Generalsekretär von Cinéforom, befürchtet, dass die finanzielle Situation der selbständig Erwerbenden dadurch «noch prekärer» werden könnte. «Neue Inhalte und Handschriften anzubieten ist eine gute Sache», räumte er ein. «Doch wenn die SRG die Produktion von Dokumentar- und Spielfilmen vermehrt auslagert, muss sie Verantwortung übernehmen, Koproduktionen nicht mit Aufträgen verwechseln und im letzteren Fall die ganze Rechnung begleichen.»

Ohne in diese Diskussion einzusteigen, forderte Pascal Crittin die Fachleute dazu auf, die Ausarbeitung des zukünftigen Gesetzes über elektronische Medien im Auge zu behalten und politischen Druck zu machen, damit Kabelbetreiber wie UPC Cablecom oder Swisscom nicht nur Inhalte kaufen und ausstrahlen, sondern auch Schweizer Produktionen finanzieren.


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