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Ein Brunch zur Drehbuch-Frage

Kathrin Halter
30. Januar 2018

Ein Podium von Cinébulletin stellte an den Solothurner Filmtagen die Frage, ob junge Schweizer DrechbuchautorInnen genügend ausgebildet sind. Die Gespräche gingen am Fokus-Tag am Montag weiter. 

An den Filmtagen wird gerade über das Drehbuch debattiert, gestern Montag war dem Thema ein ganzer Fokus-Tag gewidmet. Begonnen hat die Diskussionsreihe schon am Samstag, am Branchenfrühstück, an einem von CB-Redaktorin Pascaline Sordet moderierten Podium. Da ging es um um die Frage, ob junge Schweizer DrehbuchautorInnen – respektive Absolventen von Filmhochschulen – eigentlich genügend ausgebildet sind. Aber was wird da überhaupt geboten?

Der Drehbuchautor und Regisseur Remie Blaser hat 2016 sein Filmstudium an der ZHdK mit einem Master in Drehbuch abgeschlossen. Dabei verfassen die Drehbuchstudierenden jeweils die Drehbücher für Filme, die von Regiestudierenden verfilmt werden. Im ersten Semester schrieb Blaser ein Drehbuch für einen Kurzfilm, im zweiten Semester eine Episode für einen Episodenfilm, im dritten Jahr das Drehbuch für einen Langfilm. Sich damit auseinanderzusetzen, wie Kollegen die eigenen Bücher inszenieren, was sie allenfalls umschreiben oder weglassen, war für ihn eine der wichtigsten Erfahrungen.

Stefan Jäger, Produzent von Tellfilm und Drehbuch-Dozent an der ZHdK, sieht es so: «Solange ich als Student geschützt mein eigenes Drehbuch schreibe, bin ich ein Genie. Sobald ein Koautor oder eine Regisseurin hinzustösst, fängt die Arbeit erst richtig an.» Jan-Eric Mack («Facing Mecca») zum Beispiel sei als Student immer schon sehr früh bereit gewesen, seine Stoffe mit anderen zu diskutieren.

Gefragt, wie er die verschiedenen Rollen als Produzent und als Drehbuch-Dozent auseinanderhalte (oder verbinde), erzählte Jäger von der Entstehung von «Blue My Mind», dem Abschlussfilm von Lisa Brühlmann, der von Tellfilm (mit der ZHdK und SRF) koproduziert wurde. Jäger versteht sich jeweils entweder als Dozent oder als Produzent, beides gleichzeitig gehe schlecht zusammen. Weil er, einmal Produzent geworden, nicht mehr genügend Distanz zum Stoff hat und dazu tendiert, diesen in einer Art Beschützerinstinkt zu verteidigen. Feedbacks zum Buch überlässt er deshalb lieber anderen. Er würde sich auch nie für ein Projekt eines Studierenden entscheiden, ohne dass seine Kollegin Katrin Renz davon genauso überzeugt ist.

 

Ein Drehbuchinstitut?

Danach gefragt, wie sie Drehbücher junger Autorinnen und Autoren beurteile, meinte Produzentin Flavia Zanon (Close Up Films), sie suche vor allem «Singularité» und «Identité», Originalität also, das Besondere und eine persönliche Handschrift. Das fiel ihr auch bei der Filmemacherin und Drehbuchautorin Carmen Jaquier auf, etwa an ihrer Episode in «Heimatland».

Woran aber fehlt es in der Schweiz am meisten? Zum Beispiel am Bewusstsein, wie wichtig eine Ausbildung im Drehbuchschreiben ist und wozu es eine solche überhaupt braucht. Auch wurde in der Runde daran erinnert, wie wichtig es wäre, dass hierzulande mehr Fehlversuche zugelassen werden, dass man ein Buch auch noch nach zwei oder drei Jahren Arbeit aufgeben sollte, wenn es nicht überzeugt und dass dies sogar eine Voraussetzung dafür ist, damit insgesamt mehr gute Drehbücher entstehen. Für sein Buch zu «Schellen-Ursli» brauchte Stefan Jäger fünf Jahre; das sei vielen sehr lange vorgekommen. In USA sind es aber durchschnittlich sieben Jahre, so Jäger. Man müsse hierzulande also auch mehr Geduld lernen – und bereit sein, dafür zu zahlen.

Carmen Jaquier wünscht sich von der Branche mehr Vertrauen in junge Autoren. Und die Möglichkeit, mehr auszuprobieren zu dürfen. Auch die Ausbildung, so Jaquier, sollte man wichtiger nehmen. Anne Delseth, Koordination Master Cinema von ECAL/HEAD, wies am Ende der Diskussion noch auf den Master Scenario hin, den die beiden Westschweizer Hochschulen seit 10 Jahren anbieten.

Dennoch: Auch am ersten Podium am Fokus-Tag vom Montag war zu hören, dass an den Filmschulen zu wenig Drehbuch-Lehrgänge angeboten werden. Es fehlt auch an Fachwissen. So kam man auf die Idee eines Drehbuchinstituts zu reden – jene Idee, die Micha Lewinsky einmal in einem Cinébulletin-Kommentar lanciert hatte. Dass der Nachwuchs bei den Drehbuchautoren zu klein ist, hat wenigstens für diese einen Vorteil: Jene rund 20 Leute, die in der Schweiz das Schreiben für den Film zum Beruf gemacht haben, sind nämlich oft ausgebucht.


 

 

 

 

 

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