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Ein erneuter Angriff auf die «idée suisse»

Sven Wälti
22. September 2023

Sven Wälti ist seit 2012 Leiter Film bei der SRG SSR. ©zvg

Am 10. August 2023 wurde sie eingereicht, die Initiative «200 Franken sind genug!». Nur fünf Jahre nach der «No Billag»-Abstimmung wird sich das Schweizer Stimmvolk erneut mit der Medienabgabe beschäftigen. Wann genau ist noch nicht klar. Stand heute: zwischen 2025 und 2027. Die Initiative verlangt, dass die Haushaltabgabe von 335 auf 200 Franken gesenkt wird. Ausserdem soll die Unternehmensabgabe komplett gestrichen werden. Auf den ersten Blick wirkt dieser Vorstoss weniger extrem als die damalige Abschaffungsinitiative, er ist aber dennoch radikal. Die SRG hätte bei Annahme der Initiative nur noch rund die Hälfte der heutigen Mittel, weshalb richtigerweise auch die Bezeichnung «Halbierungsinitiative» verwendet wird. Bei einem so stark reduzierten Budget von rund 750 Millionen Franken wäre die SRG in ihrer heutigen dezentralen Struktur nicht mehr finanzierbar. Eine Konzentration würde zulasten der Regionen, der sprachlichen Minderheiten und der Vielfalt sowie der Programme und des «Know-how» gehen.

Eine massive Reduktion der SRG wäre auch ein harter Schlag für die Schweizer Filmbranche. Während des  diesjährigen Locarno Film Festival konnten die SRG und die Verbände der Filmbranche den erfolgreichen Abschluss des neuen «Pacte de l’audiovisuel» für die Jahre 2024–2027 verkünden. Pro Jahr stehen künftig 34 Millionen Franken zur Verfügung. Mit den Zusatzinvestitionen der Unternehmenseinheiten und der SRG für Serien sind das mehr als 50 Millionen Franken pro Jahr. Dieses Engagement ist für die Filmbranche essenziell. Es ist mehr als nur eine Finanzierungssäule nebst dem Bundesamt für Kultur und den regionalen Förderern. Es ist auch die Essenz, für ein grosses Publikum Geschichten von und aus diesem Land zu erzählen – zu sehen und zu hören auf all unseren Sendern und Plattformen wie Play Suisse.

Wir können heute noch nicht sagen, ob es überhaupt noch einen «Pacte» geben würde oder ob dieser bei einer Annahme der Initiative halbiert werden müsste. Nebst diesem Koproduktionsabkommen unterstützt die SRG noch viele andere Bereiche wie die Weiterbildungsangebote von FOCAL. Auch die Schweizer Filmfestivals wären von einer Schwächung der SRG betroffen. Ich denke an das BaseCamp am Locarno Film Festival, diesem einmaligen und kreativen «Hub» für junge Film- und Kunstschaffende. Oder an den Filmschulentag an den Winterthurer Kurzfilmtagen. Würde es ihn in dieser Form noch geben? Könnten wir noch neue Serien lancieren am GIFF? Auch beim Schweizer Filmpreis ist die SRG eine wichtige Partnerin, sowohl finanziell als auch für die Visibilität des Anlasses. Und nicht zu vergessen die folgenden Beteiligungen der SRG: am Cinébulletin, der Zeitschrift der Schweizer Filmbranche, am Migros-Kulturprozent Story Lab, das Laboratorium für alle audiovisuellen narrativen Formate, oder an der Ticino Film Commission, wo die SRG sich engagiert, damit die Schweizer Filme untertitelt und in allen Sprachregionen gezeigt werden können – allen voran auch in der italienischen Schweiz. All das wäre infrage gestellt.

Was können wir tun? In erster Linie müssen wir weiterhin qualitativ hochwertige Programme für die Öffentlichkeit bereitstellen. Das ist unser Hauptargument. Die SRG wird den politischen Prozess eng begleiten und ihre wichtige Rolle für die Schweizer Gesellschaft verteidigen. Und wir gehen davon aus, dass die Filmbranche auch dieses Mal die SRG aktiv unterstützen wird. Erfahrungen damit hat sie ja. Auch bei der «Lex Netflix» konnte die Filmbranche eindrücklich unter Beweis stellen, wie ein Abstimmungskampf zu führen ist. Wir zählen wieder auf euch, liebe Filmschaffende, damit die «idée suisse» weiterlebt! 

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