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«Das Konzept soll bei der Abwägung von Risiken helfen»

Das Gespräch führte Kathrin Halter
25. Juni 2020

Lukas Hobi © zvg

Lukas Hobi, Produzent von Zodiac Pictures, ist als Mitglied der Corona-Arbeitsgruppe mitverantwortlich für das Schutzkonzept für Dreharbeiten von Spielfilmen und Serien. Dazu haben wir ihm ein paar Fragen gestellt.

 

Wer kommt als Covid-Beauftragte in Frage?

Am besten geeignet ist jemand von der Set- und Aufnahmeleitung. Da es sich um zusätzliche Aufgaben handelt, sollte das besser nicht jemand sein, der oder die bereits auf dem Set eingespannt ist. Das Schutzkonzept ist flexibel und individuell zu handhaben, bei jedem Film muss neu überlegt werden, was Sinn macht. Es gibt Filme, die immer einen Covid-Beauftragten vor Ort brauchen. Bei kleineren Filmen, zum Beispiel Dokumentarfilmen, ist auch denkbar, dass die oder der Beauftragte vorbereitend berät und ein Konzept erarbeitet, bei den Dreharbeiten aber nicht dauernd anwesend ist. Die Schwierigkeit liegt ja darin, dass ein kleiner Filme ganz andere Bedürfnisse hat als eine Grossproduktion unter Mitwirkung von drei Ländern. Es gibt auch regionale Unterschiede, die Romandie hat womöglich andere Bedürfnisse als die Deutschschweiz.

 

Wo liegt die Verantwortung, bei den Produzenten?

Ja, im Arbeitsgesetz steht ja, dass die Arbeitgeber für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Mitarbeiter verantwortlich sind. Die Verantwortungsfrage ist bei Corona allerdings komplexer als zum Beispiel auf einer Baustelle. Ein Produzent könnte wahrscheinlich nicht belangt werden, weil er oder sie fahrlässig gehandelt hat, weil schwierig abzuklären ist, wer wo und wann genau erkrankt ist. Dazu hat Aropa (Association  Romande de la Production Audiovisuelle) rechtliche Abklärungen vorgenommen.

 

Es ist möglich, dass Arbeitsinspektoren Kontrollen durchführen…

Es sind die Kantone, die bei den Unternehmen kontrollieren müssen, ob ein Schutzkonzept vorhanden ist und wie es umgesetzt wird. In einem ersten Schritt kann es eine Empfehlung, danach eine Verwarnung geben, erst in einem dritten Schritt könnten Dreharbeiten eingestellt werden.

 

«Von einem Engagement von besonders gefährdeten Personen ist wo immer möglich abzusehen», steht im Konzept. Da entsteht die Gefahr der Diskrimierung und Verarmung von Stoffen und Drehbüchern.

Natürlich ist alles eine Frage der Verhältnismässigkeit. Das Schutzkonzept soll Produzenten bei der Abwägung von Risiken sowie bei der Planung helfen – dazu gehört zum Beispiel die Entscheidung, ob man eine Szene mit alten Darstellern auf später verschiebt oder anders organisiert. Ziel unseres Konzept ist es, dass unnötige gesundheitliche Risiken vermieden und Dreharbeiten nicht unterbrochen werden müssen. Gleichzeitig will man helfen, pragmatische, flexible Lösungen zu finden.

 

Gibt es für das Schutzkonzept Vorbilder aus dem Ausland, zum Beispiel aus Deutschland?

Wir haben zwar Konzepte aus dem Ausland gelesen, es macht jedoch wenig Sinn, solche zum Vorbild zu nehmen, weil die Gesundheitsituation jeweils eine ganz andere ist. So waren in einzelnen Ländern Deutschlands Dreharbeiten teils verboten, in der Schweiz waren sie das nie. Ein weiterer Unterschied: In Deutschland müssen Schutzkonzepte für eine Drehbewilligung von Gesundheitsämtern bewilligt werden, in der Schweiz ist das nicht der Fall. Selbstverantwortung hat hierzulande einen grossen Stellenwert. Wir glauben auch, dass es am meisten bringt, wenn Mitarbeiter selbstverantwortlich denken und während Dreharbeiten zum Beispiel keinen Club besuchen. 

 

Covid-Tests sind, wenigstens im breiten Rahmen, nicht vorgesehen. Aus welchen Gründen?

Da waren wir unschlüssig. Die Verwendung von Tests bietet sicher eine Möglichkeit, um die Risiken eines Unterbruchs zu minimieren. Allerdings empfielt das BAG ja

keine Tests an gesunden Leuten. Auch an ­Schweizer Theatern werden nicht ganze Ensembles jede Woche getestet.

 

Die Kosten werden durch die Schutzmassnahmen steigen.

Gerade gab es dazu eine Sitzung zwischen dem BAK, regionalen Förderern und Produzenten. Mehrkosten durch Schutzkonzepte sind klar kalkulierbar. Bei Kinofilmen werden diese Mehrkosten voraussichtlich durch die Förderer übernommen werden, das ist sicher eine gute Lösung. Die Gesuche müssen bei den Kantonen eingereicht werden, zulasten des Covid-Kredits, in der Hoffnung, dass bis zu 80 Prozent der Mehrkosten übernommen werden, der Rest soll dann durch das BAK, die Regionalförderer und das Fernsehen gemäss ihrem jeweiligen Anteil am Budget finanziert werden. Beim Fernsehen wird noch nach einer Lösung gesucht. 

 

▶  Originaltext: Deutsch

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