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Damit die Magie sich entfaltet

Alexandre Ducommun
22. März 2024

Filmstill aus «Feu feu feu» © Close Up Films

Pauline Jeanbourquins erster langer Dokumentarfilm «Feu feu feu» läuft im nationalen Wettbewerb von Visions du Réel. Porträt einer Regisseurin, die entschlossen ist, ihrer Intuition zu folgen.

Der Dokumentarfilm «Feu feu feu», der im nationalen Wettbewerb von Visions du Réel gezeigt wird, begleitet die siebzehnjährige Heilerin Juliette einen Sommer lang. Im Bestreben, ihre Gabe und ihre Spiritualität besser zu verstehen, teilt die junge Frau ihre Praktiken mit ihrem Umfeld, aber auch mit zehntausenden von Followern auf TikTok. In einem Pfadfinderlager stellt Juliette ihre Talente in den Dienst ihrer Freunde und Freundinnen, indem sie Brandwunden heilt und ihnen die Tarotkarten legt, um ihnen Zuversicht für ihre Zukunft nach der Matura zu geben.

Juliettes «Faiseur de secret»-Gabe dient als Aufhänger, doch der Dokumentarfilm enthüllt rasch seine vielfältigen Facetten und schwankt zwischen Film über das Erwachsenwerden einer Gruppe Jugendlicher und Tagebuch einer ganz gewöhnlichen Maturantin. «Zu Beginn war ‹Feu feu feu› ein Dokumentarfilm über die «Faiseur de secret», doch nun ist es vielmehr die Erzählung eines Sommers durch die Augen einer modernen Hexe», wird Pauline Jeanbourquin beim Betrachten des fertigen Films bewusst. «Mich interessiert vor allem die Suche nach der Magie der Welt, die im Kleinen verborgen liegt». 

Diese Suche widerspiegelt sich in der Vielfalt der Themen, die sich wie zarte Fäden durch den Film ziehen und allesamt Liebeserklärungen an die Kleinigkeiten der Welt sind. Die natürliche Art, wie «Feu feu feu» sich entfaltet, könnte den Eindruck erwecken, es reiche, die Kamera lange genug laufen zu lassen, um magische Momente einzufangen und den Erzählstrang zu spinnen. Hört man jedoch, was die Regisseurin über die Entstehung des Projekts berichtet, so wird rasch klar, dass es in Wahrheit viel mehr Aufmerksamkeit und Geduld braucht, damit die Magie sich entfalten kann.

 

«Mich interessiert vor allem die Suche nach der Magie der Welt, die im Kleinen verborgen liegt.»

Pauline Jeanbourquin

 

Die aus dem Jura stammende Filmemacherin interessiert sich seit ihrer Kindheit für die  «Faiseur de secret». Während des Studiums an der ECAL schlägt ihr im Austausch mit Freunden und Freundinnen aus Orten, wo die Heilpraktik nicht bekannt ist, gleichermassen Faszination und Ablehnung entgegen. So entsteht die Idee zu ihrem Dokumentarfilmprojekt. Im Zuge der Recherchen begegnet Jeanbourquin zuerst einem Heiler, der im Begriff ist, seine Gabe an seine Enkelin weiterzugeben. Die Regisseurin trifft diese Jugendliche und spinnt die Idee ihres Dokumentarfilms weiter, indem sie den Alltag der jungen Frau filmt. Diese lehnt die Gabe schliesslich aber ab, und Jeanbourquin muss von vorne beginnen, doch sie will ihre ursprüngliche Idee nicht aufgeben: Den Alltag einer jungen Heilerin zeigen. Kurz darauf entdeckt sie Juliette auf TikTok: «Als ich Juliette begegnete, war es, wie wenn ich die Intuition wiedergefunden hätte, die mich fünf Jahre zuvor zur Idee für diesen Film inspirierte».

Ab der ersten – fast schon schicksalhaften – Begegnung mit Juliette geht auf einmal alles sehr schnell. Als Juliette das bevorstehende Pfadfinderlager erwähnt, zeichnet sich «Feu feu feu» glasklar ab: «Eine junge TikTokerin, die eine Gabe hat, Hebamme werden will und mit Jugendfreunden und -freundinnen in ein Pfadfinderlager in ein Kloster am Meer fährt: Ein solches Szenario hätte ich mir nicht einmal für einen Spielfilm ausdenken können – und dann bietet die Realität es mir an!» Jeanbourquin kann diese plötzliche Fügung des Schicksals selbst kaum fassen. Sie kontaktiert Flavia Zanon, die den Film produziert, und berichtet ihr von der Gelegenheit. Das Filmteam, bestehend aus Jeanbourquin, Kameramann Augustin Losserand und Tontechnikerin Théodora Menthonnex, beginnt keine zwei Monate später zu drehen.

Wie um das Schicksal herauszufordern, verwenden die Regisseurin und die Schnittmeisterin Malena Demierre ein Tarot aus Bildern des Films, um neue Ideen zu ergründen. «Ich hatte dieses ‹Tarot› als Spielerei für Pauline angefertigt», so Demierre. «Es lag auf dem Tisch herum, und mit der Zeit begannen wir, es zu nutzen, um Blockaden zu lösen und neue Wege aufzuzeigen». Das Ergebnis dieser engagierten gemeinsamen Montagearbeit ist anlässlich der Filmpremiere am Festival Visions du Réel zu entdecken. 

«Feu feu feu» bei Visions du Réel

14. April, 14.00 Uhr (Grande Salle)

15. April, 18.30 Uhr (Théâtre de Marens)

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