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Modernisierung des Urheberrechts ?

Dieter Meier, directeur de SUISSIMAGE
17. Juni 2016

Bis Ende März 2016 konnten interessierte Organisationen und Verbände zur bundesrätlichen Vorlage für ein revidiertes Urheberrecht Stellung nehmen. Der Bundesrat hatte in der Ankündigung seiner Vorlage eine Modernisierung des Urheberrechts in Aussicht gestellt. 

Der Bundesrat stellte fest, dass das digitale Zeitalter sowohl die Zugangsmöglichkeiten zu geschützten Werken als auch die Art ihrer Nutzung verändert hat. Einerseits wollte er diesem Umstand mit Massnahmen zur Bekämpfung der Internetpiraterie Rechnung tragen,  andererseits sollten den heutigen Inter­netnutzungen gerecht werdende neue Verwertungsmodelle geschaffen werden. Im Entwurf finden sich nun Massnahmen zur Pirateriebekämpfung (die noch praxisgerechter ausgestaltet werden müssen), wogegen man neue Vergütungsmodelle für die Berechtigten vergeblich sucht...

Das Internet hat nicht nur zu Tauschbörsen und ­Social-Media-Seiten geführt, sondern auch zu neuen Geschäftsmodellen. So hat das Zugänglichmachen von Kino- und Fernsehfilmen durch Onlineplattformen (VoD) das Vermieten von DVDs abgelöst. Während Filmurheber und Filmschauspieler aufgrund des gesetzlichen Vergütungsanspruchs von Art. 13 URG bisher direkt am Vermietgeschäft partizipierten, ist dies beim Zugänglichmachen über Online-Plattformen heute nicht mehr immer der Fall. 

Die Lizenzerteilung für VoD-Angebote erfolgt gleich wie für das Senden: die Filmproduzentin oder Filmverleiherin schliesst mit dem Onlineanbieter einen Vertrag unter dem Vorbehalt, dass die Rechte der Urheber über deren Verwertungsgesellschaft abzugelten sind. Während dieses System im Bereich der Senderechte seit Jahrzehnten zur Zufriedenheit aller Beteiligter funktioniert, gibt es bei VoD-Angeboten mitunter Probleme. So hat etwa Netflix nach anfänglichen Verhand­lungen die Gespräche mit den Verwertungsgesell­schaften ein­gestellt, weil die rechtlichen Verhältnisse in der Schweiz eher mit jenen in Deutschland vergleichbar seien als mit jenen in Frankreich, wes­halb es im Unterschied zu Frankreich in der Schweiz keinen Anlass für eine Abgeltung der Urheber über Verwertungsgesellschaften gebe.

Der Bundesrat hielt dazu fest, es liege an den Berechtigten, weniger nachteilige Verträge abzuschliessen. Damit verkennt er aber wirtschaftliche Realität und Machtverhältnisse. Bei den VoD-Anbietern handelt es sich häufig um global tätige, marktmächtige Firmen, denen schon die Filmproduzenten oder Filmverleiher (trotz Ausschliesslichkeitsrechten) als schwächere Parteien gegen­überstehen. Schweizer Filme haben über­haupt nur dann eine Chance, auf solchen Plattformen angeboten zu werden, wenn die Lizenzgeber die Bedingungen des Plattformbetreibers akzeptieren. 

Die Rückflüsse aus diesem neuen Geschäfts­modell sind für die Produzentinnen in der Regel derart gering, dass sie kaum die eigenen Kosten decken und schon gar nicht eine Partizipation der Urheber zulassen. Aber auch der Vorbehalt, die Urheber über ihre Verwertungsgesellschaften abzugelten, wird insbesondere von international tätigen Onlineanbietern oft ignoriert. Filmurheber und Filmschauspieler gehen daher bei diesen neuen Geschäftsmodellen häufig leer aus, obschon sie die ersten in der ganzen Wertschöpfungskette sind. Sie bedürfen als schwächere Vertragspartei eines besonderen Schutzes durch den Gesetzgebers, wie dies etwa im Mietrecht oder im Arbeitsrecht üblich ist.

Mit der Verlagerung des Vermietens physischer Werk­exemplare zu Online­angeboten ist eine Lücke entstanden, die es zu schliessen gilt. Vorzusehen ist – parallel zum Exklusivrecht der Filmproduzentin – ein nichtabtretbarer gesetzlicher Vergütungsanspruch der Filmurheber und Filmschauspieler gegenüber dem Online­anbieter für das Zugänglichmachen ihrer Werke im Rahmen solcher VoD-Angebote. 

Ein solcher Vergütungsanspruch wie er in den Gesetzen gewisser europäischer Länder (z.B. Italien, Spanien, Polen) bereits verankert ist, wird europaweit gefordert, um eine Vereinheitlichung für diese Form von grenzüberschreitender Nutzung zu erreichen.

Die Forderung wird von der gesamten Schweizer Filmbranche getragen, denn neben dem ARF/FDS unterstützen auch die drei Verbände der Schweizer Filmproduzentinnen (GARP, IG und SFP) das Anliegen. Sie hat auch Eingang in die Vernehmlassungen einiger politischer Organisationen gefunden. Ohne solche neuen Vergütungsmodelle bliebe die Modernisierung des Urheberrechts ein leeres Versprechen.

Dieter Meier, SUISSIMAGE

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