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«Da kann man nur profitieren»

Kathrin Halter
27. September 2018

Verleiher Wolfgang Blösche von der Filmcoopi kennt Testscreenings vor allem aus Deutschland – und empfiehlt sie der Schweiz sehr.


Wo haben Sie Erfahrungen mit Testscreenings im Ausland gemacht?

Von unseren deutschen Verleihkollegen werden wir regelmässig nach München oder Berlin zu TS von Filmen eingeladen, die wir ins Verleihprogramm der Filmcoopi nehmen wollen. Die TS werden meist von rmc durchgeführt, einer Beratungsfirma aus Wuppertal, die sich auf Marktforschung und TS spezialisiert hat. In Deutschland gibt es meines Wissens nur zwei solcher Firmen. Die meisten deutschen Produzenten und Verleiher führen TS durch, «X-Filme» zum Beispiel testet alle ihre Filme.


Wie laufen diese TS jeweils ab?

Sie werden professionell aufgezogen, mit einem repräsentativ zusammengesetzten Publikum von rund 500-600 Leuten. Zusätzlich zu den Fragebogen gibt es jeweils noch eine rund halbstündige Diskussionsrunde mit ausgewählten Teilnehmern aus verschiedenen demographischen Untergruppen, etwa zwanzig Leute. Mit rmc haben wir auch TS in der Schweiz durchgeführt, zu «Am Hang» und «Nichts passiert». Da ging es allerdings nur noch ums Marketing, beide Filme waren schon fertiggestellt, da konnte nichts mehr verändert werden.


TS sind vor allem in den USA üblich.

Ja, doch während man sich etwa in Deutschland mit einem TS begnügt, werden die Filme von den grossen Studios sogar zwei- bis dreimal, in verschiedenen Schnittphasen, getestet. In Europa sind TS meines Wissens in England und in Deutschland am meisten verbreitet.


In der Schweiz sind TS eine Ausnahme. Was sind die Vorbehalte?

Wir von der Filmcoopi fanden immer, dass man TS auch hier machen sollte. In Deutschland sind Produktionstrukturen wirtschaftlicher ausgerichtet als in der Schweiz, dort ist die Position der Produzenten viel stärker. In der Schweiz ist mit dem Autorenfilm auch die Rolle von Autoren und Regisseuren stärker. «Screenings» finden hier, wenn überhaupt, meist nur im Freundeskreis statt.


Es gibt also auch einen weltanschaulichen Aspekt: TS relativieren das Autoren­konzept.

Das denke ich auch. Autoren wollen ihre Werke ja nicht fremdbestimmt wissen, während Produzenten eher den Markt im Auge behalten. Wobei das Publikum den Film ja nicht direkt beeinflusst, sondern nur seine Meinung abgibt – ich allerdings erfahre die Meinung des Publikums lieber, bevor ich einen Film herausbringe als nachher.


Sehen Sie nicht die Gefahr einer Ver­flachung, bei der besondere, extremere Filme keine Chancen haben?

Extreme Autorenfilme mit künstlerischem Anspruch entstehen ja sowieso, ein Thomas Imbach, ein Georges Schwizgebel oder ein Peter Volkart werden ihre Filme auch ohne TS machen. Sinnvoll sind TS für (Arthouse-)Filme, die für ein grösseres Publikum funktionieren sollen. In Deutschland werden zum Beispiel auch die Filme von Andreas Dresen getestet.


Wo liegen die Grenzen von Testscreenings?

Da kann man nur profitieren, verlieren kann man sicher nichts. TS sind auch nicht gegen die Regie gerichtet, sondern helfen im Gestaltungsprozess des Films weiter. Produzenten vergeben etwas, wenn sie keine TS durchführen. Und wenn ein Film schon gut ist, kann das ein TS bestätigen. Ich bin überzeugt, dass «Die Göttliche Ordnung» auch bei einem TS ein gutes Ergebnis erzielt hätte.


▶ Originaltext: Deutsch


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