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«Die MEDIA-Ersatzmassnahmen sind wichtig, damit die Schweiz sich in Europa vernetzen kann.»

Die Fragen stellte Teresa Vena
28. Juli 2023

John Wäfler nimmt mit Roadmovie seit 2022 am Filmvermittlungsprogramm Cinemini teil. © Sam Bosshard

Um dem Ausschluss aus dem EU-Filmvermittlungsprogramm entgegenzuwirken, sind im Rahmen der MEDIA-Ersatzmassnahmen 100’000 Franken reserviert worden. John Wäfler von Roadmovie berichtet im Interview von den Herausforderungen für eine Schweizer Institution.  

Vom EU-Filmvermittlungsprogramm ist die Schweiz ausgeschlossen. Wie können die MEDIA-Ersatzmassnahmen dies ausgleichen?

Die Filmvermittlung entwickelt sich gerade sehr stark in Europa, vor allem in der Form von Netzwerken. Die Ersatzmassnahmen ermöglichen es uns, daran teilzuhaben. In dem Cinemini-Netzwerk, bei dem wir mit dem mobilen Kino Roadmovie seit 2022 Mitglied sind, werden Filmvermittlungsformate für Kinder von 3-6 Jahren entwickelt und in ganz Europa umgesetzt.

 

Welche sind die Herausforderungen für einen Schweizer Partner in einem Netzwerk?

Wir konnten nur an ein bestehendes Netzwerk andocken. Das bedeutet, dass wir nicht von Anfang an bei der Ausarbeitung der Inhalte und Aktivitäten dabei waren, sondern zunächst vieles übernehmen mussten. Das betrifft insbesondere den Filmkatalog, der in vielen europäischen Netzwerken die Grundlage für die Vermittlungstätigkeit bildet. Zum Glück wurden wir bei Cinemini mit offenen Armen empfangen und konnten uns so schnell aktiv einbringen.

 

Was wird durch den Einstieg in ein bestehendes Netzwerk erschwert?

Wenn wir von Anfang an dabei gewesen wären, hätten wir uns stärker für das Schweizer Filmschaffen einsetzen können. Es ist wichtig, dass mehr Schweizer Filme in die europäischen Filmkataloge aufgenommen werden. Dadurch, dass die Kataloge von Schulen und Kultureinrichtungen in ganz Europa genutzt werden, bieten sie ein ressourcen- und kostensparendes sowie effektives Werkzeug, um ein junges Publikum für das Schweizer Filmschaffen zu begeistern. Wir waren selber vor kurzem an einer Vorführung in einem Wiener Kindergarten, bei dem dank Cinemini mit «Retouches» von Georges Schwizgebel gearbeitet wurde.

 

Der Preis, den die Schweiz also in erster Linie zahlt, ist der fehlende Anschluss an wertvolle Netzwerke?

Durch den Ausschluss aus dem MEDIA-Programm hat man die Schweiz in Europa etwas aus dem Blick verloren. Das ist bedauerlich, denn gerade bei den Netzwerken könnten wir von Europa sehr profitieren. Netzwerke sind mächtige Instrumente für die Zirkulation von Filmen, aber auch für den Wissens- und Erfahrungsaustausch. Das erleben wir ganz nah bei Cinemini. Hier sind grosse Institutionen wie das EYE Filmmuseum in Amsterdam beteiligt, die das Netzwerk zum Sammelpunkt eines Wissens machen, das wir uns alleine nicht erarbeiten könnten.

 

Worin liegen Ihrer Meinung nach die Grenzen der Ersatzmassnahmen und damit die Chancen eines Wiedereinstiegs beim EU-Programm?

Das MEDIA-Programm der EU kann sich viel dynamischer entwickeln. Die Förderlinien werden an die Anforderungen und Veränderungen der Branche angepasst. Diese Änderungen werden nicht automatisch von den Ersatzmassnahmen übernommen. So hat die EU erst nach dem Ausschluss der Schweiz ein bedeutendes Gefäss für die Filmvermittlung geschaffen. In der Schweiz mussten danach zuerst Gelder auf einer bescheidenen Ebene zugeteilt werden. In der Schweiz ist die Förderung auch eng auf Film ausgerichtet, während das EU-Programm für Videospiele und andere audiovisuelle Formate offen ist und spezifisch Aktivitäten ermuntert, die der Publikumsentwicklung dienen.   

 

Europa Cinemas

Als die Schweiz 2014 aus MEDIA (EU) ausgeschieden ist, wurde sie bezüglich des europäischen Kinonetzwerkes Europa Cinemas in das Ersatzprogramm von Eurimages (Europarat) integriert. Die Konsequenz der Angliederung an Eurimages ist, dass die Schweiz den europäischen Film in ihrer Kinolandschaft nach wie vor fördert, der Schweizer Film aber im europäischen Ausland nicht mehr propagiert wird, da er im MEDIA-Förderprogramm nicht mehr in der Quote europäischer Filme figuriert. Aktuell sind 35 Kinos in der Schweiz Teil des Netzwerks. Jährlich erhalten sie je nach Grösse eine finanzielle Unterstützung von durchschnittlich 10’000 bis 20’000 Euro pro Saal. Kumuliert mit den Succès Cinema-Einnahmen des BAK mache die Summe knapp 3 Prozent der Gesamtausgaben aus, bestätigen sowohl Laurent Dutoit, Direktor der Genfer Kinos Les Scala und Le City, als auch Franziska Thomas von den Zürcher Arthouse-Kinos. Die beiden sind sich einig, dass die Kinoförderung in der Schweiz einen höheren Stellenwert braucht, wenn eine vielfältige Kinokultur erhalten bleiben soll. tev

 

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