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Drei Jahrzehnte an vorderster Front

Alexandre Ducommun
13. Januar 2023

Corinne Frei war während 13 Jahren Präsidentin des Vorstands von Cinébulletin. © Christophe Senehi

Nach mehr als 30 Jahren als Leiterin des französischsprachigen Zweigs von Suissimage und deren Kulturstiftung ist Corinne Frei Ende November in den Ruhestand getreten.

Nicht ohne Wehmut räumt Corinne Frei ihr Büro in Lausanne, stapelt in Kartons, was sich im Lauf dreier Jahrzehnte an der Spitze des französischsprachigen Zweigs von Suissimage angesammelt hat. Die Juristin kam am 1. April 1991 zur Verwertungsgesellschaft und erlebte aus nächster Nähe mit, wie die Tätigkeit von Suissimage parallel zur gesamten audiovisuellen Szene der Westschweiz aufblühte. Anlässlich ihrer Pensionierung lässt sie die Entwicklung der Branche, aber auch ihre eigene Rolle darin, Revue passieren.

Vom Aufkommen der privaten Video-Kopie über die Digitalisierung der audiovisuellen Medien bis hin zum DVD-Zeitalter – die Herausforderungen, vor denen das Urheberrecht im audiovisuellen Bereich stand, waren anfangs unüberschaubar. Nimmt man noch die mit der Suissimage-Niederlassung in der Westschweiz und mit der Leitung der Kulturstiftung entstandenen Aufgaben hinzu, fehlte es Frei wahrlich nicht an Baustellen. Doch wenn schon – gerade die Vielfalt der Aufgaben kam ihr immer entgegen. Nach ihrer juristischen Ausbildung hatte sie in der Kulturabteilung der Waadtländer Kantonsverwaltung gearbeitet. Weiterhin im Kulturbereich zu arbeiten, war da naheliegend. «Was mir an Suissimage auf Anhieb gefallen hat, und mir im Grunde heute noch gefällt, ist die Abwechslung. Es gibt die rechtliche Seite, aber mit dem Film auch die kulturelle. Ich hätte nie in einer Bank arbeiten können.» Frei war von Anfang an für die Förderungen der Kulturstiftung von Suissimage zuständig. Diese ist seit 1988 aktiv und konnte viele Branchenakteure durch ein Förderprogramm für Spielfilme sowie verschiedene Hilfen für Werbung, kreative Entwicklung oder das Schreiben von Drehbüchern für Kinderfilme unterstützen. «Das geht alles auf Vorschläge der Mitglieder zurück, die den Stiftungsausschuss bilden und die Bedürfnisse der Branche kennen. Parallel dazu», und das sagt sie nicht ohne einen gewissen Stolz, «hat die Stiftung auch bei der Gründung von FOCAL, dem Regionalfonds, aus dem Cinéforom hervorging, und sogar von Cinébulletin mitgewirkt!» In mehr als dreissig Jahren wurden fast 100 Millionen Franken in die Filmproduktion, in Fernsehfilme oder in die Etablierung neuer Geschäftszweige und Medien investiert. Corinne Frei war übrigens 13 Jahre lang Vorsitzende des Cinébulletin-Vorstands.

 

Leidenschaftliche Kinogängerin

Trotz ihrer Pensionierung will Frei die Branche auch weiterhin nach Kräften unterstützen. «Ich habe ein Abonnement bei der Cinémathèque, bei Pathé, und dann sind da ja auch noch die Festivals. Netflix habe ich noch nicht, aber vielleicht kommt das noch...», platzt es aus ihr heraus. Mit der Einführung der «Lex Netflix» werden sich zweifellos neue Horizonte für die Finanzierung auftun, was auch das Engagement von Suissimage beeinflussen wird. Diese Herausforderung jedoch überlässt sie ihrer Nachfolgerin Réjane Chassot. «Corinne hat alle Filme gesehen, sie kennt alle Filmemacher und Filmemacherinnen und ist mit vielen von ihnen befreundet. Als wir uns zum ersten Mal über Filme unterhielten, waren wir in einem italienischen Restaurant.

Ich habe sie gebeten, mir drei Schweizer Filme zu nennen, die man unbedingt gesehen haben muss. Die von einigen «Espressi» befeuerten Gespräche waren so intensiv, dass ich das ganze Jahr davon gezehrt habe.», so Chassot. Tatsächlich ist es schwer, sich von Freis Begeisterung für das Kino und für ihre Arbeit nicht anstecken zu lassen. «Wie kann das bloss sein, dass ein und dieselbe Person soviel Abgeklärtheit und Leidenschaft in sich vereint?», fragt sich auch David Rihs, Vizepräsident von Suissimage. «Corinne ist nun mal voller Hingabe, eine Kinoverrückte, von Natur aus neugierig auf Begegnung und Austausch.» Sie hofft, diese Beziehungen halten zu können. Man muss dazu sagen, dass die audiovisuelle Szene insbesondere der Westschweiz nicht eben gross ist. «Nach 30 Jahren kenne ich mehr oder weniger jeden; diese sozialen Beziehungen werden mir fehlen. Mit manchen aus der Branche verbinden mich echte Freundschaften, die ich ungern verlieren würde.» Sie, der unersättliche Augenmensch, ist noch immer an Festivals, Konferenzen und anderen öffentlichen Events anzutreffen. Mit Sicherheit wird sie dort auch in Zukunft auf alte Bekannte stossen, mit denen sie sich weiterhin austauschen kann.

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