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Der Schweizer Kurzfilm ­ist zurück im Kino

Pascaline Sordet
20. Mai 2018

«Swiss Made» von Sophie Wietlisbach wurde im Mai in allen Partnerkinos des Programms gezeigt.

Mehr als 150 Kinos in der Schweiz nehmen am «Court du mois» teil, einem Projekt, das Kurzfilmen die Rückkehr ins Kino ermöglicht.


An jedem ersten Freitag im Monat wird man schweizweit die Gelegenheit haben, vor jedem Hauptfilm einen Schweizer Kurzfilm zu sehen – das verspricht «Court du mois». Die Initiative dazu verdanken wir dem Durchhaltewillen von Bruno Quiblier und seinen guten Beziehungen zu den Kinobetreibern. Für den Direktor von Base-Court, Mitglied der neuen Lobbyorganisation für den Kurzfilm Pro Short, hat dieses Format kinematografisch gesehen seine volle Berechtigung. Doch das Publikum weiss nicht, wo genau es den Kurzfilm suchen soll und tut dies auch nur selten von sich aus. Dennoch: Die Kurzfilmnacht in Lausanne blickte letztes Jahr auf ihr 20-jähriges Bestehen zurück, und die anschliessende Tour existiert schon seit 15 Jahren.


Themen koppeln Kurz- und Langfilme

«Es gibt keinen Grund, auf Kurzfilme zu verzichten», sagt Bruno Quiblier, «vor allem, wenn die Kinos mit von der Partie sind.» Doch seit die Fördergelder für den Kurzfilm abgeschafft wurden, gibt es wenig Anreize, diese Filme ausserhalb der Filmfestivals zu verleihen und auszuwerten, und somit sind diese Anlässe oft noch die einzige Gelegenheit dazu. «Ich trug diese Idee schon lange mit mir herum», sagt er. «Seit Langem pflege ich den Kontakt zu Pathé, und wir organisieren in Lausanne den Kurzfilmpreis Prix du court, der jedoch ein lokales Projekt ist. Der Kurzfilm des Monats deckt hingegen das ganze Land ab. Die bessere Präsenz des Schweizer Films und der Mehrwert für die Zuschauer sind schlagende Argumente für diese Initiative.»

Die zwölf Filme pro Jahr möchte er zunächst unter den bereits existierenden auswählen. Im Januar wurden an den Solothurner Filmtagen junge Regisseurinnen und Regisseure aufgerufen, ihre Filme einzureichen, und Base-Court erhielt rund 40 Projekte. Die Hälfte stammte von Amateuren, die andere Hälfte von professionellen Filmschaffenden. Er hofft, dass dieses neue Vertriebsfenster anschliessend die Lust weckt, Filme im Kürzestformat zu realisieren: «Vierminütige Filme brauchen weniger Zeit, Entwicklungs­arbeit und Geld. Ein erfahrener Regisseur oder Amateurfilmer kann somit kurzfristig einen Film herstellen und davon ausgehen, dass er im Kino gezeigt wird – oder zumindest kann er dies hoffen.» Base-Court wird sich dann um die Filmauswahl kümmern. Im Mai eröffnete der Trickfilm «Swiss Made» von Sophie Wietlisbach den Reigen, im Juni folgt «Habitat» von Marcel Barelli als zweiter Kurzfilm.

Nebst der limitierten Dauer von vier Minuten ist die wichtigste Vorgabe für die Filme, dass sie sich für jedes Publikum eignen: «Wenn ich mit einem Verleiher zusammenspanne, kann ich ihm je nach Thema des Langfilms, mit dem der Kurzfilm gekoppelt wird, meine Vorschläge unterbreiten. Doch hier habe ich keine Anhaltspunkte zum Publikum, denn der Kurzfilm wird vor allen Vorführungen gezeigt, also möchten wir Diskussionen vermeiden.»


Mehr Deutschschweizer Kinos gesucht

Die öffentliche Sichtbarkeit der Filme, die im Kino gezeigt werden, ist gewährleistet und beeindruckend hoch. Bruno Quiblier schätzt sie auf 11ʼ000 bis 16ʼ000 Zuschauer für jeden Film, möglicherweise noch mehr, wenn er in der Deutschschweiz, wo das Projekt noch weniger bekannt ist, weitere Kinos vom Vorhaben überzeugen kann. Als Vergleich: 2017 überschritten nur die 15 erfolgreichsten Schweizer Langfilme die Schwelle von 10ʼ000 Kinoeintritten. Das Interesse für die Regisseure ist teilweise auch finanzieller Art: Base-Court geht von einigen hundert Franken für die Filmmiete aus und erhofft sich einen Ertrag von 1ʼ000 Franken pro Film, je nach öffentlicher und privater Förderung des Projekts. Bis jetzt haben die Loterie Romande und Suiss­image Unterstützungsbeiträge angekündigt. Ein guter Anfang: «Ich ziehe es vor, das Projekt jetzt zu starten und bekannt zu machen. Natürlich hätte ich das BAK gern mit im Boot, doch seitdem die Subventionen für punktuelle Projekte abgeschafft wurden, ist das komplizierter.»

Die Kurzfilme kosten die Kinobetreiber nichts. Statt abzuwarten, bis ein vollständiges Budget vorliegt, hat Bruno Quiblier beschlossen, den Sprung ins Ungewisse zu wagen und versucht, die Auswerter mit einem Konzept zu überzeugen, das ihr Programm nicht über den Haufen wirft und letztlich kaum verändert: «Einmal pro Monat gehen sie ein Risiko ein – indem sie einen Werbetrailer gleicher Länge durch einen Kurzfilm ersetzen.» Auf politischer Ebene möchte Bruno Quiblier in den bevorstehenden Verhandlungen über die zukünftige Kulturpolitik des Bundes dem Schweizer Kurzfilm wieder den Platz geben, der ihm gebührt.



▶ Originaltext: Französisch

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