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Carmen Jaquier als Nachwuchstalent in Cannes geehrt

Teresa Vena
19. Mai 2023

© Close Up Films

Carmen Jaquier erhält den «Woman in Motion - Emerging Talent»-Preis der Kering-Stiftung.

Kering ist das französische Unternehmen, dem mehrere Luxusmarken wie Gucci, Saint-Laurent, Puma, Balenciaga, und viele andere gehört. Die Besitzer, erst François Pinault, jetzt sein Sohn François-Henri Pinault, gehören zu den reichsten Männern der Welt. Einen Teil dieses Vermögens wenden sie für die Kunst auf. Pinault Senior hat eine grosse Sammlung zeitgenössischer Kunst, die man an zwei prominenten Standorten und in spektakulären Gebäuden in Paris wie in Venedig besichtigen kann.

Seit 2015 befasst sich die Kering-Stiftung mit dem Programm «Woman in Motion» auch mit Film. Zum Filmfestival Cannes ehrt sie damit internationale weibliche Filmschaffende, die das Unternehmen als Botschafterinnen des Glamours nutzen kann. Entsprechend prominent sind die Namen, auffällig US-Amerika-lastig, denen man dabei begegnet. Das sind 2023 Katie Holmes, Cate Blanchett oder Eva Longoria.

Eine Frau der Stunde ist seit der Oscar-Verleihung und ihrer Auszeichnung zur besten Hauptdarstellerin des Jahres für ihre Leistung in «Everything Everywhere All At Once» Michelle Yeoh. Kering würdigt die Malaysierin mit chinesischen Wurzeln, die zwischen dem Hong Kong-Kino und Hollywood hin- und herpendelt, und vergibt ihr den «Woman in Motion»-Preis. Auch ihr kann man bei einer zu diesem Zweck organisierten moderierten Begegnungen.

 

Schweizerin als Nachwuchstalent geehrt

Über die Zugpferd-Namen hinaus sind auch weitere Filmemacherinnen Teil des Programms. An verschiedenen Galen und über eine Reihe von Video- und Audiointerviews bekommen die Frauen Sichtbarkeit und können sich vernetzen. Das ist für die bereits arrivierten Persönlichkeiten kaum noch sehr bedeutend, doch umso mehr für die jungen Frauen, für die der ebenfalls jährlich verliehenen Preis des «Woman in Motion – Emerging Talent» bestimmt ist. 2023 bekommt ihn die Schweizerin Carmen Jaquier, deren erster Langspielfilm «Foudre» gerade in den Kinos angelaufen ist, nachdem er schon auf eine bemerkenswerte internationale Festivalkarriere zurückblicken kann.

Die Besonderheit dieser Auszeichnung ist, dass sie von Preisträgerin zu Preisträgerin überreicht wird. Im letzten Jahr ging sie an die schwedische Regisseurin Ninja Thyberg, die jetzt Jaquier als ihre Nachfolgerin ausgewählt hat. Thybergs Langfilmdebüt «Pleasure», Premiere in Sundance 2021, überzeugt durch einen differenzierten und eindringlichen Blick auf die US-amerikanische Pornoindustrie.

Filmstill aus «Foudre» © Close Up Films

Die Gemeinsamkeiten zwischen Thyberg und Jaquier sind auffällig. Beide Frauen interessieren sich für das Machtgefälle zwischen den Geschlechtern und wie Sexualität darin eine entscheidende Rolle spielt. Jaquier entscheidet sich, ihre Geschichte ins frühe 20. Jahrhundert und in eine entlegene geografische Region (Wallis) zu verorten, während «Pleasure» in der Gegenwart verankert ist. Dennoch lassen sich ähnliche Verhaltensmuster in beiden festmachen, was aufzeigt, wie alt und verfestigt gewisse Gedanken und Überzeugungen sind.

 

Preisgeld für nächstes Filmprojekt

Zusätzlich zur internationalen Aufmerksamkeit geht mit der Würdigung als vielversprechendes Nachwuchstalent ein Preisgeld von 50'000 Euro einher, das in Jaquiers nächste Arbeit einfliessen soll. Die Regisseurin äusserte sich in einer offiziellen Meldung von Kering sehr geehrt. «Ich bin sehr dankbar, diesen Preis zu erhalten, besonders von einer visionären und inspirierenden Regisseurin wie Ninja Thyberg», sagt sie, «Ich empfinde besondere Gefühle für all die Menschen - Techniker, Produzenten, Drehbuchautoren, Schauspielerinnen und Schauspieler -, die sich für meinen ersten Spielfilm 'Thunder' vehement an meiner Seite eingesetzt haben.»

Thyberg fand ebenfalls nur warme Worte für ihre Kollegin: "Thunder' ist ein unglaublich schöner, lebensbejahender und innovativer Film, der konventionelle Vorstellungen von Sexualität, Gott, Schmerz und Erlösung infrage stellt. Carmen Jaquier ist ihrer weiblichen Hauptfigur zu 100 Prozent treu, und dieser Film hat einen wirklich weiblichen Blick. Es ist eine grosse Ehre, diesen Preis an sie weiterzugeben.»

 

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