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Die neuen Filmgesetz-Verordnungen

Roland Hurschler
13. Januar 2023

Roland Hurschler ist Geschäftsleiter ARF/FDS, Verband Filmregie und Drehbuch Schweiz. Texte original allemand Cinebulletin.ch / 01 / 2023 - 27 © Martin Guggisberg

Am 2. November hat der Bundesrat die Vernehmlassung zur Verordnung zur «Quote für Europäische Filme» und jener über die «Investitionen ins Schweizer Filmschaffen» eröffnet. Darin sind die Ausführungsbestimmungen für das geänderte Filmgesetz («Lex Netflix») festgelegt, das am 15. Mai 2022 von der Bevölkerung mit 58,1 % Ja-Stimmen angenommen wurde.

Die Verordnung über die 30%-Quote für europäische Inhalte für Fernsehdienste und Online-Anbieter ist schlicht eine Anpassung an EU-Recht, ohne die die Schweizer Audiovisions-Industrie in Europa noch stärker isoliert worden wäre. Die Verordnung regelt nun, welche Produktionen angerechnet und wie der vorgegebene Anteil sichergestellt werden kann.

Die Verordnung zur 4%-Investitionspflicht regelt per 1.1.2024 die Investitions-Auflagen für alle grösseren Anbieter von Filminhalten in der Schweiz. Bisher waren nur einzelne inländische Anbieter wie z.B. Teleclub (neu «blue») und überregionale Privat-TV-Stationen erfasst worden. Die Bestimmungen für letztere waren im Radio- und TV-Gesetz sehr löchrig formuliert.

Es war immer klar, dass es sich bei der «Lex Netflix» primär um eine wirtschaftlich orientierte Gesetzesanpassung handelt, um Standortförderung und die internationale Verbreitung von Schweizer Filmkultur. Darin gründete die weite Allianz innerhalb der Schweizer Filmbranche, umgelagerter Kultur- und Tourismus-Organisationen sowie in der Politik.

Doch was bedeutet die Vorlage für die kulturellen Aspekte im Schweizer Filmschaffen? Was für die fragile Position der für die Film-Inhalte verantwortlichen Urheber und Urheberinnen, also diejenigen, die die Drehbücher schreiben und die Regie verantworten? Natürlich sehen auch die Drehbuchautoren und Drehbuchautorinnen und Regisseure und Regisseurinnen das neue Filmgesetz als Chance zur Weiterentwicklung, für neue job opportunities und für wachsende Professionalisierung. Mehr Aufträge bringen mehr Arbeitskontinuität und mehr Erfahrung; höhere Budgets ermöglichen eine längere und vertieftere Arbeit in gewissen Produktionsphasen, was oft entscheidend für den Erfolg eines Films oder einer Serie ist.

Gleichzeitig herrscht Ungewissheit, ob die mächtigen internationalen Akteure nicht das bewährte einheimische Kräfte-Gleichgewicht zwischen Produktion, Urheberschaft und Auswertung torpedieren werden. Um diese Erfolgsbasis des einheimischen Schaffens zu stärken, gilt es die Schweizer Verwertungsregelungen ebenfalls bei den neuen Produktions- und Distributionsformen zu wahren. Wie u.a. in Frankreich und Belgien, gibt es in der Schweiz bereits breit akzeptierte Branchenüblichkeiten für den linearen Bereich. Diese stellen sicher, dass die Urheber und Urheberinnen der Filminhalte verhältnismässig an der Nutzung ihrer Werke beteiligt werden.

 

Verwertungsregelungen

Diese seit Jahrzehnten bewährten Regelungen – die in den Musterverträgen festgehalten sind – müssen deshalb unbedingt beibehalten werden. Die neue Filmgesetz-Verordnung bietet z.B. bei Art.13 («Vergütungen an zugelassene Verwertungsgesellschaften») einen guten Ankerpunkt. Ansonsten entfallen auch wichtige Vergütungen aus dem Ausland, insbesondere für VoD-Auswertungen in starken Exportmärkten.

Sogenannte «Buy out»-Regelungen, wie sie im angelsächsischen Raum geläufig sind, sind im Schweizer Produktions- und Auswertungssystem unerwünscht. Wenn die Filmverordnungen auch den Kreativbereich im Schweizer Film nachhaltig stärken wollen – und nicht nur den Produktionsstandort – dürfen sie diesem System keinen Vorschub leisten.

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