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Kreative Möglichkeiten in der 3D-Welt

Muriel Del Don
01. November 2022

Cornerstone.land besteht aus 100 virtuellen Parzellen auf einer vulkanischen Insel. © ZOAN/Cornerstone metaverse

Trotz des aktuellen Medienrummels rund um das Metaverse scheinen die Filmschaffenden sich ihm nur zögernd annähern zu wollen. Dabei bietet die erweiterte Realität zahlreiche kreative Möglichkeiten – Zeit für einen Dialog zwischen den beiden Welten.

Metaverse: Was versteckt sich hinter diesem Begriff, den viele mit einer diffusen Dystopie assoziieren, in der sich junge, gaming-begeisterte Geeks tummeln? Im Gespräch mit Fachleuten der Branche entsteht ein ganz anderes Bild der 3D-Welt, das weit über die gängigen Klischees hinausgeht – eine faszinierende, komplexe Welt, die anregt zum Nachdenken über brandaktuelle Themen wie die Darstellung des menschlichen Körpers oder Umweltfragen.

Seit Mark Zuckerberg Facebook in Meta umbenannt hat, haben alle wichtigen Wirtschaftszweige begonnen, sich mit digitalen Tools zu befassen. Zugegebenermassen haben viele von ihnen gerade auf visueller und ästhetischer Ebene nicht viel zu bieten, doch es gibt auch zahlreiche junge VR-Studios wie das finnische Zoan, die immer innovativere Projekte lancieren. «Im Metaverse ist die Vorstellungskraft die einzige Grenze», so Laura Olin, Chief Operating Officer und Partnerin bei Zoan. «Das Metaverse bietet auch Künstler:innen einen Raum, wo sie sich mit Gleichgesinnten austauschen und zusammenarbeiten können, eine virtuelle Gemeinschaft, bei der das kreative Schaffen im Vordergrund steht.»

Das Metaverse hat grosse Pläne, die sich nicht auf die bekanntesten Anwendungen wie Zoom-Meetings oder Computerspiele beschränken. In den vergangenen Jahren wurden zum Beispiel virtuelle Konzerte veranstaltet, ein Musik-Themenpark mit Konzertsaal gegründet (Warner Music Group Land) und verschiedene Unterhaltungsprojekte lanciert, wie die virtuelle CNN-Serie «Metalove» rund um die Hochzeit der brasilianischen Architektin, Designerin und Forscherin Rita Wu.

 

Chancen für die Branche

Wo bleibt der Film bei all dem? Was verbindet die siebte Kunst und das Metaverse? Paola Gazzani, Leiterin des professionellen und digitalen Programms am GIFF, das anlässlich seiner 28. Ausgabe eine Gesprächsrunde über die Beziehungen zwischen Film und Metaverse organisiert, erklärt: «In den letzten Jahren wurden beeindruckende technologische Fortschritte erzielt, insbesondere dank Software und Tools zur 3D-Erstellung in Echtzeit wie Unreal Engine, die äusserst leistungsfähig sind und verblüffende grafische Effekte ermöglichen». Zudem erlaube diese «unerwartete» Partnerschaft in gewissen Fällen, die Produktion und Postproduktion von Filmen zu verbilligen – wie es Niels Juul tut, der frühere Produzent Scorseses, der seine Filme künftig mit dem Verkauf von NFTs (Non-Fungible Tokens) querfinanzieren möchte – oder die Reisetätigkeit der Filmteams zu reduzieren, was in finanzieller und ökologischer Hinsicht Vorteile bringt.

Das Metaverse biete enorme Möglichkeiten, doch gerade im Bereich des Renderns gebe es noch Raum für Verbesserungen, so Gazzani weiter. Zudem sollten die neuen Technologien ihrer Meinung nach auch zum Nachdenken über die audiovisuelle Branche und die Gesellschaft im weiteren Sinne anregen: Wozu sollten Künstler:innen Werke für das Metaverse oder die virtuelle Realität erschaffen? Und was soll damit vermittelt werden? Bezüglich Möglichkeiten und Grenzen der 3D-Welt sagt Anthony Masure, Dozent an der HEAD in Genf, die Bilder der virtuellen Realität seien immer noch sehr schematisch, insbesondere was die Darstellung des menschlichen Körpers angeht. «Im Film zeigen wir die Dinge mit einer Eleganz, die im Metaverse derzeit noch fehlt. Dort werden menschliche Körper immer noch auf sehr geradlinige, geschlechterspezifische und stereotype Weise dargestellt. Der Film könnte in dieser Hinsicht eine neue, faszinierende und optisch elegante Kultur schaffen», so Masure. Beispiele für die gelungene Verbindung von virtueller und audiovisueller Welt sind etwa «We Met in Virtual Reality» des britischen Regisseurs Joe Hunting, der eine sehr bekannte VR-App namens «VR Chat» nutzt, die Netflix-Serie «Arcane» oder das für nächsten Frühling geplante fotorealistische 3D-Metaverse Cornerstone.land von Zoan. Obwohl das Metaverse dem Film zahlreiche kreative Möglichkeiten eröffnet, ist der Dialog zwischen dieser virtuellen Welt und der Filmbranche noch etwas zurückhaltend; er würde es gewiss verdienen, vertieft zu werden.

 

Originaltext Französisch

Gesprächsrunde im Rahmen des Geneva Digital Market (GIFF)

«Gamification of cinema: how to shoot your next movie
in the metaverse?»

8. November, 16.00 -17.30 (RTS, Studio 4)

Mit Laura Olin (Zoan), Baptiste Planche (SRF), Mikko Kodisoja (Fireframe), Joe Hunting (Regisseur)

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