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«Filme sind elementar für die Identitätsbildung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.»

Teresa Vena
13. Januar 2023

Filmstill aus «Hotel Sinestra» von Michiel ten Horn © Solothurner Filmtage 2023

Ein junges Publikum braucht Geschichten aus seinem kulturellen Umfeld und in der eigenen Sprache. Davon sind die Mitglieder der AG Kinderfilm, Karin Heberlein, This Lüscher, Carola Stern, Julia Tal und John Wäfler, überzeugt. Ein Kollektivinterview.

Wieso braucht die Schweiz eine eigene Kinder- und Jugendfilm-Produktion?

Kultur bietet die Möglichkeit, das eigene Leben zu reflektieren. Und was für Filme man in der Kindheit und Jugend sieht, wo und wie man sie erlebt, prägt den Geschmack und die Freude am Film im Erwachsenenalter. Mit anderen Worten: Publikumsgewinnung beginnt bei den Kindern. In anderen europäischen Ländern hat man das längst erkannt und fördert daher den Kinderfilm gezielt und mit substantiellen Mitteln.

 

Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, damit die Produktion zukunftsfähig wäre?

Es sind Massnahmen in den verschiedensten Bereichen nötig: Die Aufmerksamkeit bei den Förderungen schärfen, Filmschaffende und Kommissionsmitglieder weiterbilden, Module in Filmschulen entwickeln und – besonders wichtig – Fördermittel zur Verfügung stellen, die Produktionen für ein junges Publikum in der Entwicklung, Herstellung, Auswertung und Vermittlung unterstützen. Dabei sind alle Akteure der Filmbranche gefragt.

 

Was lässt sich aus dem europäischen Ausland für die Schweiz ableiten?

Die Länder, die erfolgreich kontinuierlich Produktionen für ein junges Publikum produzieren, nutzen alle die oben genannten Massnahmen. Länder, die Produktionen für ein junges Publikum erst seit Kurzem fördern, gelang eine schnelle Veränderung durch reservierte Gelder für die Entwicklung und Produktion bei den wichtigsten Förderungen, für die Produktion von fiktionalem Inhalt fürs Fernsehen und nationale Streamingdienste sowie mit der Unterstützung von Verleih und Kinos, die Kindern und Familien ein mutiges und innovatives Programm bieten.

 

Liess sich in den Gesprächen mit bestimmten ausländischen Akteuren ein Interesse an einer Zusammenarbeit mit der Schweiz feststellen? In welchen Bereichen könnte sich die Schweiz bei Koproduktionen besonders profilieren?

Grundsätzlich sind alle europäischen Länder, die sich den Film für ein junges Zielpublikum auf die Fahne geschrieben haben, interessiert an anderen, die das ebenfalls tun. Konkret zeigen sich die Niederlande offen für eine Zusammenarbeit mit der Schweiz, wie auch Institutionen in Deutschland und Österreich. Die Stärken der Schweiz sind, wie auch im Filmschaffen für Erwachsene, ihre Multikulturalität, Förderungen wie die Filmstandortförderung FISS, gut ausgebildete Techniker und Technikerinnen, schöne Drehorte und vieles mehr.

 

Wie kann man gezielt dafür sorgen, dass Stoffe für Kinder- und Jugendfilme vermehrt auch divers in Bezug auf Sozialklassen, Nationalitäten und körperliche wie physische Realitäten bleiben?

Wie bei Stoffen für Erwachsene muss dafür die Filmbranche insgesamt diverser werden. Ausserdem sind die Auswahlkriterien bei den Förderungen zu bedenken. Eine weitere Hilfe wäre der Einbezug des Zielpublikums bereits in der Stoffentwicklungsphase. Kinder und Jugendliche sind diesbezüglich oft viel weiter als die älteren Generationen. Wie Erwachsene haben auch Kinder und Jugendliche ein Recht auf eine Vielfalt an Geschichten und auf solche, die ihre Lebensrealitäten widerspiegeln. Der Bezug auf die immer gleichen Vorlagen kann dies auf Dauer nicht leisten. Daher braucht es gerade beim Kinderfilm vermehrt aktuelle Originalstoffe.

 

Wie wichtig ist im Bereich der Kinder- und Jugendfilme das Ausloten alternativer Formate, Serien, kurze Filme oder auch Interaktives, und alternativer Vertriebsformen?

Hier gilt das Gleiche wie für Erwachsene. Alle Formate, die kulturelle Teilhabe ermöglichen, sind wichtig. Dabei muss man auch die verschiedenen Altersgruppen berücksichtigen. Zum Beispiel sind 90-minütige Kinofilme für kleine Kinder zu lang. Für sie braucht es im Kino mehr kurze Filme oder Kurzfilmprogramme mit einer Länge von maximal einer Stunde. Jugendliche wiederum haben andere Sehgewohnheiten. Hier spielen alternative Formate und ihre Vertriebsformen eine wichtige Rolle.

Podiumsdiskussion der AG Kinderfilm an den Solothurner Filmtagen:

Was wir von Europa lernen können – Eine Kinderfilmstrategie für die Schweiz

21. Januar, 14:00 Uhr | Kino im Uferbau

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