MENU Schliessen

Mitteilungen


18.01.2024

Jia Zhang-Ke Ehrengast Visions du Réel


Visions du Réel freut sich, den herausragenden Filmemacher Jia Zhang-Ke als Ehrengast der 55. Ausgabe (12. bis 21. April) begrüssen zu dürfen. Jia Zhang-Ke ist einer der bedeutendsten Regisseure und Schlüsselfigur des unabhängigen chinesischen Kinos sowie ‒ im weiteren Sinne ‒ des zeitgenössischen FilmsEr wird im Rahmen des Festivals eine Masterclass halten, in der er sein vielschichtiges und einnehmendes Werk ausloten wird, das die Geschichte seines Landes hinterfragt und die Seelen ergründet, die es bewohnenIm Lauf des Festivals wird eine Retrospektive seiner Filme gezeigt. 

«Seit dem Ausbruch von Covid-19 habe ich China seit fast vier Jahren nicht mehr verlassen. Die 55. Visions du Réel wird meine erste Reise nach Europa nach diesen vier Jahren sein. Ich fühle mich, als würde ich wieder die Welt umarmen, so aufgeregt wie ein Kind, das zum ersten Mal auf eine lange Reise geht. Ich begebe mich nach Nyon, für ein Kino, das die Welt so zeigt, wie sie wirklich ist.» . – Jia Zhang-Ke

Jia Zhang-Ke, geboren 1970 in der von der Chinesischen Mauer begrenzten Bergbauregion Shanxi, ist ein gefeierter Vertreter des zeitgenössischen Kinos. Er gehört zu einer Generation von chinesischen Filmemachern, die von den Tian’anmen-Protesten geprägt wurde. Seine eklektische Filmografie von mehr als 20 Werken nimmt Anleihen beim Genrekino wie auch beim Dokumentarfilm. Jia Zhang-Ke hat in den letzten zwei Jahrzehnten ein filmisches Oeuvre geschaffen, das ebenso kohärent wie chamäleonartig ist: Von Thrillers und Dokumentarfilmen über eine Vielzahl von hybriden Formen, auch mal von Laiendarstellern umgesetzt, Fiktionen auf realer Leinwand, bis hin zu nüchtern Erzählung die durch Fantasy-Elemente zum sprühen gebracht werden.

Für sein stilistisch facettenreiches Gesamtwerk schöpft Jia Zhang-Ke sämtliche technische Möglichkeiten (16 und 35 mm, DV, HD…) aus. Als bildender Künstler ermöglicht er ein subtiles und subversives Eintauchen in die chinesische Gesellschaft, das von unterschwelligem Realismus geprägt ist. Sich der Zensur widersetzend verteidigt Jia Zhang-Ke unermüdlich die kulturelle Bedeutung des Filmemachens in seinem Land. In epischen Erzählungen bemüht er sich, individuelle, vielgestaltige Lebenswege darzustellen, die mit der Vorstellung brechen, dass sich das Individuum in der Historie seiner Nation auflösen muss.

Immer bereit, sich mit den Realitäten der jüngsten Geschichte Chinas auseinanderzusetzen, erabeitet der Filmemacher einen zutiefst humanistischen Ansatz, der sich auf Erinnerung und Gedenken stützt. Um dies zu erreichen, kultiviert Jia Zhang-Ke eine erzählerische Polysemie, die ihre Aufmerksamkeit auf den Alltag gewöhnlicher Leute richtet die in «Mittelregionen» zwischen archaischem Landleben und boomenden Megastädten angesiedelt sind.

Jia Zhang-Kes Filme stellen somit die Versprechungen und Trugbilder der chinesischen Modernisierung auf den Prüfstand, die seit den 1960er Jahren im Eiltempo vorangetrieben wurde. Mithilfe romanhafter und sensibler Gegenerzählungen hinterfragen sie die Auswirkungen dieses kollektiven Narrativs, unter anderem das Aufkommen des verstaatlichten Kapitalismus auf den Menschen. Eine essentielle, eindringliche Filmografie, die oftmals zum Opfer der strengen staatlichen Zensur gefallen ist.

(Mediamitteilung)