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Mitteilungen


02.11.2020

Entscheidungen des Bundesrats – die Schweizer Kinos sind gefährdet


Die Verbände ProCinema, SKVI/ACS und fds nehmen die Entscheidungen des Bundesrats vom 28. Oktober mit grosser Besorgnis zur Kenntnis.

 

Unsere Verbände sind sich des Ernstes der epidemiologischen Situation und der Notwendigkeit zur Eindämmung der Pandemie wohl bewusst. Wir stellen aber auch fest, dass die Massnahmen betreffend den Kulturbetrieb und insbesondere die Kinosäle gut gemeint, aber nicht gut gemacht sind. Die Begrenzung der Saalkapazitäten auf 50 Personen setzt faktisch das Überleben der Kinos aufs Spiel. Diese Massnahmen gefährden die Wirtschaftlichkeit der Lichtspielhäuser und damit auch die Wirtschaftlichkeit der gesamten Kinobranche in der Schweiz.

In einer solchen Situation hätte der Bundesrat entweder die aktuelle Regelung mit den Hygienekonzepten beibehalten sollen – die sich nachweislich bewährt haben, da kein einziger Covid-19-Fall aufgetreten ist (siehe unten) – oder die Verantwortung für die Schliessung der Kinos übernehmen müssen.

Die Lichtspielhäuser können unter diesen Bedingungen nicht überleben und können daher nicht akzeptieren, dass ihre Existenz derart in Gefahr gebracht wird, ohne dass beträchtliche Entschädigungen für ihren Verdienstausfall bereitgestellt werden. Die erwähnten Kinoverbände werden alle nötigen Schritte ergreifen, damit ihre Rechte gewahrt werden.

 

Eine Kapazitätsbeschränkung mit wirtschaftlich schwerwiegenden Auswirkungen

Es wird davon ausgegangen, dass ein Kinobetrieb mit den heutigen Massnahmen wirtschaftlich bleibt, was bei der Begrenzung auf 50 Personen pro Vorführung nicht der Fall ist. Diese Beschränkungen sind halbherzige Massnahmen, die dem Betrieb der Kinosäle und damit auch der gesamten Filmindustrie, einschliesslich den Filmverleihern, den Produzenten sowie den Regisseuren, Technikern und Schauspielern, schaden.

Obwohl die Kinos ihre Besucher in einem sicheren Umfeld empfangen können, schwächt die Begrenzung ihre wirtschaftliche Situation deutlich. Zur Erinnerung: 2019 gab es in der Schweiz 605 Grossleinwände und 101'173 Kinosessel (im Durchschnitt 167 Plätze pro Saal). Eine Belegung mit maximal 50 Personen bedeutet eine Begrenzung auf 30 % der durchschnittlichen Kapazität.

Mit solchen Einschränkungen wird es schwierig werden, Filmverleiher davon zu überzeugen, neue Filme zu veröffentlichen, da die Möglichkeiten, ihre Kosten zu amortisieren, drastisch reduziert werden. Faktisch dürften die Entscheidungen des Bundesrats dazu führen, dass einige Kinos schliessen müssen. Dies wiegt umso schwerer, als die Schliessung der Kinos in den Nachbarländern das Angebot an neuen Filmen in der Schweiz in den nächsten Wochen ohnehin beträchtlich einschränken wird, da unser Land grösstenteils von den Veröffentlichungsplänen der Nachbarländer abhängt.

 

Ein bewährtes Schutzkonzept

Die Schweizer Kinos stützen sich auf ein umfassendes und bewährtes Schutzkonzept, das seit der Wiedereröffnung der Säle Anfang Juni gilt. Bis heute wurde keine einzige Covid-19- Infektion in einem Kino nachgewiesen und die Durchführung von bedeutenden Veranstaltungen wie dem Filmfestival Zürich oder dem Festival du film français d’Helvétie in Biel war möglich. Das Konzept ist offensichtlich angemessen, da der Bundesrat es auf andere Bereiche ausgedehnt hat. Zur Erinnerung: Die Hauptmassnahmen sind das Social Distancing (reduzierte Belegung der Säle), das Contact Tracing und die Maskenpflicht.

 

Schnelle und kohärente Massnahmen notwendig

Seit Mitte Juni liegt die Besucherfrequenz in den Kinos auf einem extrem niedrigen Niveau (Rückgang um rund 65 % gegenüber 2019), da die Kapazitäten der Säle auf 60 % begrenzt sind. Ausserdem spielt die nicht ausreichende Anzahl neuer Filme und das Klima der Angst eine Rolle. Die Betreiber der Kinos waren dennoch motiviert, durchzuhalten, da sie sich bewusst waren, wie wichtig es ist, den Kontakt mit dem Publikum zu halten und ihm eine Möglichkeit zu sozialen Begegnungen und für kulturelle Erlebnisse zu bieten, die für die psychische Hygiene in Krisenzeiten sehr wichtig sind. Manche unter ihnen konnten auch Staatshilfen wie die Kurzarbeit oder die Entschädigungen für den Teil-Lockdown und die Zeit des Wiederhochfahrens der Aktivitäten in Anspruch nehmen. Es muss allerdings betont werden, dass die Umsetzung in manchen Kantonen dazu geführt hat, dass zahlreiche Kinos keinerlei Entschädigung in Anspruch nehmen konnten (ausser Kurzarbeitentschädigungen). Es ist unverzichtbar, dass der Bund in diesem Bereich wieder die Führung übernimmt und eine Gleichbehandlung der Kinos untereinander unabhängig von ihrem Standortkanton, aber auch gegenüber den anderen Kultur- und Freizeitangeboten, sicherstellt.

Die Schweiz kann stolz auf ihre aussergewöhnliche Kinodichte – von den Grossstädten über die kleineren Städte bis hin zu den ländlichen Gemeinden – sein. Doch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Epidemie bedrohen die Existenz vieler Säle und werden die gesamte Kinolandschaft beeinflussen. Die Filme, die jedes Jahr in der Schweiz produziert werden, dürften an Sichtbarkeit verlieren und so manches Festival wird grossen Infrastrukturproblemen gegenübersehen.

Die Angebotsdichte wird in den nächsten Wochen und Monaten ohne ein starkes Engagement des Gemeinwesens nicht aufrechterhalten werden können. Die Hilfen und Unterstützungen müssen unter allen Umständen weitergeführt und verstärkt werden, und beträchtliche Mittel müssen zur Verfügung gestellt werden, um die Bearbeitung der Anfragen zu beschleunigen.