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Gastkommentar

Wo bleiben die Westschweizer Schauspieler?

Julien Opoix, Schauspieler
14. Mai 2018

Julien Opoix, Schauspieler

Erinnern Sie sich an die ersten Western, in denen Indianer von verkleideten weissen Schauspielern dargestellt wurden? Sieht man sich die von der RTS und ihren Partnern produzierten Spielfilme der letzten fünf Jahre an, erhält man den Eindruck, das Vorgehen sei ähnlich. In den Hauptrollen der Spielfilme, die seit 2013 koproduziert wurden, treten fast ausschliesslich belgische oder französische Schauspieler auf. Doch die RTS bekennt auf ihrer Website, grosse und ausgefallene Geschichten zeigen zu wollen, die sich vom internationalen Spielfilmangebot deutlich abheben. Die Serien sollen über ihre Verankerung, über die Landschaften, aber auch über die Darstellerinnen und Darsteller Lokalkolorit ausstrahlen.

Der Sender widerspricht sich, denn für die Rolle des Politikers aus Fribourg, der Schwester eines Genfer Bankiers, einer nach Gruyères Heimkehrenden oder eines Mannes, der ins Wallis zurückkommt, wird jeweils ein Schauspieler oder eine Schauspielerin aus einem Nachbarland ausgewählt. Auch für wichtige Nebenrollen wird im Ausland gesucht, sodass für Westschweizer Schauspieler nur noch die Rollen übrigbleiben, in denen oft kaum mehr als ihre Umrisse erkennbar sind.

Die Zwänge der Koproduktionsverträge

Die häufigste Antwort verweist auf das harte Gesetz der Finanzierung. Die Koproduktionsverträge mit Frankreich oder Belgien sehen oft vor, dass die Hauptrollen den ausländischen Schauspielern zuzuweisen sind und als Ausgleich die Produktionsmittel erhöht und das Verbreitungsgebiet erweitert wird. Doch über drei Viertel der Finanzierung sind Subventionen aus der Schweiz und dabei gilt die Regel, dass für Produktion, Drehbuch, Regie, Technik und Schauspiel so viele Personen wie möglich aus der Region zu berücksichtigen sind.

Da die Koproduktionsbedingungen, die auch klare Vorteile haben, schon zu Beginn des Projekts bekannt sind, wäre doch auch eine Handlung vorstellbar, in der Figuren aus Belgien, Frankreich und der Schweiz auf­einandertreffen.

Eine weitere oft gehörte Antwort ist, dass die hiesigen Schauspielerinnen und Schauspieler nicht über dasselbe Niveau und dieselbe Erfahrung verfügen wie ihre Kollegen aus Belgien oder Frankreich. Doch wie soll man Erfahrungen sammeln, sich weiter­entwickeln und die Leinwand erobern, wenn man nur selten für eine Rolle berücksichtigt wird? Solange die Darstellerinnen und Darsteller aus der Romandie in den Hintergrund gerückt werden, ist es für sie unmöglich, sich zu beweisen.

Beim SRF hilft der Dialekt

Die Spielfilme aus der Deutschschweiz sind dank des Dialekts von diesem Nachteil verschont. Das SRF weist den einheimischen Schauspielern durchaus auch Hauptrollen zu. Das Publikum erkennt sich in ihnen wieder, sie teilen seinen Alltag. Es kann sie mögen und sich mit ihnen identifizieren. Es erstaunt also wenig, dass die Deutschschweizer fast jedes Jahr den Prix Swissperform für die beste Schauspielerin und den besten Schauspieler einheimsen, während die Westschweizer oft nur in der Kategorie der besten Nebenrollen eine Chance haben.

Die Spielfilme aus der Romandie sind die einzigen weltweit, bei denen Einheimische meistens von ausländischen Schauspielern dargestellt werden. Dies obschon sich die Produktionen von RTS in erster Linie an ein Westschweizer Publikum richten. Die Schweizer Bevölkerung hat ihre starke Verbundenheit mit der SRG gezeigt, indem sie die No-Billag-Initiative haushoch ablehnte. Die Verantwortung der RTS liegt nun darin, dass sie ihre Verpflichtungen ernst nimmt und für die Hauptrollen in ihren Spielfilmen einheimische Darstellerinnen und Darsteller engagiert. Damit würde sie unsere kulturelle Identität in die Welt tragen.

▶ Originaltext: Französisch

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