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Vom Berufsleben nach der Filmhochschule


13. November 2017

Im Rahmen des Industry Lab wurde am letzten Freitag an den Internationalen Kurzfilmtagen Winterthur über das Thema «Knackpunkt Talentförderung» diskutiert. Moderiert wurde das Panel von Lucie Bader (Verlagsleiterin Cinébulletin). Zu reden gab besonders der neue Wettbewerb «Fast Track» der Zürcher Filmstiftung.

Wie gelingt nach der Filmhochschule der Einstieg ins Berufsleben? Wie der Sprung vom Kurz- zum Langfilm? Und welche Institutionen bieten hier allenfalls Unterstützung – mit Förderangeboten, die speziell auf Newcomer oder Erstlingsfilme zugeschnitten sind? Solche Fragen diskutierten Corinna Marschall (Media Desk Schweiz), Andreas Bühlmann (Swiss Films), Susa Katz (Zürcher Filmstiftung), Luka Popadic (Filmemacher) und Mirko Bischofberger (Filmemacher, Swiss Fiction Movement) unter der Leitung von Lucie Bader.  

Mirko Bischofberger skizzierte – wie immer in rasend schneller Diktion - gleich zu Beginn der Runde das Umfeld, in dem sich der Nachwuchs heute durchsetzen muss: Eine Verfünffachung der Filmschaffenden innerhalb von 10 Jahren, die oft, aber nicht immer, aus Filmschulen hervorgehen; eine «Bubble», eine Art Blase also, auf die die Politik reagieren müsse, damit junge Talente trotzdem eine Chance behalten.

Für den Nachwuchs leiste man bei der Zürcher Filmstiftung viel, so Susa Katz, auch wenn es unter den Förderangeboten keinen speziellen «Nachwuchstopf» gebe. Einen Bachelor oder einen Master muss man nicht vorweisen können, wichtiger sind mindestens 2 Jahre Berufserfahrung oder dass man einen Produzenten vorweisen kann. Interessant ist zum Beispiel auch die Möglichkeit von Werkbeträgen. Die Stiftung versuche im übrigen auch zu vernetzen, es gehe nicht immer nur um Geld, das werde oft vergessen.

Corinna Marschall wies ihrerseits auf Weiterbildungsworkshops im Ausland sowie auf Stipendien hin, die von Media Desk unterstützt werden. Und Andreas Bühlmann, bei Swiss Films seit kurzem speziell für den Nachwuchs (respektive für First Features) zuständig, skizzierte die Hilfestellung, die man bei der Promotionsagentur beim Zugang zu internationalen Festivals oder beim Übergang zum ersten Langfilm leisten wolle.  

Und wie schätzt Luka Popadic, in der Rolle des Nachwuchsfilmers, die Situation für neue Talente ein?  Die Schweiz sei kein undankbares Filmland, Geld sei ja vorhanden. Trotzdem kommt ihm vieles «zu bürokratisiert und verkopft» vor. Laut Popadic gibt es einen Widerspruch zwischen künstlerischem Schaffen, das oft selbstausbeutend sei, und bürokratischen Prozessen.

Das war dann der Moment, an dem Susa Katz «Fast Track» vorstellen konnte, der neue Wettbewerb der Filmstiftung, der ab Frühsommer 2018 die traditionelleren Förderangebote ergänzt und extra für Projekte mit kleinen Budgets (von maximal 400'000 Franken) sowie für innovativere Formen geschaffen worden ist. «Fast Track» kann nämlich besonders für den Nachwuchs interessant werden. Man braucht zum Beispiel keine Produktionsfirma, ein Kreativteam genügt; und wenn von der Stiftung (mit einem Letter of Intent) eine Zusage kommt und das Team 20 Prozent des Budgets aufgetrieben hat, zahlt die Stiftung anschliessend den Rest.

«Fast Track» ist gewissermassen die Antwort der Filmstiftung auf das jahrelange Lobbying des Swiss Fiction Movements, das eine solche niederschwellige Förderung seit langem gefordert hat (siehe dazu auch den Beitrag im neuen Cinébulletin). Da interessierte es am Panel natürlich, was Mikro Bischofberger davon hält. Man müsse «Fast Track» noch genau anschauen – das Tool wird erst am 14. November in einer Brancheninformation in allen Details vorgestellt – und werde es testen müssen. «Fast Track» gehe jedoch klar in die richtige Richtung; man sei auch stolz, zu seiner Entstehung beigetragen zu haben.

Weitere Themen beim rund einstündigen Panel waren die Folgen der Digitalisierung und der neue VoD-Support von Swiss Films. Mirko Bischofberger findet diesen Support «ja schön», angesichts der Umwälzungen, die die digitale Transformation unserer Gesellschaft mit sich bringe, geht ihm jedoch alles viel zu langsam. Die Reaktion der Förderinstitutionen, die Politik.

Ja, das Kino werde seine jetzige Position wohl verlieren und die heutige Rolle der Theater einnehmen, erwiderte Luka Popadic. Er selber verspüre jedoch wenig Lust, mit neuen Formaten zu experimentieren. Er mache gerne Kino, und «Virtual reality ist kein Kino mehr».

In der Schlussrunde durfte dann jede Referentin und jeder Referent noch einen Tipp abgeben. Corinna Marschall empfiehlt, «aus der eigenen Sofaecke rauszugehen und sich weiterzubilden» und Andreas Bühlmann sagte: «Geht raus, geht an die Festivals und nutzt die Netzwerke!». Mirko Bischofberger findet politisches Engagement beim Filmemachen wichtig und ermuntert dazu, neue Formen und Formate zu erproben. Susa Katz schliesslich fordert: «Liest Bücher und Zeitungen, entwickelt eine Haltung! Und geht raus und schaut euch an Festivals Filme mit Publikum an.» Das Schlusswort hatte dann der Filmemacher. Luka Popadic riet zum Dranbleiben. Und dazu, das Netzwerken an kleineren Festivals wie den Kurzfilmtagen Winterthur zu betreiben. Dort ist das nämlich viel einfacher als an den Grossen wie in Berlin oder in Cannes.

Kathrin Halter

Copyright Bild: Eddy Meltzer

 

 

 

 

 

 

 

 

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