MENU Schliessen

Produzententreffen in Cannes

Teresa Vena
30. Mai 2024

Aus Anlass der besonderen Sichtbarkeit der Schweiz am diesjährigen Filmfestival von Cannes luden Schweizer Produzenten und Produzentinnen zu einem internationalen Treffen ein. Teilgenommen haben Vertreter aus insgesamt sieben Ländern, neben der Schweiz waren das Spanien, Italien, Deutschland, Frankreich, Belgien, Österreich und Luxemburg. Wir haben nachgefragt, wie der Austausch war. Die Antworten gab Heinz Dill, Präsident des SFP stellvertretend für die Mitglieder des Projektteams Verbindungsbüros der Produzentenverbände GARP, IG und SFP. 

Von wem ging die Initiative für das Treffen der verschiedenen europäischen Produzentenverbände in Cannes aus?

Die drei Schweizer Produzentenverbände GARP, IG und SFP haben im vergangenen Dezember Kontakt mit Swiss Films aufgenommen. Wir wollten eine aktive Rolle in Cannes übernehmen. Swiss Films konnte uns dann einen Platz für Veranstaltungen am Nespresso-Beach vermitteln. Der Montag, während des Festivals, wurde zum Produzententag, am Abend luden die Verbände zum Abschluss noch in den Schweizer Pavillon ein.

Die Schweiz ist leider seit 2014 nicht mehr Mitglied des europäischen MEDIA-Förderprogramms Creative Europe. Es besteht die Gefahr, dass wir – trotz Koproduktionsabkommen – zunehmend isoliert werden. Um dieser Tatsache entgegenzuwirken, müssen wir international eine aktivere Rolle übernehmen. Da wir vor allem mit Produktionsfirmen unserer Nachbarländer koproduzieren, war es für uns auch naheliegend, mit den entsprechenden Verbänden Kontakt aufzunehmen. 

 

Welche Ziele wurden damit verfolgt?

Der Ausgangpunkt war für uns die Frage, welche Herausforderungen unsere Kollegen und Kolleginnen aktuell konkret beschäftigen. Welche Probleme müssen sie bewältigen? Wir haben uns dabei auf die Themen konzentriert, die gerade bei Koproduktionen zu beachten sind. Zur Einführung lag es uns auch am Herzen, zu betonen, dass die Schweiz zwar im Zentrum von Europa liegt, aber trotzdem oft «draussen vor der Tür» steht, das ist für Produzenten und Produzentinnen und Regisseure und Regisseurinnen aus der Schweiz oft eine sehr schmerzhafte Situation.

 

Können Sie ausführen, über welche Themen man sich ausgetauscht hat?

Im Mittelpunkt standen die Bedingungen bei Koproduktionen. Hier ging es darum abzuklären, was die jeweiligen Bedingungen in den Ländern sind und wie das gemeinsame Verständnis für die jeweilige Prozedur gestärkt werden kann. Dann waren auch die Reziprozitätsregeln ein Thema. Hier gibt es immer wieder neue Herausforderungen, um damit Koproduktionen offiziell anerkannt werden können. Gerade weil wir nicht im MEDIA–Programm sind, werden wir als Schweizer teilweise wie «aussereuropäische Partner» behandelt, da müssen wir gemeinsam mit unseren Kollegen und Kolleginnen der Koproduktionsländer klären, wie wir das korrigieren können.  

 

Wie können sich die Länder aneinander annähern?

Neben der fehlenden Mitgliedschaft bei MEDIA sind zweifellos die neuen Regeln für den Einbezug von Streamingplattformen eine spannende Entwicklung. Mit der neu seit 2024 bestehenden Investitionspflicht haben wir zweifellos inzwischen eine gute Grundlage im Schweizer Filmgesetz. Das wird hoffentlich noch vermehrt zu Koproduktionen mit unseren Nachbarländern führen, denn so haben beispielsweise auch ausländische Werbefenster heute eine Pflicht in der Schweiz zu investieren und da können Koproduktionen naheliegend sein. Weil aber bei internationalen Koproduktionsabkommen der Fernsehfilm oft nicht einbezogen ist, stehen hier noch viele Herausforderungen vor uns. Dabei müssen wir uns auch darüber austauschen, unter welchen Voraussetzungen die jeweiligen Bedingungen der nationalen Fördergremien eine internationale Zusammenarbeit erlauben.

 

Sind gemeinsame Massnahmen geplant?

Es war das erste Treffen als solches. Unsere Initiative wurde von den internationalen Kollegen und Kolleginnen aber sehr begrüsst und wir haben beschlossen, diese Treffen weiterzuführen. So war es besonders anregend zu erfahren, welche Rolle die Filmverbände in den jeweiligen Ländern spielen, beispielsweise aktuell in Deutschland mit der Reform der Bundesförderung, oder in Frankreich mit der Einführung der Anforderungen an die Reinvestitionspflicht für Streaming-Plattformen. Auch auf der Ebene «Green Producing» (des nachhaltigen Produzierens) kam es zu Diskussionen, besonders betreffend einer Harmonisierung der Forderungen. Wir haben ja beispielsweise oft zwei Vorgaben von Förderinstitutionen: einerseits wird «Green-Producing» gefordert und andererseits wird erwartet, dass pro Film Investitionen in ihren jeweiligen Gebieten stattfinden. Das führt vor allem zu vielen Reisen, was dem «Green-Producing» komplett widerspricht. Hier müssen wir unter den Verbänden gemeinsam mit den Förderinstitutionen schlaue Lösungen finden.

 

Wurde über eine Formalisierung des Treffens, beispielsweise mit der Gründung einer internationalen Allianz, gesprochen?

Nein, davon war nicht die Rede. Wir waren aber sehr glücklich über die Begeisterung, die unser Vorschlag geweckt hat. Vorläufig sehen wir es mehr als ein «Think Tank» (Denkfabrik, Raum des Austauschs), wo wir uns offen und ohne Druck austauschen und Ideen entwickelt werden können.

 

Wie soll der Austausch über dieses erste Treffen hinaus weitergehen?

Wir werden in den nächsten Wochen unter den drei Verbänden GARP, SFP und IG, die das Treffen initiiert haben, ein erstes Fazit ziehen und über ein nächstes Treffen diskutieren.


Besteht der Anspruch, weitere Länder einzubeziehen?

Vorläufig nicht, aber die Möglichkeit besteht natürlich. Es müssen Länder sein, mit denen unsere Mitglieder konkret zu tun haben.

 

Wird es eine Stelle geben, die sich um die Koordination zwischen den interessierten Institutionen kümmert?

Ja, das ist vorgesehen. Unser Anliegen ist, dass diese Initiative weiter unter der Führung der Schweiz bleiben kann.

Interessieren Sie sich für den Schweizer Film?

Abonnieren Sie!

Tarife