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Der Film im stetigen Wandel

Alexandre Ducommun
26. Mai 2023

Justine Stella Knuchel © Damien Wüthrich

Obwohl sie an diversen Projekten gleichzeitig arbeitet, legt Justine Stella Knuchel Wert darauf, jedem einzelnen einen Sinn zu geben. Porträt einer vielseitigen Künstlerin auf der Suche nach neuen Schaffensformen.

Als Tochter eines autodidaktischen Regisseurs ist Justine Knuchel seit früher Kindheit an die Präsenz von Fotoapparaten und Kameras und an ein Leben im Rhythmus des künstlerischen Schaffens gewöhnt. Nach kurzen Abstechern an die Westschweizer Kunstschulen – zuerst Fotografie an der ECAL, dann Film an der HEAD – gibt sie den akademischen Weg auf, um sich freier und vor allem näher am Publikum zu bewegen.

 

Soziale Verankerung

Immer vor dem Hintergrund des Films, folgt sie ihrem Wunsch, durch stetigen Wandel von Formen und Medien ein grösseres Publikum zu erreichen. «In meiner Familie und in meinem Leben ist es die Norm, nie lange bei einer Sache zu bleiben, ausser diese Sache entwickelt und verändert sich.». Diesem Bedürfnis nach Veränderung kann sie zumindest teilweise nachkommen, seit sie an der Organisation des BaseCamp mitwirkt. An diesem kreativen Hub für junge Kunstschaffende im Rahmen des Locarno Film Festival lotet Justine Knuchel seit 2019 die Möglichkeiten eines interdisziplinären Kinos aus und übernimmt die Rolle einer Kuratorin. So kann sie nach eigenen Worten ihre künstlerischen Ambitionen und ihr Bedürfnis nach «sozialer Verankerung» unter einen Hut bringen. «Dieses Projekt erfindet sich mit jeder Ausgabe neu. Ziel des BaseCamp ist es, den Austausch zwischen Film und anderen Kunstsparten zu fördern. In den Ausstellungen kreieren die Kunstschaffenden Originalwerke, und wir versuchen, sie an ihre Grenzen zu bringen, indem wir aus Filmschaffenden bildende Künstler und Künstlerinnen machen.» Rund 200 Nachwuchstalente übernachten im BaseCamp, nehmen am Festival teil und wirken an der Ausstellung mit.

 

Für die gebürtige Tessinerin ist das BaseCamp auch eine Rückkehr in die Heimat. Seit einigen Jahren beobachtet Justine Knuchel eine «kleine kulturelle Renaissance» im Südkanton, von der sie sich wünschen würde, dass sie das ganze Jahr andauerte. «Dort werden Dinge angestossen, die über die Dauer des Festivals hinaus weiterleben wollen. Im Tessin fehlt es derzeit noch an Raum für interdisziplinäre Kunstformen», so Justine Knuchel, die gerne mehr kuratierte Projekte in der Region durchführen würde. Sie will sich durch Publikumsnähe und Vermittlungsarbeit an dieser «Revolution» beteiligen. Während die Werke junger Filmschaffender sich schwertun, ein breites Publikum zu erreichen, träumt Justine Knuchel davon, experimentelle Formate der breiten Öffentlichkeit näherzubringen: «Um den Film zum Leben zu erwecken, müssen wir ein grösseres Ereignis aus ihm  machen! Wir dürfen das Publikum nie als selbstverständlich betrachten, sondern müssen uns überlegen, wie wir es schaffen, dass jeder und jede etwas für sich mit nach Hause nimmt.»

 

Filmstill aus «La route des jeunes» in Co-Regie von Justine Stella Knuchel © HEAD

 

Die Lebendigkeit des Films

«Den Film zum Leben erwecken»: Das ist der rote Faden, der sich durch Justine Knuchels gesamtes Schaffen zieht. Im Bewusstsein der politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen audiovisueller Produktionen ist es ihr wichtig, dass all ihre Projekte ein höheres Ziel verfolgen und nicht nur dem Selbstzweck dienen. «Angesichts des Generationswechsels, der zurzeit im Film und in der Kunst stattfindet, ist es wichtig, nicht nur die neuen kreativen Stimmen zu fördern, sondern auch diejenigen, die den Weg bereiten, damit diese Stimmen sich entfalten können», so Kevin B. Lee, Dozent an der USI, über Justine Knuchel.

Die Fotografin, Regisseurin und Kuratorin bereitet derzeit die nächste Ausgabe des BaseCamp vor und macht sich Gedanken über ihre künftigen Projekte. Sie hat ihr Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft und fährt unermüdlich fort, sich neu zu erfinden – oder vielmehr sich weiterzuentwickeln. Überzeugt vom Weg, den sie eingeschlagen hat, gibt sie sich selbst ein Versprechen: «Manche mögen mich für verrückt halten, weil ich tausend Projekte gleichzeitig beginne, aber mit der Zeit wird alles einen Sinn ergeben.»

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