Am 13. November ist Rolf Werner Niederer gestorben. Sein Filmkritiker- und Filmkuratorkollege Martin Girod widmet ihm diesen Nachruf.

Seine journalistische Laufbahn führte den Filmfan Rolf Niederer (1937–2022) von der Lokalredaktion des Berner Tagblatts, wo er vorwiegend über Sport und Film schrieb, in den Olymp der von Martin Schlappner geleiteten Filmredaktion der Neuen Zürcher Zeitung. Doch die Kinoleidenschaft, die – so erzählte er gerne – schon den Abschluss seiner gymnasialen Bildung verhindert hatte, liess ihn den gutbezahlten und sicheren Posten bei der NZZ aufgeben zugunsten eines Kinoabenteuers. Das städtische Filmpodium konnte ab 1983 im Kino «Studio 4» seine zuvor sporadische Vorführtätigkeit ausbauen. Dessen Leiter Bernhard Uhlmann gelang es, dafür den Freund aus gemeinsamen Filmklub-Zeiten in den 1960er-Jahren abzuwerben. Für Niederer war es ein Wagnis, denn das städtische Kino hatte sich nach drei Jahren einer Volksabstimmung zu stellen – und bestand sie aufgrund des eindrücklichen Leistungsausweises mit überwältigendem Mehr.

Beim Filmpodium war Niederer anfänglich vor allem für die monatlich erscheinende Filmpodium-Zeitung mit einführenden Texten zu den Filmzyklen und Detailangaben zu den programmierten Filmen verantwortlich. Seine guten Kontakte zu den alten Kritikerkollegen führten dazu, dass er eine illustre Autorenschar vereinen konnte. Als Bernhard Uhlmann Ende 1992 nach Lausanne zur Cinémathèque suisse wechselte, avancierte Rolf Niederer beim Filmpodium zum Ko-Leiter – zusammen mit dem Schreibenden. Es folgten fast acht Jahre intensiver kollegialer Zusammenarbeit nach dem saloppen Motto: Für amerikanische Western ist Rolf zuständig, für indische Filme Martin, und den Rest teilen wir uns auf. Möglich machte das die beidseitige Neugier auf das, was der Andere einbrachte. Auch nach seiner Pensionierung 2000 blieb Niederer dem Film treu, solange es seine Gesundheit erlaubte, als Vorstandsmitglied des schweizerischen Filmjournalisten und Filmjournalistinnen-Verbands und in der Auswahlkommission der Semaine de la Critique in Locarno.