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Mitteilungen


01.09.2017

Programmvorschau zur 21. Ausgabe der Internationalen Kurzfilmtage Winterthur

Aufschwung des südostasiatischen Kinos, eine neue Filmemachergeneration aus Griechenland, starke Frauen aus Polen, Fredi M. Murer im Zeitgeist der 68er und die Züri Shorts, ein Panorama zum lokalen Filmschaffen: Das diesjährige Programm der Kurzfilmtage bietet Einblick in unbekannte und verborgene Welten und regt zur Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftlichen Themen an.

Grosser Fokus: Südostasien

Südostasien ist eine Region voller Kontraste. Der Grosse Fokus umfasst Filme aus zehn südostasiatischen Ländern, darunter Thailand, die Philippinen und Myanmar. Die Kurzfilme sind so mannigfaltig wie die Region selbst und behandeln ein breites Themenspektrum rund um Politik, den Umgang mit Erinnerung, Familie, Tradition oder Sexualität. Im Filmbereich gehört die Region zu den künstlerisch lebendigsten und produktivsten unserer Zeit. Angetrieben durch eine junge, sehr selbstbewusste Generation entstehen zahlreiche Kurz- und Langfilme, die eine ganz eigene, neue Filmsprache sprechen.

Südostasien mag aus westlicher Sicht in erster Linie eine Reisedestination sein. In den letzten Jahren hat sich jedoch – auch dank der stärkeren Verbreitung von professionellen digitalen Kameras und Filmsoftware – eine innovative unabhängige Filmszene gebildet: Filmschaffende wie Brillante Mendoza ( «Kinatay», bester Regisseur Cannes 2009), Lav Diaz («The Woman Who Left», Goldener Löwe Venedig 2016) oder Apichatpong Weerasethakul («Uncle Boonmee Who Can Recall His Past Lives», Goldene Palme Cannes 2010) feiern an internationalen Festivals grosse Erfolge und ziehen als Vorbilder, Mentoren oder Produzenten eine neue Regiegeneration nach. Diese vermittelt eine Sicht auf ihre Länder, die sich deutlich von touristischen Klischees unterscheidet. Auch bezüglich der politischen Gegenwart (z. B. in Thailand) konzentriert sich die Auswahl an den Kurzfilmtagen auf Aspekte, die in den Medien meist nur am Rande gezeigt werden.

Südostasiatische Kurzfilme legen grossen Wert auf eine metaphorische Filmsprache sowie eine getragene, oft gemächliche Erzählweise, die nicht selten von einem schrägen, bisweilen surrealen Humor durchzogen ist. Die Geräuschkulisse verleiht vielen Filmen eine fast magische Atmosphäre. Zudem wird häufig mit einer Symbolik gearbeitet, die dem westlichen Auge auf den ersten Blick fremd erscheint. Lässt man sich als Zuschauer aber darauf ein, so entfaltet sich eine überraschende Tiefe und ungeahnte Schönheit.

Person im Fokus: Pimpaka Towira

Passend zum diesjährigen Schwerpunkt steht die thailändische Filmemacherin Pimpaka Towira als Person im Fokus. Als erste weibliche Filmschaffende des Landes, die sich unter internationalen Kritikern und Cineasten einen Namen gemacht hat, ist sie eine der wichtigsten Stimmen des thailändischen Kinos. Seit nunmehr 10 Jahren schreibt, filmt und produziert sie ihre Filme über die eigene Produktions- und Distributionsfirma extra virgin.

2003 debütierte Towira mit ihrem ersten Langfilm «One Night Husband» an der Berlinale. 2007 drehte sie «The Truth Be Told: The Cases Against Supinya Klangnarong», einen politischen Dokumentarfilm über eine junge thailändische Journalistin, die über den Interessenkonflikt zwischen der Shin Cooperation und dem damaligen Präsidenten Thaksin Shinawatara schrieb und darauf auf 10 Millionen Dollar verklagt wurde. Politische Themen finden sich häufig in Towiras Werk, auch wenn sie sich selbst nicht als politische Filmemacherin bezeichnet. Den Kurzfilm betrachtet sie vor allem als Experimentierfeld. 

Land im Fokus: Griechenland

Geografisch etwas näher bei Winterthur liegt Griechenland, das Land im Fokus der diesjährigen Kurzfilmtage. Die griechische Filmszene ist lebendiger denn je: Just als das Ausmass der griechischen Wirtschaftskrise in den Jahren 2009/10 sichtbar wurde, startete das griechische Kino international durch. Filme wie «Dogtooth» von Yorgos Lanthimos, der 2009 den Prix Un Certain Regard in Cannes und 2011 eine Oscar-Nomination für den besten fremdsprachigen Film erhielt, weckten das Interesse für den griechischen Film. Und gerade auch im Kurzfilm macht seit einigen Jahren eine neue Generation junger Filmtalente mit einem eigenen unverkennbaren Stil von sich reden. Einige der RegisseurInnen erkunden die gegenwärtige sozio-ökonomische Situation des Landes und behandeln schwierige Themen wie Armut, Arbeitslosigkeit, Rassismus und Migration. Andere konzentrieren sich eher aufs Private, erzählen von Kindheitserinnerungen oder Geschichten, die sich fernab von den krisengeschüttelten urbanen Zentren abspielen, inszenieren alltägliche Situationen mit Humor, porträtieren ungewöhnliche Liebesbeziehungen oder erschaffen rätselhafte Welten zwischen Realität und Imagination.

Die Kurzfilmtage stellen das vielfältige zeitgenössische Filmschaffen dem «New Greek Cinema» der 60er Jahre gegenüber. Wie ihre jungen KollegInnen heute gewannen die damaligen RegisseurInnen Festivalpreise im In- und Ausland und veränderten die filmische Landschaft ihrer Heimat. Das Kino in Griechenland war, ist und bleibt innovativ.

Auswahl weiterer kuratierter Programme:

Fredi M. Murer und die 68er, Züri Shorts, Swiss Initiative Sudan und polnische Animationsfilme

50 Jahre ist es bald her, seit die legendäre 68er-Bewegung sich gegen das Establishment aufgelehnt hat und zum Symbol einer ganzen Generation geworden ist. Anlässlich dieses Jubiläums ehren die Kurzfilmtage Fredi M. Murer («Höhenfeuer», «Vitus»), der mit seinen frühen Werken für den Zeitgeist der 68er steht.

Zudem führen die Kurzfilmtage heuer ein Programm ein, das sich ausschliesslich dem Zürcher Film widmet. Die Züri Shorts geben dem Publikum Einblick ins aktuelle lokale Kurzfilmschaffen. Die selektionierten Werke sind automatisch auch für den Winterthurer Kurzfilmpreis nominiert. Auf diese Weise erhält das professionelle Zürcher Kurzfilmschaffen eine grössere Sichtbarkeit innerhalb des Festivals, was den Filmen nicht nur auf lokaler, sondern auch auf nationaler und internationaler Ebene zu Gute kommen wird.

Der Sudan ist als Filmland noch weitgehend unentdecktes Territorium. Seit einigen Jahren entwickelt sich allerdings rund um das Sudan Independent Film Festival eine neue Filmszene. In Zusammenarbeit mit der «Swiss Initiative – Culture Projects Sudan» präsentieren die Kurzfilmtage eine Auswahl aktueller sudanesischer Kurzfilme.

Eine starke neue Generation polnischer Animationsfilmerinnen behandelt im Programm Tricky Bodies, Animated Dreams Themen wie Körperlichkeit und Sexualität aus einer weiblichen Perspektive. In Zusammenarbeit mit der polnischen Journalistin Iwona Aleksandra Halgas und der Krakow Film Foundation zeigen die Kurzfilmtage ein Programm mit animierten Kurzfilmen.

Virtual Reality Cinema

Mit dem Geneva International Film Festival (GIFF) als Programmpartner und WeAreCinema als Technikpartner präsentieren die Kurzfilmtage erstmals drei abwechslungsreiche Programme mit Virtual Reality Projekten. Die Brasserie Les Coulisses im Theater Winterthur wird zum VR-Kino umgebaut und bietet damit bis zu 30 Zuschauern die Möglichkeit, das neue Medium kollektiv zu erleben. In drei abwechslungsreichen Programmen werden schweizerische wie auch internationale VR-Filme präsentiert, welche zu den innovativsten und faszinierendsten der Gegenwart gehören.

Kinder- und Jugendprogramme
Das Bildungsengagement ist ein zentrales Anliegen der Kurzfilmtage. Zusammen mit der Zauberlaterne zeigen die Kurzfilmtage unter dem Titel Zusammen geht es einfacher ein Programm für 6- bis 12-Jährige. Die Jugendprogramme ab 12 resp. 16. Jahren sollen Einblick geben in eine vielfältige Filmkultur jenseits von gängigem Mainstream und YouTube-Clips und können sowohl als Schulklasse als auch privat besucht werden. Auch dieses Jahr bestimmt eine Jugendjury den Gewinner oder die Gewinnerin des Jugendfilmpreises. Jugendliche zwischen 16 und 19 Jahren haben die Möglichkeit, sich für einen Platz in der Jugendjury zu bewerben und so Filmfestival-Luft zu schnuppern.

www.kurzfilmtage.ch