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Warum Zürich ein Filmgesetz braucht

Simon Hesse, Co-Präsident Verein Zürich für den Film, Vertreter des Initiativkomitees für ein ­Zürcher Film- und Medienförderungsgesetz
30. Juli 2018

Nicht erst seit gestern kämpfen wir Film­schaffende für mehr Akzeptanz in der Politik. Und ja, wir konnten einiges erreichen. Der Branchenverein Zürich für den Film initiierte 2004 die Zürcher Filmstiftung, andere Schweizer Standorte zogen nach. Und doch häufen sich die Zeichen, dass der politische Kampf um Anerkennung noch leidenschaftlicher geführt werden muss. So steht die erst kürzlich gewonnene Volksabstimmung zur SRG – und damit um eine zentrale Errungenschaft unserer Demokratie – sinnbildlich für das, was noch kommen wird.

Die Kultur sieht sich immer wieder neuen Angriffen ausgesetzt, so auch im Kanton Zürich. Am 6. Juli 2015 entzieht der Zürcher Kantonsrat (Weisung 5125) dem staatlichen Kulturbudget 9 Mio. Franken. Die Idee dahinter ist so simpel wie effektiv: Die Kultur erhält zwar insgesamt 5.5 Mio. Franken mehr, alimentiert wird sie aber nicht mehr vom Staat, sondern durch den Lotteriefonds. Der Fachstelle Kultur des reichsten und bevölkerungsstärksten Kantons stehen so befristet bis 2021 gerade einmal 23 Mio. Franken pro Jahr für projektbezogene Kultur zu Verfügung. Im Schoss des Staates verbleibt hingegen die institutionalisierte, so genannte Hochkultur. Oper und Theater erhalten zusammen und auf Grund von Gesetzen pro Jahr knapp 90 Mio. Franken.


Es braucht eine kulturpolitische Vision

Wie das Beispiel im Kanton Zürich zeigt, ist dieses «Silo-Denken» und die kulturfeindliche Haltung der bürgerlichen Politik kein Hirngespinst panischer Kulturschaffender. Es ist schweizweit verbreitet und macht auch in anderen Kantonen Schule. So wird bis heute keine regionale Filmförderung ausschliesslich über Staatsmittel geleistet.

Dieses starre und nicht zeitgemässe Denken führt die Kulturförderung nicht weiter. Ich vermisse eine klare politische Vision zum Film- und Medienstandort Zürich, in dem rund zwei Drittel aller Schweizer Filmproduktionen entwickelt und produziert werden und der somit auch für die Schweiz von zentraler Bedeutung ist. Eine solche Vision bietet das neue Film- und Medienförderungsgesetz.

Die Stärkung der Film- und Medienkultur bietet sowohl dem Staat als auch den Film- und Medienkunstschaffenden Chancen, bisher gültige Strukturen zu erweitern und so neue Impulse zu setzen. Profitieren würden alle Beteiligten, auch die Standorte Zürich und Schweiz. Und es würde auch die Bedürfnisse breiter und insbesondere jüngerer Bevölkerungsschichten decken, welche audio­visuelle Inhalte zunehmend bevorzugen.


Die Rolle des Lotteriefonds

Umso eindringlicher fordert heute der Verein Zürich für den Film und das überparteiliche Initiativkomitee für ein Zürcher «Film- und Medienförderungsgesetz» die Politik dazu auf, sich ernsthaft mit der siebten Kunst und der Digitalkultur auseinanderzusetzen und dafür zu sorgen, dass unsere Branchen gebührend anerkannt und dem Bedarf entsprechend gefördert werden. Bis 2021 stehen dem Zürcher Film 4.65 Mio. aus dem kantonalen Lotteriefonds zu. Das sind weniger als 6% der für die Oper bereitgestellten und über das ordentliche Budget bezahlten Mittel. Andere Medienkunstsparten wie das Gamedesign werden gar nicht berücksichtigt. Wie es ab 2021 weitergehen soll, ist nach wie vor unklar. Dass die Region Zürich und damit einhergehend die Schweiz von einer starken Film- und Medienkunstbranche profitiert, zeigt hingegen die Erfolgsgeschichte der Zürcher Filmstiftung eindrücklich. Auch nach 13 Jahren fliessen von einem investierten Förderfranken fast vier Franken in die Region zurück.

Wo also bleibt die kulturpolitische Vision für unseren Standort? Wollen wir die Schweizer Medienkultur wirklich noch stärker den dominanten Marktmächten aussetzen? Ist es wirklich unser Ziel, die allgegenwärtigen, interaktiven Spiele (Games) aus dem Ausland zu importieren? Und sollen wir den rasch wachsenden Medien- und Kunstmetropolen unserer Nachbarländer wirklich nichts entgegenhalten?


Kultur soll vom Staat unterstützt werden

Wir sagen nein und wollen im Kanton Zürich mit unserer Volksinitiative, über die am 23. September abgestimmt wird, ein neues Selbstverständnis erlangen – in Augenhöhe mit der Hochkultur. Der Film und seine artverwandten Kunstsparten sollen als Staatsaufgabe wahrgenommen und anhand eines Leistungsauftrages entsprechend gefördert werden. Dafür brauchen wir Kulturgesetze, die unseren Visionen gerecht werden und die Film- und Medien­kunstförderung mit anderen staatlichen Aufgaben gleichstellen. Lasst uns also die Film- und Medienkultur in Zürich wie in der ganzen Schweiz mutig und visionär voranbringen.

▶ Originaltext: Deutsch

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