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Der Ermöglicher

Nina Scheu
16. November 2018

Thomas Tribolet, Anwalt

Schon der Treffpunkt ist charakteristisch: Wir sind in Olten, gleichviele Zugminuten von Bern, wo Thomas Tribolet wohnt, und von Zürich entfernt, dem Wohnort der Journalistin. Beide müssen sich bewegen, um sich in der Mitte zu treffen. Ähnlich wie in den zahlreichen Verhandlungen, die Thomas Tribolet im Laufe der Jahre geführt hat. «Schwierig ist es nur, wenn beide Seiten auf unverrückbaren Positionen beharren», meint der Jurist, der bis vor kurzem auch Präsident des Vereins Cinébulletin war. 

Freundlich, aber hartnäckig

Thomas Tribolet ist ein Vermittler, ein Ermöglicher: Der Mann im Hintergrund, der bei aller Bescheidenheit weiss, welche Fäden er ziehen will. Freundlich, aber auch hartnäckig. Wen auch immer man in der Branche fragt, als Antwort kommt nur Lob: Liebenswürdig, hilfsbereit und fair sei er, sagen Elena Pedrazzoli, Copräsidentin des GARP, Jonas Raeber, Präsident der Animationsfilmer oder Ursula Häberlin, langjährige ARF-Sekretärin. Und alle betonen, dass man mit Tribolet auch in schwierigen Verhandlungen immer wieder lachen könne. «Kaum einer kennt das Fördersystem so gut wie er», lässt sich Sven Wälti – auch er stellvertretend für viele – zitieren: «Eloquent im Auftritt, lösungsorientiert beim Verhandeln, ohne eigene Interessen zu verfolgen». Und Kaspar Kasics erinnert sich, dass Tribolet immer «ein ruhender Pol in der Filmbranche» gewesen sei, «unaufgeregt, sachlich und nie polarisierend». Tribolet selbst formuliert seinen Charakter kritischer: Wenn es darum gehe, eine Position radikal zu verteidigen, sei er wohl der Falsche. Aufgewachsen ist Tribolet als Sohn des Gemeindeschreibers in Tschugg, einem Dorf mit rund 300 Einwohnern im Berner Seeland. Auch wenn er schon über 30 Jahre in Bern wohne, sei er ein Landmensch geblieben, der sich in der Stadt immer etwas fremd fühle. Das Kleinräumige, das «Jeder-kennt-Jeden» und auch die Selbstverständlichkeit, mit der in den Landgemeinden Verantwortung übernommen wird, haben ihn geprägt. Er will Wege ebnen und Blockaden entfernen: Nur wer sich bewege, komme letztlich weiter. Nach der Schule machte er eine kaufmännische Ausbildung im Gemeindebüro des Nachbardorfes. Erst später holte er die Matura nach und studierte Jura. Dass er sich als Jurist auf die Filmpolitik spezialisieren würde, war Zufall. «Ich sehe heute noch lieber schlechtes Theater als einen schlechten Film», meint er nur. Es war die Bekanntschaft mit Willi Egloff und bald darauf die Anstellung in dessen Kanzlei in Bern, die ihn mehr und mehr Fälle und bald auch Ämter in der Filmbranche übernehmen liessen. Neben den Kultur- und Filmgesetzen befasst sich Tribolet als Anwalt vor allem mit Gerichtsfällen im Familien-, Arbeits- und Ausländerrecht. Gebiete, in denen seine Konsenssuche gefragt ist: «Bei einer Scheidung darf letztlich keine der beiden Parteien gewinnen – sonst gibt es nur Verlierer». 

Ein Anwalt für den Film

Wenn es um Filmpolitik geht, führt kein Weg an Tribolet vorbei. 2001 bis 2013 war er Sekretär des Filmproduzentenverbands SFP. Er war lange Vorstandsmitglied des Dachverbands Cinésuisse, ist Stiftungsrat der Vorsorgestiftung vfa, Vorstandsmitglied bei Swissperform, war mehrere Jahre Geschäftsführer des Teleproduktionsfonds tpf.ch und engagiert sich für die Standortförderung ebenso wie im «Bureau des Liaisons», das sich als Dach der Produzentenverbände IG, GARP und SFP zu etablieren versucht. Denn: «90 % unserer Interessen sind identisch», meint er. Da sei es doch attraktiver, sich mit den Gemeinsamkeiten zu beschäftigen als auf den 10 % Differenzen zu beharren. All diese Diskussionen, Sitzungen, Termine – wächst ihm das nicht manchmal über den Kopf? Ohne Agenda wäre er aufge­schmissen, lacht Tribolet. Und tatsächlich ist in der Branche zu hören, dass er auch schon Termine vergessen habe. Seine Kernaufgabe? «Ich schreibe das Protokoll und formuliere die Traktanden»: Dadurch entscheide er ja auch, worüber diskutiert werde und wie lange. Es ist ihm ein Anliegen, dass weiterdiskutiert wird, bis etwas herauskommt, auf dem man aufbauen kann. Das ist es, was ihn antreibt: Das Wissen, verhärtete Fronten knacken zu können, um in der Sache weiterzukommen. Das Verhältnis zwischen der Arbeit als Anwalt und seinem oft ehrenamtlichen Engagement in der Filmpolitik sei etwa fifty-fifty. Aber es stimme schon, da bleibe wenig Zeit für anderes. Für die Kinder, Alma (18) und Constantin (16), natürlich, für die er seit ihrer Geburt an mindestens drei Tagen pro Woche da ist, ein Buch, vielleicht mal einen zaghaften Ausflug mit dem Velo. Er ist wie eine Kerze, die an beiden Enden brennt – und offensichtlich ganz zufrieden damit.


▶ Originaltext: Deutsch


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