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Reformbemühungen liegen in der Luft

Teresa Vena
07. April 2023

Auf dem Set von «Corsage» von Marie Kreutzer, 2021, Maria-Theresien-Platz © Vienna Film Commission

In Österreich, Deutschland und der Schweiz besteht das Filmfördersystem aus vielen, teils kombinierbaren, aber oft kleinteiligen und sich in den Anforderungen überkreuzenden Einzelinstrumenten. Dient das noch dem Filmschaffen oder doch mehr dem Erhalt des Systems selbst?

Mit dem 1. Januar 2023 hat Österreich sein staatliches Filmförderungssystem verschlankt. Ab sofort sind nur noch zwei Anlaufstellen für die Filmförderung zuständig: FISAplus und ÖFI+. FISAplus, das dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft zugeordnet ist, wird für die Förderung des marktorientierten Films zuständig sein. Dazu gehören ausländische Produktionen für Kino, Fernsehen und Streaming, die in Österreich mit der Nutzung örtlicher Ressourcen gedreht werden, aber keine künstlerisch-ideelle österreichische Beteiligung vorsehen (Service-Produktionen). Die Ausschüttung der Gelder wird automatisiert. Aus dem gleichen Fördertopf sollen auch österreichische TV- und Streaming-Projekte mit hohen Produktionsbudgets finanziert werden. 

Die Förderung des kunsthaften Kinofilms österreichischer (Ko-)Produktion ist fortan beim ÖFI+ untergebracht. Für alle Projekte, die entweder bei FISAplus oder ÖFI+ unterkommen, gilt zudem, dass 30 Prozent, bei der Einhaltung von klimaschützerisch nachhaltigen Produktionsbedingungen 35 Prozent, der in Österreich ausgegebenen Kosten zurückerstattet werden. 

Von der Reform verspricht man sich weniger Bürokratie durch automatisierte Prozesse und Bündelung der Anlaufstellen, kürzere Produktionszeiten durch schnellere Gesuchsgenehmigungen und höhere Mindestförderanteile je Förderquelle sowie die Zunahme des Produktionsvolumens im eigenen Land durch finanzielle Anreize. «Wir setzen damit auch ein aktives Zeichen für den Erhalt der kulturellen Identität und machen Österreich attraktiver als Filmstandort und konkurrenzfähiger», so die österreichische Medienministerin Susanne Raab. So sollen auch eigene Fachleute und Fachwissen gehalten und unterstützt werden. Es bleibt, die ersten Entwicklungen abzuwarten.

 

Den deutschen Film retten

Ähnliche Massnahmen fordert die deutsche Filmindustrie auch. Die Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth nutzte den Berlinale-Auftakt, um solche in Aussicht zu stellen. Sie hat einen Mehrpunktekatalog vorgelegt, der bis Ende des Jahres in einen Gesetzesentwurf (für ein Inkrafttreten ab 2025) übersetzt werden soll. Auch ihr Hauptanliegen ist die Verschlankung des Förderapparats, was im Zusammenschluss der Bundesinstitutionen zu einer einzigen Förderstelle realisiert werden soll. Innerhalb dieser Bundesagentur soll es ebenfalls eine Trennung zwischen dem marktorientierten  und dem kunsthaften Film geben. Automatisiert man die Förderung des ersteren, blieben mehr Ressourcen, um für den letzteren strategisch-visionäre Richtlinien zu entwickeln. Dieser bedürfe es dringend für eine Renaissance des deutschen Films als ernstzunehmendes Kunstprodukt, darin ist sich Roth mit einer breiten Vertreterschaft der Filmindustrie einig, zu der auch die «Initiative Zukunft Kino+Film» gehört, die vom deutschen Verband der Filmkritiker mitgetragen wird.

Dafür müssten aber auch die Förderstellen der Länder und die Fernsehanstalten mitspielen. «Die mehrfache Verpflichtung zur Erfüllung von Regionaleffekten verteuert die Produktion, zwingt zu künstlerischen Zugeständnissen und schadet der Umwelt», heisst es in der Stellungnahme der Initiative. «Bei der Förderung von Kinofilmen sollten Einflüsse durch Fernsehsender und Streaming-Dienste auf ein Minimum begrenzt werden.» Der Ehrgeiz ist gross, die durch den Föderalismus einmal zugesprochenen Kompetenzen – und Privilegien – sind allerdings schwer widerrufbar.

Nach Österreichs Vorstoss und Deutschlands Bemühungen klingt es nur sinnvoll, dass auch die Schweiz sich Gedanken über ihr Fördersystem macht. In diese länderübergreifende Reformstimmung ist dann vermutlich auch die Ankündigung einer Studie einzuordnen, die das BAK zu diesem Zweck an den letzten Solothurner Filmtagen angekündigt hat.

 

Bei Redaktionsschluss war das Informationsblatt, das Zeitplan und eine Zusammenfassung der Eckdaten aus der Solothurner Präsentation enthalten soll, noch nicht zugänglich. 

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