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Den Horizont erweitern

David Rihs, Produzent und Teilhaber von Point Prod
28. März 2022

David Rihs (Bild: zvg)

Das Streaming eröffnet dem Schweizer Dokumentarfilm neue Verbreitungskanäle und erreicht ein immer vielfältigeres Publikum. Es liegt an uns Autoren und Produzentinnen, diese Möglichkeiten zu nutzen und die längst überholte Dualität von Kino und Fernsehen hinter uns zu lassen.

Heutzutage sind Dokumentarfilme keine Gattung mehr, die eifrigen Kinogängern vorbehalten ist. Obwohl sie weniger als ein Prozent der weltweiten Kinoeinnahmen generieren, machen Dokumentarfilme und -serien 15 bis 20 Prozent des Programms der grossen Streaming-Plattformen wie Netflix, HBO, Amazon Prime, Disney+ usw. aus. Wir sprechen hier natürlich von einem bunten Mischmasch an Werken, die das Genre Dokumentarfilm zum Teil sehr frei auslegen. Neben Porträts von Billie Eilish und «Tiger King» Joe Exotic findet man aber auch wahre Perlen wie «The Jinx», «Wild Country», «Knock Down The House» – unbestrittene Erfolge, die zum Nachdenken anregen und dem Abenteuer zwischen Film und Realität neue Räume eröffnen.In der Schweiz haben die Sender der SRG (SRF, RTS und RSI) den Ball aufgenommen und begonnen, Streaming-kompatible Dokumentarformate für die neue Plattform PlaySuisse zu produzieren, wie zum Beispiel die Serie «Crime» über ungelöste Schweizer Kriminalfälle.

Es gibt auch zahlreiche investigative Dokumentarfilme mit Brennpunkt in der Schweiz, deren Bedeutung über die Landesgrenzen hinausreicht. Die Schweiz beherbergt Finanzinstitute, Pharmakonzerne, internationale Organisationen und Sportverbände, die auch ausserhalb des Landes Interesse erregen. So wurde zum Beispiel die Doku-Recherche «Das Blutgeschäft» über die Machenschaften eines Schwyzer Pharmaunternehmens in 30 Ländern ausgestrahlt. «La finance lave plus vert» über Greenwashing auf dem Finanzplatz wird bald auf diversen europäischen Kanälen zu sehen sein und verdeutlicht ebenfalls die zentrale Rolle der Schweiz in gewissen globalen Problematiken. 

Diese oftmals schwierigen Themen verdienen es, von Filme­macher:innen aufgegriffen zu werden, die sie mit ausgereiftem Kamera-Knowhow und einer gekonnten Erzähltechnik umsetzen, wie man sie früher nur in Kinofilmen fand. Wenn wir als Produzent:innen in der Lage sind, diesen Anspruch durchzusetzen, können wir uns auf qualifizierte Fachleute und auf eine Branche stützen, die in unserer lokalen Wirtschaft verankert sind.

Darum geht es unter anderem im neuen Filmgesetz, das Schweizer Geschichten den Zugang zu internationalen Plattformen erleichtern soll. Unsere Nachbarländer haben es längst erkannt: Es ist höchste Zeit, die Diskussionen um Vertriebskanäle hinter uns zu lassen und uns die Mittel an die Hand zu geben, um unseren Horizont zu erweitern.   

 

Originaltext Französisch

 

 

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