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«Kein System ist perfekt»

Pascaline Sordet
09. November 2020

Ivo Kummer. © Swiss Films/Silje Paul

In einem gemeinsamen Schreiben an Ivo Kummer haben der ARF/FDS und die Produzentenverbände IG, GARP und SFP Stellung genommen und Änderungen in der Projektbeurteilung des BAK gefordert. Der Leiter der Sektion Film antwortet darauf.

 

Der erste Antrag betrifft die Abschaffung der A/B-Kommissionen, um stattdessen fixe Kommissionen für zwei Jahre einzusetzen. Was antworten Sie darauf?

Im Evaluationsbericht der Förderkonzepte 2016-2020 wird empfohlen, das A/B-System aufgrund der Umfrage in der Branche beizubehalten. Wir folgen diesem Vorschlag. Die Idee war schon immer, dass die beiden fixen Kommissionen während zwei Jahren tagen und bei Vakanzen Expertinnen und Experten aus dem Pool beigezogen werden können.

 

Wie erklären Sie sich, dass die Anträge der Branche sich nicht mit Ihrer internen Evaluation decken?

Wir können den Meinungswechsel nicht ganz nachvollziehen, verstehen aber, dass nach einem optimalen System gesucht wird. Gibt es ein Auswahlverfahren, das von allen gleichermassen akzeptiert wird? Jedes System produziert Enttäuschungen. Es gibt immer «Verlierer» und «Sieger». Zudem kann das A/B-System nicht vollständig umgesetzt werden, da die Expertinnen und Experten wegen Dreharbeiten oder anderen Gründen nicht immer zur Verfügung stehen. Es kommt daher zu einer Vermischung von «fixen» und «freien» Mitgliedern.

 

Können Sie uns kurz ins Gedächtnis rufen, weshalb das System damals so eingerichtet wurde?

Die Idee war, dass Gesuche von zwei Gremien, die möglichst unterschiedlich besetzt sind, begutachtet werden, um eine frische und nicht vorgefasste Diskussion und Beurteilung zu ermöglichen.

 

Denken Sie, die Branche kann vom System überzeugt werden, wenn es weiterbesteht?

Wie gesagt: Kein System ist makellos. Wichtiger scheint mir, dass die fixen Sitzungstermine eingehalten werden, um den Filmschaffenden Planungssicherheit zu bieten. Das verlangt eine gewisse Flexibilität in der personellen Zusammensetzung.

Die Verbände verlangen auch, dass Expertinnen und Experten nicht von der Dokumentar- in die Spielfilmkommission wechseln. Weshalb geschieht dies heute?

Die Fachkompetenz, die sprachliche wie auch gendermässige Ausgewogenheit sind prioritär. Eine Durchmischung von Spiel- oder Dokfilmkompetenzen in einer Sitzung sollte nicht vorkommen. In der Vergangenheit musste man aber Leute finden, die in beiden Domänen Berufserfahrung ausweisen und bei Engpässen Einsitz nehmen können. Dies soll aber nicht der Regelfall sein. Der grösste Teil der Mitglieder ist mit zuteilbaren Fachkompetenzen ausgestattet.

 

Dieses Problem wurde auch in Ihrer eigenen Evaluation erkannt. Wie lösen Sie es?

Entweder verschieben wir die Sitzungen bis zu einer ordentlichen Zusammensetzung der Fachkommission und bringen dadurch Unruhe in die Projektplanung der Filmschaffenden, oder wir versuchen aus dem Pool geeignete und kompetente Expertinnen und Experten anzufragen. Wir ziehen das Letztere vor, appellieren aber auch an die Mitglieder der Fachkommission, sich die vier Sitzungstermine zu blockieren, die auf zwei Jahre verteilt sind.

 

Ist mehr Transparenz bei den eingegebenen Projekte vorgesehen sowie die Möglichkeit, ein Gesuch zurückzuziehen, wenn es mit einem ähnlichen Projekt in Konkurrenz steht?

Wir können aus Gründen des Persönlichkeitsrechts nicht kommunizieren, wer welche Projekte eingegeben hat und mit wem man in Konkurrenz steht. Solche Informationen weiterzugeben ist heikel, da sie möglicherweise Rückschlüsse auf Geschäftsgeheimnisse beinhalten oder im Falle von Absagen diskreditierend sind. Gesuchstellende können ihre Gesuche immer bis kurz vor der Sitzung der Fachkommission zurückziehen. Dies geschieht aber eher selten.

 

Das BAK wird für seine mangelhafte Kommunikation kritisiert. Die Verbände beziehen sich auf die Zürcher Filmstiftung und das CNC und verlangen, dass die Kommissionen negative Entscheide telefonisch begründen. Was antworten Sie darauf?

Ein negativer Entscheid ist für die Person, die ihn erhält, immer schwierig. Wir möchten auf die positiven und negativen Argumente hinweisen, und die Erwähnung positiver Argumente kann das Unverständnis einer negativen Entscheidung verstärken. Das wäre bei mir nicht anders. Daher kann beim BAK mündlich nachgefragt werden, wenn etwas nicht verständlich ist. Als letztes können die Gesuchstellenden beim Bundesverwaltungsgericht einen Rekurs machen, falls sie Verfahrensmängel feststellen sollten.

 

Ihre Evaluation schlägt vor, die Sprachkompetenzen der Expertinnen und Experten zu verbessern, indem für jedes Projekt eine verantwortliche Person ernannt wird. Werden Sie dies umsetzen?

In der Praxis werden bei zweiten Eingaben und im Gespräch mit den Filmschaffenden bereits Expertinnen und Experten bestimmt, deren Muttersprache diejenige der Gesuchstellenden ist. Diese moderieren das Gespräch und haben sich im Vorfeld vertieft mit dem Dossier befasst. Wir gehen aber davon aus, dass alle Expertinnen und Experten Kenntnisse einer zweiten Landessprache haben und somit die fremdsprachigen Projekte lesen und verstehen können. Bei Gesuchen auf Italienisch wird es ein bisschen heikler, doch man kann ein externes Lektorat in Auftrag geben, um die Fachkommission beratend zu unterstützen. Da wir das Rekursrecht kennen, ist es nicht möglich, bei abschlägigen Entscheiden ein Mitglied der beratenden Kommission als Auskunftsperson zu bestimmen, da sich Rekurse gegen Entscheide des BAK richten und nicht gegen die Fachkommission Film.


▶  Originaltext: Deutsch

 

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