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Pragmatische Lösungen gesucht

Kathrin Halter
25. Juni 2020

© Kilian / unsplash

Seit Anfang Juni sind auch Dreharbeiten von Spielfilmen und Serien wieder möglich. Ein neues Schutzkonzept bietet Orientierung.

Vorbereitungsarbeiten von Produktion, Ausstattung und Kostümbüro sollen, soweit möglich, von zu Hause aus durchgeführt werden. Empfohlen werden Online-Castings, bei der Motivsuche eine Vorauswahl von Standorten mit Hilfe von Street-View und anderen Online-Recherchen. Auf ein Engagement von besonders gefährdeten Personen ist «wo immer möglich» zu verzichten. Um die Anzahl Probedurchläufe am Set zu reduzieren, sollen «emotionale oder schwierige Szenen» im Vorfeld in genügend grossen Räumlichkeiten geprobt werden. Natürlich soll die Anzahl Personen am Set auf das «erforderliche Minimum» beschränkt werden, da bei Dreharbeiten in Räumen jeder Person «in der Regel» mindestens vier Quadratmeter zur Verfügung stehen sollen. Die privaten Kontakte der Schauspielerinnen und Schauspieler sollen in der Woche vor und während der Drehzeiten auf ein Minimum reduziert werden, Quarantäne während der Dreharbeiten wird «allenfalls» empfohlen. Statisten wiederum sind von Cast und Crew zu trennen. Und: Eine während der Dreharbeiten anwesender Covid-19-Beauftragte(r) kontrolliert das Einhalten der Massnahmen; mit ihr oder ihm wird für jeden Drehort und für jeden Drehtag ein Logistik- und Ablaufkonzept erstellt.

Das sind nur ein paar der interessanteren Empfehlungen aus dem «Schweizer Schutzkonzept Covid-19» für Langspielfilme und Serien. Entwickelt hat es die Corona-­Arbeitsgruppe der drei Verbände IG, SFP, GARP gemeinsam mit dem ssfv.

 

Vorgaben sollten nicht behindern

Die Vorgaben basieren auf dem «Schutzkonzept für Betriebe unter Covid-19» des Bundesamts für Gesundheit und des seco; sie sind um branchenspezifische Empfehlungen ergänzt worden. Die grösste Schwierigkeit bei der Umsetzung dürfte darin liegen, im Einzelfall pragmatische Lösungen zu finden. Einerseits also zu vermeiden, dass die Vorgaben Crew und Schauspieler bei ihrer Arbeit zu sehr behindern – und andererseits auszuschliessen, dass eine Hauptdarstellerin, ein Kameramann oder gleich mehrere Mitarbeiter wegen Krankheit ausfallen und einen Unterbruch der Produktion erzwingen. Wie Lukas Hobi im nachfolgenden Gespräch ausführt, bietet das Schutzkonzept genügend Spielraum, um flexi­ble, auf die jeweilige Produktion zugeschnittene Lösungen zu entwickeln. Unklar bleibt dabei die Frage, inwiefern Produzenten belangt werden können, wenn sie sich «unverantwortlich» verhalten – und wie streng allfällige Kontrollen der kantonalen Arbeitsinspektoren ausfallen werden.

 

Spezialfall Auftrags- und Werbefilm

Bereits erste Erfahrungen mit einem Schutzkonzept hat die Auftrags- und Werbefilmbranche: Am 27. April präsentierte Swissfilm Association in einem praktikablen Paper verbindliche Branchenvorgaben samt einer Checkliste. Das Konzept orientiert sich an den – adaptierten – Vorgaben des Bundes für Coiffeure und jenen für das Baugewerbe.

Da Dreharbeiten von Werbefilmen in der Regel nicht länger als vier Tage dauern, vereinfache dies vieles, so Peter Beck, Präsident der Swissfilm Association. Ein weiterer Vorteil des Werbefilms liegt darin, dass nicht zwingend oder ausschliesslich mit Schauspielern gearbeitet wird, Darsteller also leichter austauschbar sind als im Spielfilm: Für Familienszenen etwa wird beim Casting die Wahl von Leuten empfohlen, welche sonst schon zusammenleben; für Paarszenen echte Paare. Ansonsten wird für Schauspieler eine selbstauferlegte zweiwöchige Quarantäne empfohlen. Auch Tricks können helfen: Bei der Bestimmung der Cadrage und mit der richtigen Wahl von Brennweiten der Optiken kann der Eindruck vermittelt werden, dass Personen enger beeinanderstehen, als sie es tatsächlich tun. Bei Schuss-Gegenschuss-­Aufnahmen wiederum könnte jeweils jene Person eine Schutzmaske tragen, die im Bild von hinten angeschnitten ist.

 

Die beiden Schutzkonzepte finden sich zum ­Beispiel auf der Website des ssfv.

 

▶  Originaltext: Deutsch

«Das Konzept soll bei der Abwägung von Risiken helfen»

Das Gespräch führte Kathrin Halter
25 Juni 2020

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