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Der Westschweizer Film – eine gute Investition

Sophie Dascal
06. Januar 2020

Gemäss einer Studie der Stiftung Cinéforom über die wirtschaftliche Bedeutung der von ihr unterstützten Filme werden fast drei Viertel der Budgets in der Westschweiz ausgegeben.

88 Filme, die 2018 in Produktion gingen, und eine starke Präsenz an internationalen Festivals: Die kulturelle Bedeutung von Cinéforom ist unbestritten, doch wie sieht es wirtschaftlich aus? Beim Mangel an objektiven Daten beauftragte der Stiftungsrat auf Initiative der öffentlichen Hand und der Branchenverbände das unabhängige Beratungsunternehmen Ernst & Young mit der Durchführung einer statistischen Studie. Ziel dieser Studie war es, den Return on Investment der von Cinéforom unterstützten audiovisuellen Produktionen für die Westschweizer Wirtschaft zu ermitteln. Gemäss Geschäftsführer Gérard Ruey ging es vor allem darum, «den Politikern Rede und Antwort zu stehen, die immer genauer wissen wollen, wohin das Geld geht. Das Klima hat sich nicht verschlechtert, doch während die Politik sich vor zehn Jahren auf den kulturellen Aspekt der Subventionen konzentrierte, geht es heute auch um wirtschaftliche Fragen.»

 

Viele Temporärstellen

Gegenstand der Studie waren die 39 Millio­nen Franken, die Cinéforom zwischen 2013 und 2017 an verschiedene Produktionsfirmen auszahlte. Nach Auswertung von 255 Projekten wurden die Resultate auf die 334 unterstützten Projekte mit einem Gesamtbudget von 174 Millionen Franken hochgerechnet. Die Daten zu sammeln war nicht einfach und verlangte grossen Einsatz von den Westschweizer Produzentinnen und Produzenten. Dank ihrer Mithilfe konnte die Studie belegen, dass im Schnitt 70% der Produktionskosten eines Westschweizer Films in der Westschweiz ausgegeben werden. Dies entspricht über 122 Millionen Franken an direkten und indirekten Kosten – für Löhne und Sozialabgaben (56%), technische und administrative Aufwendungen (32%) sowie für Dienstleistungen, Unterkunft und Transport (12%).

Im Rahmen der 255 untersuchten Projekte wurden 10ʼ400 Arbeitsverträge abgeschlossen. Im Schnitt werden 164 Festangestellte beschäftigt, die Hälfte davon in Genf. Daraus folgt, dass rund 65% der Stellen in der Filmindustrie temporär sind. Diese Zahl illustriert, wie unsicher die berufliche Situation der Filmschaffenden ist, und fördert die Diskussion über das Recht auf Arbeitslosenentschädigung, die Notwendigkeit eines Künstlerstatus in der Schweiz und der Altersvorsorge.

 

Der Hebeleffekt

Die Studie scheint zu beweisen, dass Investitionen in die Filmbranche Geld bringen, ja grosse Gewinne, doch ganz so einfach ist es nicht. Pro Franken, der von Cinéforom – beziehungsweise von den öffentlichen Geldgebern der Westschweiz, die es zu überzeugen gilt – investiert wird, fliessen 3.10 Franken in den Westschweizer Wirtschaftraum. Diese Rechnung berücksichtigt jedoch nicht die gesamten Budgets der Filme, die auch Beiträge der SRG (49 Millionen Franken im untersuchten Zeitraum) und der Sektion Film des Bundesamts für Kultur (33 Millionen Franken) enthalten. Mit diesen auf nationaler Ebene zugesprochenen Geldern beträgt die öffentliche Finanzierung insgesamt 121 Millionen. Wir sind also weit entfernt von einem ROI von 3.10 Franken.

Gérard Ruey betont, dass «die Gelder des BAK Bundesgelder sind, und die der SRG aus der Radio- und Fernsehabgabe stammen. Es handelt sich also nicht um Westschweizer Gelder.» Das Wichtigste sei der Hebeleffekt: «Ohne Cinéforom würden nicht so viele Filme in der Westschweiz gedreht, und diese nationalen Gelder würden nicht in die Westschweizer Wirtschaft fliessen.» Leider existiert keine vergleichbare Studie aus der Zeit vor dem Bestehen von Cinéforom, sodass die Entwicklung des Westschweizer Films nicht in Zahlen dargestellt werden kann.

Eines ist sicher: Entgegen der landläufigen Meinung werden trotz im Ausland gedrehter Dokumentarfilme, zahlreicher Koproduktionen und der Anstellung von ausländischen Schauspielern und Technikern 70% des Budgets der Westschweizer Filme in der Westschweiz, also zu Hause ausgegeben.

 

▶  Originaltext: Französisch

Plädoyer für einen Investitionsförderfonds

Gemäss Gérard Ruey kommt die Studie auch der Filmbranche und ihrem politischen Engagement zugute: «Wir mussten beweisen, dass die Investitionen in die Filmbranche gewinnbringend, aber unzureichend sind. Die Palette muss durch rein wirtschaftliche Instrumente ergänzt werden, die nicht von Kulturbudgets abhängig sind (Anm. d. Red.: Anreizfonds in Form von Cash-Rebate-Programmen). In Belgien und Apulien gibt es bereits solche Initiativen. Es braucht mehr Geld, nicht um das aktuelle Produktionsvolumen zu halten, sondern um mehr Filme zu produzieren und ausländische Produktionen anzulocken, was auch die wirtschaftliche Situation der Techniker und der filmtechnischen Industrie dauerhaft verbessern würde.»

 

Der Bandleader

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