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Editorial

Weihnachtlich gedeckter Verhandlungstisch

Emmanuel Cuénod, Redaktor

Dezember: Girlanden, Tannenbäume, geschäftige Wichtelmännchen, pausbäckige Weihnachtsmänner – welch schöner Monat! Wussten Sie, dass die Wirtschaftsanwälte in dieser Jahreszeit am meisten zu tun haben? Das sei scheints wegen der Feste. Arbeitgeber und Arbeitnehmer verspüren plötzlich den unwiderstehlichen Drang, sich in die Arme zu fallen. Erbitterte Konkurrenten und erzürnte Kompagnons greifen zur Friedenspfeife. Und die Anwälte – deren Arbeit darin besteht, diesen Verbrüderungen eine rechtliche Form zu geben – brechen unter der Last fast zusammen… Natürlich wünschte man sich, dass dieser Geist der Eintracht auch den Schweizer Film durchwehen möge.
Da der umstrittene Nicolas Bideau das Boot nun verlassen hat, (im Interview dieser Ausgabe zieht Nicolas Bideau Bilanz) dürfte der Moment günstig sein. Denn schliesslich gibt es genügend Gründe für eine Vereinigung. Auch der Übergang zur Digitalprojektion (siehe Artikel «Der Bund schreitet voran, die Kantone bleiben stehen») sollte eher verbinden als trennen. Denn jeder weiss, dass es schwierig wäre, weiterhin Filme zu produzieren, wenn einige der Kinos verschwänden, die für deren Vorführung gebraucht würden. Sollte jedoch die vom Bundesamt für Kultur angekündigte Hilfe für deren Ausrüstung unter dem ordentlichen Filmkredit abgebucht werden – was nicht zwangsläufig sein muss; dies wird vom Parlament abhängen –, ist nicht auszuschliessen, dass sich die ersten Anwandlungen von Solidarität in Luft auflösen. Und die Filmförderkonzepte? Auch hier wäre es schön, wenn sich die Branche zusammenraufen könnte. Die Gruppe Autoren, Regisseure, Produzenten (GARP), der Verband Filmregie und Drehbuch Schweiz ARF/ FDS und die Swiss Film Producers’ Association (SFP) arbeiten bereits Hand in Hand. Das von ihnen vorbereitete Dokument zu den Förderkonzepten 2012-2015 wird im Januar im Vorfeld der Solothurner Filmtage veröffentlicht. Doch auch in diesem Punkt dürfte eine Einigung schwierig sein. Die Interessengemeinschaft unabhängige Schweizer Produzenten (IG) scheint mit ihrem Ansatz (siehe Ciné-Bulletin, November 2010) – zumindest vorderhand – einen Alleingang vorzuziehen. Bleibt also der folgende, mit der nötigen Behutsamkeit formulierte, fromme Wunsch: dass der Schweizer Film für einmal weder vom weihnachtlich-eidgenössischen Verhandlungstisch gewischt, noch über eben diesen Tisch gezogen wird.

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Themen n°422