Editorial

Kinder gehen vor

Françoise Deriaz, Chefredaktorin

Heute richten sich alle Blicke auf Nicolas Bideaus erste Handlungen in seiner neuen Funktion als Leiter der Sektion Film sowie auf die Erneuerung der Filmförderkonzepte, für die nun er zuständig ist. Dabei geht ein wichtiger Aspekt der Schweizer Filmkultur völlig vergessen. Sicher ist es wichtig, die Schweizer Produktion zu unterstützen und zur Eroberung des einheimischen Publikums Autorenfilme und populäre Komödien zu vereinen. Aber bemühen wir uns wirklich, den Zuschauerinnen und Zuschauern von morgen den Qualitätsfilm näher zu bringen? Der Kinderfilmklub «Die Zauberlaterne» leistet zweifellos hervorragende Sensibilisierungsarbeit, doch wenn sein Ko-Direktor Vincent Adatte mit Besorgnis feststellt, dass der Markt für Kinderfilme – Kinos und DVD – fast ausschliesslich von genormten und infantilen amerikanischen Produktionen beherrscht wird, ist es Zeit, Alarm zu schlagen. Es gibt sie aber, die guten Kinderfilme. Hilft man den engagierten Verleihern etwas nach, so werden die Familien endlich zwischen den neuesten spektakulären Albernheiten und einem phantasievollen, poetischen und kreativen Film wählen können, der heute schwer aufzutreiben ist (siehe Artikel auf Seite 20). Die rund siebzig Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Aufrufs der Dokumentarfilmer stellen ihrerseits mit Besorgnis fest, dass die Bundesbeiträge für den Kinodokumentarfilm seit 2001 beträchtlich geschrumpft sind (siehe Artikel auf Seite 1). Wird sie Nicolas Bideaus Versprechen, den heutigen Kredit beizubehalten und die Regeln betreffend den vorzeitigen Drehbeginn zu lockern, beruhigen? Um Lösungen bemüht, die den Bedürfnissen des Dokumentarfilms wie auch der gesamten einheimischen Produktion Rechnung tragen, leisten die Leute des Appells einen aufschlussreichen Beitrag zu jenem profunden Gedankenaustausch, den wir im Hinblick auf die Erneuerung der Förderkonzepte unbedingt brauchen.