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Nachwuchs gesucht im Casting

Kathrin Halter
11. Februar 2021

Corinna Glaus an der Berlinale 2019. © zvg

Glaus Casting ist mittlerweile fast die einzige namhafte Casting-Firma der Deutschschweiz. Das ist nicht unproblematisch. Doch allmählich gibt es neue Casterinnen. 

Während über zwanzig Jahren teilten diese drei Frauen den Casting-­Bereich für die Deutschschweiz unter sich auf: Corinna Glaus, Susan Müller und Ruth Hirschfeld. Doch seit Susan Müller Ende 2020 ganz aufgehört hat und Ruth Hirschfeld nur noch sporadisch Produktionen betreut, nimmt Corinna Glaus fast eine Monopolstellung ein. Das ist für viele Beteiligte problematisch: für Schauspieler natürlich, für Produzenten und nicht zuletzt für Corinna Glaus selber.

Sie formuliert es so: Casting sei auch eine Vertrauenssache, bei aller Professionalität gehe es auch um persönliche Präferenzen, die Arbeitsweise von Casting-Directors und ihre Kommunikation mit der Regie sei individuell verschieden. Auch deshalb findet Corinna Glaus Konkurrenz so wichtig, «sie gibt dem Beruf eine Seriosität». Ihre früheren Kolleginnen Susan und Ruth hätten auch den Markt belebt. 

Susan Müller, die zuletzt noch das Casting für Wilder 1 bis 3 verantwortet hat, sieht das gleich. Es sei in der Schweiz lange verpasst worden, sich um den Nachwuchs zu kümmern – Corinna Glaus sei die einzige, die sich seit Jahren um Nachwuchs bemüht habe. 

Tatsächlich betreut seit 2016 Nora Leibundgut, wenn auch in Teilzeit, eigenständig Casting-Aufträge bei Glaus Casting; sie ist dort seit 2012 angestellt. Kürzlich hat Nora Leibundgut zum Beispiel den Spielfilm «Spagat» besetzt. Und seit August 2020  arbeitet mit Mirjam ­Schilliger, unterstützt u.a. durch das Programm Stage Pool von Focal, eine weitere «Casting- Assistenz in Ausbildung» im Team mit. Im Casting bildet man sich ausschliesslich durch Assistenzen weiter, das sei auch international gesehen der einzige Ausbildungsweg, so Corinna Glaus. Eigentliche Casting-Schulen gibt es keine. 

 

Die Verantwortung der Produzenten

Für Glaus Casting gibt es also eine Zukunft. Das alleine genügt jedoch nicht, das findet auch Ivan Madeo. Natürlich arbeitet der Produzent (Contrast Film) ebenfalls mit Glaus Casting zusammen, dennoch ist er seit längerem unglücklich über die fehlende Konkurrenz. Er vergleicht die Situation der Schweiz mit Deutschland , wo – ähnlich wie in Frankreich, Italien, aber auch im kleinen Österreich – eine eigentliche Casting-Kultur existiere, mit Anbietern für verschiedenste Bedürfnisse, mit Kontakten zu internationalen Namen oder neuen Talenten, mit Spezialisierungen und Ausrichtungen wie dem Kinder- und Jugendfilm. Alleine beim deutschen Bundesverband Casting sind 38 Casting-­Directors aufgeführt. Diese Vielfalt und Möglichkeit zur Differenzierung fehlt in der Schweiz. 

Deshalb hat Ivan Madeo bei «Heimatland» (2015) die damals noch wenig bekannte Casterin Nina Moser engagiert. 2018 hat Moser dann ihre eigene Firma revolve casting gegründet. Nach weiteren Engagements unter anderem bei Contrast Film («Der Läufer», «Stürm: Bis wir tot sind oder frei») hat Moser für C-Films/Panimage gerade die vierte Staffel von «Wilder» gecastet – ein deutliches Zeichen, dass sich revolve casting langsam etabliert.

Und was könnten Produzentinnen und Produzenten, Regisseurinnen und Regisseure dazu beitragen, dass sich die Vielfalt im Casting weiter verbessert? Man müsste eben mutig sein und auch noch wenig bekannten Anbieterinnen wie zum Beispiel der Österreicherin Lisa Olah eine Chance geben, findet Madeo. 

Auch Susan Müller pocht auf die Verantwortung der Produzenten: Sie selber habe es sich finanziell schlicht nicht leisten können, eine Nachfolge aufzubauen – sie habe viel zu wenig verdient. Corinna Glaus geht es darin genau gleich, sie habe in all den Jahren immer ums Über­leben gekämpft. Das Casting muss bei jedem Spielfilm als fester Bestandteil nach Aufwand budgetiert werden, finde beide Frauen, auch wenn Schauspielerinnen und Schauspieler auf die Schnelle über unzähligen Webportale zu finden sind. Doch das ist ein anderes Thema. 

 

▶  Originaltext: Deutsch

 

 

Corinna Glaus über E-Casting

Kathrin Halter
11 Februar 2021

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