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Neues von den Filmförderkonzepten


11. Februar 2016

Am 22. Januar fand in Solothurn die traditionelle Informationsveranstaltung des Bundesamts für Kultur statt. Hauptthema nach dem Rückblick auf 2015 waren die neuen Filmförderkonzepte. 

Von Winnie Covo

Jedes Jahr informiert das Bundesamt für Kultur die Branche über Neuerungen; dieses Jahr waren es die neuen Filmförderungskonzepte. Es ist auch die Zeit einer Bilanz über das vergangene Jahr. Über die Praxis der Media-Ersatzmassnahmen erfuhren wir zwar kaum Neues (die Resultate des kommenden Urnengangs dürften unsere schon leicht unterkühlten Beziehungen zur EU vermutlich weiter lockern), hingegen einiges, was im Schweizer Film bis dahin zu reden gibt.
Isabelle Chassot eröffnete die Veranstaltung mit dem ihr eigenen Enthusiasmus, der das schöne und doch nüchterne Haus der Kunst zu erwärmen vermochte. «Das Jahr 2015 war intensiv und entscheidend. Mit der Kulturbotschaft legten wir eine neue Politik fest und konnten gleichzeitig unsere Errungenschaften bewahren, das freut mich. Ich blicke zuversichtlich in die Zukunft, doch wir dürfen uns nicht zurücklehnen.» 
Anschliessend ergriff Filmchef Ivo Kummer das Wort. Er erwähnte einige provisorische Zahlen zum Jahr 2015 (siehe Tabelle) und berichtete gemeinsam mit Laurent Steiert, seinem Stellvertreter in der Sektion Film, über die bevorstehenden Änderungen.

Einverleiherklausel

Seit 1. Januar gelten mehrere Neuerungen, die in der Filmförderverordnung festgelegt werden. Die Einverleiherklausel sieht vor, dass die Rechte an einem Film auch für die Verwertung ausserhalb der Kinos für das ganze Territorium der Schweiz erworben werden müssen. 
Diese Änderung bezweckt eine bessere Auswertung von Filmen in allen Sprachregionen der Schweiz und einen besseren und landesweiten Zugang zu den Filmen in allen Sprachregionen; sie betrifft die Rechte für die Verwertung von Tonbildträgern (Video, DVD, usw.) sowie die Verwertung über nicht-lineare digitale Kanäle (Video auf Abruf, Catch-up usw.) und ist auf alle Verträge ab 1. Januar 2016 anwendbar.
Was die Meldepflicht für den Filmverkauf ausserhalb der Kinos betrifft, so müssen ab 1. Januar 2017 alle Unternehmen im In- und Ausland, die Filme ausserhalb des Kinos in der Schweiz auswerten, die jährlichen Verkaufszahlen dem Bundesamt für Statistik melden. Dazu gehören die Rechteinhaber sowie die Anbieter von Filmen auf elektronischen Plattformen (einschliesslich der Fernsehveranstalter, die Filme auf nicht-linearen Wegen verwerten). Die Meldepflicht betrifft lange Filme über 60 Minuten, die für die Kinoauswertung konzipiert wurden und als Tonbildträger (Video, DVD usw.) oder über elektronische Dienste (Video auf Abruf, Abonnements usw.) verkauft werden.
«Es ist klar, dass die Filme heutzutage auch ausserhalb des Kinos als DVD, über VOD und so weiter ausgewertet werden. Deshalb ist es wichtig, diese Entwicklung nicht zu verpassen», sagte Ivo Kummer.

Standortförderung

Am 1. Juli tritt die Revision des Filmgesetzes in Kraft. Dann wird für die Periode 2016-2020 auch die «Filmstandortförderung Schweiz (FiSS)» eingeführt. Das «Swiss made» von Schweizer Filmen und Koproduktionen soll damit gestärkt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz als Standort der Filmproduktion und von filmtechnischen Betrieben verbessert werden. Ausserdem soll mit dem neuen Förderinstrument die Herstellung von Spiel- und Dokumentarfilmen in Kinolänge in der Schweiz gefördert werden. Verantwortlicher für die Filmstandortförderung ist, seit 1. Februar, Matthias Bürcher. 
«Wir sind überzeugt, dass die Schweiz wettbewerbsfähig sein kann und dass die Filmproduktion in der Schweiz einen Mehrwert bietet. Wir sind für unsere Arbeit, unsere Zuverlässigkeit und unser Know-how bekannt», sagte Ivo Kummer. Für das Förderinstrument gelten die folgenden Grundsätze: 80% der Ausgaben (Spielfilm) müssen in der Schweiz getätigt werden; es muss sich um eine Koproduktion mit einem ausländischen Partner handeln, wobei die Ausgaben für die Filmtechnik in der Schweiz erfolgen müssen. Für 2016 beträgt das Budget drei Millionen Franken, 2017 werden es sechs Millionen sein. 

Fachkommissionen alle zwei Jahre erneuert

Ebenfalls ab 1. Juli wird eine weitere Änderung in der Filmverordnung des EDI gelten. Sie betrifft die Projektevaluation und die Fachkommissionen. «Wir haben viel über eine Vereinfachung des Systems nachgedacht, wissen aber, dass es keine Ideallösung gibt. Sonst hätten wir sie schon längst eingeführt», versicherte Ivo Kummer. Eine absolute Gleichbehandlung sei dabei nicht möglich. Geplant sei die Bildung eines Pools für die selektive Förderung. «Die Fachkommissionen sollen für zwei Jahre gewählt und aufgestockt werden (fünf Experten für die Fiktion, fünf für den Dokumentarfilm und drei für den Animationsfilm). Es gibt also keine fixen Kommissionen mehr, denn sie werden alle zwei Jahre erneuert, so versuchen wir das Problem der Befangenheit in den Griff zu bekommen. Das sollte zu mehr Gerechtigkeit und einem neuen Blick führen. Für die Bereiche Postproduktion und Transmedia wird eine einzelne Fachperson zuständig sein. Die Media-Projekte werden individuell durch ausländische Experten begutachtet – je nach Sprachregion.» 
Das BAK will ausserdem dazu beitragen, dass die Seh- und Hörbehinderten einen besseren Zugang zur Audiodeskription erhalten.

Succès Cinéma und Media-Ersatzmassnahmen

Nun zu Succès Cinéma, der Finanzhilfe der erfolgsabhängigen Filmförderung also, die auf Grund der Kinoeintritte von Schweizer Filmen berechnet wird. Für 2017 sind Anpassungen geplant. Die heutige Mindestschwelle von 5ʼ000 Eintritten für Dokumentarfilme und 10'000 Eintritten für Spielfilme wird beibehalten. Doch es braucht Regelungen in Bezug auf den Kontinuitätsbonus. Dieser sieht für die ersten 5ʼ000 (Dokumentarfilm) respektive 10ʼ000 (Spielfilm) Referenzeintritte eine Verdoppelung der Gutschriften vor. «Es geht nicht mehr um Intendanz oder Fachkommissionen. Der Entscheid liegt bei den Zuschauern», sagt Laurent Steiert. 
Im Verleih wird die Gutschrift pro Referenzeintritt und pro Festivalpunkt auf 2.00 Franken erhöht (gegenüber 1.70 im letzten Jahr). Eine Kumulierungsmöglichkeit von Succès Cinéma und Media-Ersatzmassnahmen wird es jedoch nicht geben.
Für die Kinos steigt der Betrag pro Eintritt und pro Festivalpunkt von 2,8 Franken auf 3.50. Maximal gibt es 6ʼ000 Franken pro Verleihunternehmen, Kino und Region und maximal 125ʼ000 Franken pro Jahr und Kinounternehmen.
Schliesslich tritt ab 1. Juli im Rahmen der Media-Ersatzmassnahmen die Slate-Förderung (siehe CB Nr. 480) sowie eine Anpassung der Höchstbeiträge für die Exportförderung in Kraft (also ein neuer maximaler Betrag für die Nachbarländer Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich). Zudem möchte man eine intensivere Teilnahme von Schweizer Filmschaffenden an internationalen Festivals sowie eine bessere Förderung von Schweizer Filmschaffenden auf internationaler Ebene.
Hinzu kommen die Media-Ersatzmassen selbst und die Teilnahme an internationalen Veranstaltungen via Media Desk Suisse. Swiss Films ihrerseits wird sich auf die Exportförderung und die Teilnahme der Schweizer Filmschaffenden an internationalen Festivals konzentrieren müssen.
International ist der Bund also auf zwei Ebenen aktiv: über das Media-Programm für die Projektentwicklung und für den Verleih und über Eurimages im Produktionsbereich. Für Media-Ersatzprogramme gab der Bund 2015 insgesamt 4ʼ430ʼ076 Franken aus. Die Gesamtausgaben im Rahmen von Eurimages betrugen letztes Jahr 1,03 Millionen Euro, davon stammten 657ʼ200 aus der Schweiz selbst. Zum Vergleich: 2014 waren es 1,6 Millionen beziehungsweise 441ʼ000 Euro. Ivo Kummer wies darauf hin, dass der Eurimages-Fonds den jährlichen Subventionsbetrag des BAK übersteigt.
Last but not least wird das Bundesamt für Kultur ab kommendem Juni seine punktuellen Finanzhilfen einstellen und den Schwerpunkt auf langfristige Leistungsvereinbarungen setzen.
Doch warten wir die kommenden Abstimmungsresultate ab. Erst dann werden wir abschätzen können, wie sich unsere Beziehungen zu Europa entwickeln.

Der Originaltext ist Französisch und wurde ins Deutsche übertragen; einige der Zitate sind also nicht wörtlich zu verstehen. 

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