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«Darsteller:innen sind keine Marionetten»

Adrien Kuenzy
16. September 2022

Sofia Borsani © Flavio Karrer

Die ZHdK-Absolventin und Schauspielerin Sofia Borsani findet, Darsteller:innen müssten sich den Filmschaffenden gegenüber als vollwertige Künstler:innen behaupten.

Die 1991 geborene Sofia Borsani wuchs in Frankfurt auf und kam mit 19 Jahren in die Schweiz, um an der ZHdK zu studieren. Nach verschiedenen Engagements am Theater gab sie ihr Leinwanddebut im vielbeachteten Kurzfilm «Über Wasser» von Jela Hasler (Semaine de la critique in Cannes, Schweizer Filmpreis als Bester Kurzfilm). Diesen Weg möchte sie nun weiterverfolgen.

 

Was muss man zu Beginn lernen, um sich vor der Kamera wohl zu fühlen?

Manchmal denke ich, am besten gar nichts... Tatsächlich versuche ich, viele Dinge, die ich an der Schule gelernt habe, zu vergessen: die Techniken, die Stimme, den Ausdruck auf der Bühne. Vor der Kamera versuche ich, mir selbst zu vertrauen und lebendig zu bleiben. Welche Bedürfnisse hat meine Figur? Das habe ich an Workshops in Ludwigsburg gelernt, die ich nach meinem Studium besuchte. Eigentlich ist das etwas ganz Grundlegendes, aber am Theater wird dieser Frage weniger Bedeutung beigemessen. Ich habe sogar den Eindruck, dass Schauspieler:innen, die nie eine Theaterschule besucht haben, das besser verstehen. Das klingt ein bisschen traurig, aber rückblickend denke ich, dass ich keine Schule hätte besuchen müssen, um Filmschauspielerin zu werden. 

 

Fühlten Sie sich am Filmset von Jela Hasler am richtigen Ort?

Meistens schon, denn wir nahmen uns die Zeit, um uns vorzubereiten und gemeinsam herauszufinden, wohin wir wollen. Ich weiss, dass gewisse Darsteller:innen einfach den Anweisungen der Regie folgen können, doch ich fühle mich wohler, wenn ich die Hintergründe kenne. Das entspannt mich und gibt mir Selbstvertrauen. Dafür sind auch Coaches da, von denen man in den USA so viel hört und die zum Glück auch in der Schweiz allmählich eingesetzt werden.

 

Sie geben manchmal Unterricht an der ZHdK. Was möchten Sie vermitteln?

Ich erinnere mich gut daran, was mir während meiner Schulzeit fehlte. Deshalb kehre ich zurück, um zu unterrichten. Während des Studiums lernt man nicht viel darüber, wie man einen Vertrag aushandelt oder mit einer Casterin spricht. Gut zu spielen garantiert noch keinen Erfolg. Darsteller:innen sehen sich oft mit Regisseur:innen oder Filmemacher:innen konfrontiert, die etwas ganz Bestimmtes wollen. In einem Modul, das ich vor zwei Jahren leitete, versuchte ich zu erklären, dass man sich als Künstler:in ernst nehmen muss. Man muss wissen, weshalb man auf der Bühne etwas sagt. Nicht nur als Figur, sondern auch als Künstlerin. Dazu muss man sich auch Gedanken machen über die eigenen Wünsche und darüber, was man erzählen will. Die Studierenden waren zuerst erstaunt, als ich das von ihnen verlangte. Es ist immens wichtig, um die eigenen Ressourcen und Grenzen zu kennen. Darsteller:innen haben zu oft Angst vor der Regie, weil sie zum Beispiel um ihren Job fürchten. Ich finde, um künstlerisch gut zu arbeiten, muss man auch für sich als Mensch einstehen. 

 

Originaltext: Französisch

 

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