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10 Jahre Cinéforom

Emmanuelle Fournier-Lorentz
06. Januar 2022

© Olivier Maire

Cinéforom wurde von den Kantonen Freiburg, Genf, Neuenburg, Waadt, Jura und Wallis sowie den Städten Genf und Lausanne gegründet. Jacques Cordonier, ehemals Mitglied im Stiftungsrat, blickt auf die letzten 10 Jahre zurück.

Im Mai 2011 unterzeichneten die Behörden der Westschweizer Kantone in Saillon im Wallis die Gründungsakte von Cinéforom, der Fondation romande pour le cinéma. Ein Jahrzehnt später treffen wir uns mit Jacques Cordonier, dem ehemaligen Leiter des Kulturamts des Wallis und während der ersten fünf Jahre Mitglied des Stiftungsrates.


Welche Rolle haben Sie in der Geschichte von Cinéforom gespielt?

Eine doppelte. Ich war als Leiter der Dienststelle für Kultur des Kantons Wallis involviert, weniger in der Entwurfsphase der Stiftung – jedenfalls nicht im selben Mass wie meine Kollegen aus der Waadt, Neuenburg und Genf. Vor allem jedoch war ich Stiftungsrat und Verwaltungsmitglied der Stiftung Cinéforom. Als solcher habe ich die öffentlichen Geldgeber:innen vertreten, da die Organisation Branchenakteure und Behörden vereint.

 

Wann und wie entstand die Idee einer Westschweizer Filmstiftung?

Cinéforom ist nicht von einem Tag auf den anderen zur Welt gekommen. Von 2000 bis 2010 unterstützten die Regierung und die Loterie Romande den Fonds Regio Films. Dessen Motto lautete: «Unser Filmschaffen beginnt in der Region». Seit den 1950er Jahren ist der Film einer der wenigen Kulturbereiche, in denen der Bund federführend tätig ist, Regio jedoch gestattete es den Kantonen und Städten, zusätzliche Mittel bereitzustellen, ohne dabei ihre eigenen Förderprogramme anzutasten. Regio war ein eigener Verband, bei seinen Entscheidungen spielten staatliche Behörden keine direkte Rolle. Mit der Gründung von Cinéforom in Form einer Stiftung gingen die Kantone der Westschweiz und die Städte Genf und Lausanne einen Schritt weiter: neben Bund und SRG errichteten sie einen dritten Pfeiler von nationaler Bedeutung, wobei gleichzeitig eine Kontinuität in den Aktivitäten von Regio Films sichergestellt wurde.


Warum zeigten die Kantone soviel Engagement bei der Filmförderung?

Seit den Neunzigerjahren ist der Wille der Westschweizer Kantone, die Romandie als gemeinsamen Kulturraum zu etablieren, unbestreitbar. Im Bereich der darstellenden Künste zum Beispiel mit der Schaffung der Manufaktur (HETSR). Cinéforom ist ein weiterer wichtiger Baustein für diesen gemeinsamen Raum.

 

Wie kam es dazu? War es zu mühsam, die Bedeutung einer solchen Stiftung auf gesamtpolitischer Ebene zu vermitteln?

Trotz der überregionalen Ausrichtung der Abteilungs- und Departementsleiter lief die Mobilisierung der notwendigen Ressourcen auf kantonaler Ebene. Zunächst ging es darum, die von den Kantonen und den Gründerstädten für das Filmschaffen vorgesehenen Beträge in einen Topf zu werfen. Um das Budgetziel von 10 Millionen jährlich zu erreichen, mussten jedoch zusätzliche Mittel locker gemacht werden. In dem Punkt haben sich einige Kantone auf die Loterie Romande verlassen. Natürlich war das auch ein politischer Kampf, das entscheidende Argument dabei lautete: Die Filmbranche investiert in die regionale Wirtschaft und schafft so Entwicklungschancen für eine ganze Reihe von Berufen. Tatsächlich ist der Film als Kulturzweig dazu in einem erstaunlichen Mass prädestiniert. Im Wallis zum Beispiel gab es seit 2005 Bestrebungen für eine zunehmende Professionalisierung der Kultur, Cinéforom fügte sich also ins kulturpolitische Gesamtklima ein. Man sagte der Regierung: «Es wäre töricht, der Idee dieser Stiftung nicht zu folgen». Nicht zu vergessen der letzte Punkt: Jedes Land, jede Region braucht heute eine eigene Erzählung, ein Storytelling, wie man so schön sagt. Das Kino ist ein Fundament unserer Identität.


Welches waren die Haupthindernisse vor der Gründung von Cinéforom und während der vermutlich entscheidenden ersten Jahre?

Eine der Schwierigkeiten lag die ganze Zeit über in der Verständigung zwischen der Branche und der öffentlichen Verwaltung. Es ging darum, Einsicht in diese Prozesse zu gewinnen und ein Gleichgewicht zwischen den beiden Massnahmen zu schaffen: der automatischen und der selektiven Förderung. Da der Gesamttopf begrenzt ist, verringern sich mit der Erhöhung der automatischen Förderung die Mittel für ausgewählte Projekte. Um das Schiff während zehn Jahren zu steuern und zu balancieren, brauchte es einen ständigen Austausch.

 

Wie fällt Ihre Bilanz nach einem Jahrzehnt Cinéforom aus?

Äusserst positiv natürlich, qualitativ wie quantitativ hat sich die Westschweizer Filmproduktion gesteigert. Die Filmschaffenden erkennen den Nutzen und die Vorteile von Cinéforom an; dem Umstand, dass sich die Kantone mit ihrer Unterstützung für Projekte, die nicht zwangsläufig vom BAK berücksichtigt wurden, gemeinsam engagierten, verdankt sich die Förderung vielseitiger und qualitativ hochwertiger Werke. Eine Studie der Beraterfirma EY aus dem Jahr 2019 hat gezeigt, dass für einen von der Stiftung gespendeten Franken mehr als drei Franken als Investment in die Schweizer Wirtschaft fliessen. Die Professionalisierung der Filmproduktion ist parallel zur Professionalisierung der Förderinstitutionen gewachsen: eine Steigerung der Qualität beim Einsatz öffentlicher Mittel. Ohne jeden Zweifel haben wir es mit einer Stiftung zu tun, deren Zukunft gerade erst begonnen hat.  

 

Originaltext Französisch

 

Cinéforom: Kleine Chronologie

Mai 2011

In enger Absprache mit den Berufsverbänden wird die Fondation romande pour le cinéma von den Kantonen Freiburg, Genf, Jura, Neuenburg, Waadt und Wallis sowie den Städten Genf und Lausanne gegründet.

Januar 2016

Der Produzent Gérard Ruey wird Nachfolger des ersten Geschäftsführers der Stiftung, Robert Boner.

April 2019

Die Stiftung schafft zusammen mit der SRG einen Wettbewerb zur Innovationsförderung für digitale Werke und «neue Erzählformen». Das Gesamtbudget von 450‘000 Franken wird aufgeteilt in zwei Beiträge zur Produktionsförderung und vier Beiträge zur Drehbuchförderung.

März 2020

Die Westschweizer Kantone verpflichten sich, ihre jährliche Unterstützung an Cinéforom in Höhe von 10 Millionen Franken bis 2025 fortzusetzen und wenn möglich zu erhöhen, um 2025 ein Budget von 11 Millionen zu erreichen.

Juni 2021

Stéphane Morey tritt die Nachfolge von Gérard Ruey als Geschäftsführer an.

2. Februar 2022

Feier zum zehnjährigen Jubiläum von Cinéforom im Musée Cantonal des Beaux-Arts in Lausanne.

 

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