MENU Schliessen

Artikel

Immer mehr Gesuche

Kathrin Halter
06. Juni 2016

Die starke Zunahme an Gesuchen belastet die Kommissionsarbeit, nicht nur beim Bundesamt für Kultur. Das hat auch Susa Katz erlebt.

Von Kathrin Halter

Mit der Kommissionsarbeit ist sie bestens vertraut, die soeben abgetretene Leiterin Filmförderung bei der Sektion Film. Nach knapp drei Jahren beim Bund wird Susa Katz ab ­1. Juni stellvertretende Geschäftsleiterin bei der Zürcher Filmstiftung – vor allem aus persönlichen, nicht etwa beruflichen Gründen, wie sie betont. In Zürich wird sie für den Fachbereich Non-Fiction zuständig sein.
Bekanntlich hat beim BAK die Anzahl Gesuche, auch dank neuer Talente, stark zugenommen. Waren es 2011 noch 442, 2012 dann 535, wurden 2015 bereits 674 Gesuche beurteilt. Das entspricht einer Zunahme um 38,6 Prozent. 
Dies wirkt sich nicht zuletzt auf die Kommissionsarbeit aus: Als Susa Katz vor drei Jahren bei der Sektion Film anfing, dauerte eine Kommissions-Sitzung zweieinhalb bis drei Tage, zuletzt waren es vier bis fünf Tage – bei Arbeitstagen von bis zu 14 Stunden. Schliesslich versuche man, den Gesuchen gerecht zu werden, diese nicht im Fünfminutentakt abzuhandeln. 

Schweizer Gepflogenheiten erstaunen im Ausland
Ein weiterer Grund für den steigenden Aufwand bei gleichbleibender Förderquote sind die vielen Förderinstrumente und die Möglichkeit einer zweiten Eingabe bei allen Projektphasen der selektiven Förderung. Dies hat zur Folge, dass es alleine bei der Treatmentförderung im Spielfilm 2015 über 100 Gesuche pro Jahr (gegenüber 40 im Jahr 2012) zu beurteilen gab. Die Schweizer Kommissionskultur nimmt Katz als einen Luxus wahr, den man sich leistet – den sie aber nicht missen möchte. In anderen europäischen Ländern wie beispielsweise in Deutschland kommen Entscheide weniger zeitaufwändig zustande, die Redezeit zum Beispiel ist teils auf ein Statement beschränkt oder es wird nach Punktezahl entschieden und nur mündlich  begründet. 
Dass man hierzulande Beschwerde einreichen kann, nicht nur beim Bundesamt für Kultur, dass Zu- und Absagen gegenüber dem Gesuchstellenden schriftlich begründet werden müssen und diese auch noch anfechtbar sind, darüber werde im Ausland immer wieder gestaunt. Der Aufwand, die Argumente in knappen Sätzen zu formulieren, sei beträchtlich. Dieses Feedback und ein telefonisches Gespräch, so ihre Erfahrung, werde besonders von jungen Filmschaffenden aber auch geschätzt. 

Intendanten schaffen sich Feinde
(Zuviel) Demokratie erzeugt Mittelmass, ist immer wieder zu hören. Was hält Susa Katz also vom Intendantenmodell, nach dem immer wieder gerufen wird? 
Mittelmässiges werde auch so nicht verhindert, meint sie. Auch in den Nachbarländern mit Intendanten werde Mediokres produziert, nur bekämen wir diese Ergebnisse in der Schweiz seltener zu sehen. Für die Schweiz kann sie sich das im momentanen Umfeld nicht vorstellen, weil einerseits kompetente Persönlichkeiten, die zugleich drei Sprachen beherrschen, schlicht fehlen. Zudem sei der Job nicht zu unterschätzen: Man mache sich dabei auch viele Feinde – die Intendanten beispielsweise in Dänemark oder Schweden gehen in der Regel spätestens nach fünf Jahren zum Fernsehen zurück oder wechseln ins benachbarte Ausland. Sie vermieden es manchmal, ohne «Begleitschutz» an Premieren zu gehen oder allein spät abends den Arbeitsort zu verlassen. 
Zudem gehe gerne vergessen, dass auch Intendanten in der Regel mit einem mehrköpfigen Team arbeiten, das im Hintergrund die Projekte evaluiert und Expertisen erstellt. Wie bei einer Kommission werden auch die Entscheide von Intendanten an einem Film­institut demokratisch gefällt: Die Mehrheit hat nicht recht, sie bestimmt nur. Auch das Intendantenmodell hinterlasse im Verteilkampf um die beschränkten Mittel Enttäuschte und Unzufriedenheit in der Branche und werde daher ständig evaluiert und justiert. Denn: «Das perfekte System gibt es genauso wenig wie das perfekte Gesuch».

 

 

 

Interessieren Sie sich für den Schweizer Film?

Abonnieren Sie!

Tarife